Urlaub in der Utopie
Inspiration für das Hotel-Design lieferte der niederländische Künstler Maurits Cornelius Escher.
Ein Raum, der auf den ersten Blick natürlich zu sein scheint, auf den zweiten aber Rätsel aufgibt. Genau wie in Maurits Cornelius Eschers bekannten Bildern Treppauf, Treppab und Relativität stehen die Gäste der neu gestalteten Räumlichkeiten des Boutique Hotels The Other Place vor perspektivischen Unmöglichkeiten und optischen Täuschungen. Was ist echt, was bloß eine Sinnestäuschung?
Die gefühlte Aufhebung der Schwerkraft
Die Idee für diese illusionären Rauminstallationen stammt von Shi Zou, der Architektin und Kreativchefin des in Shenzhen ansässigen Studio 10. Sie wollte „einen geheimnisvollen, unendlichen Raum schaffen und einen nahtlosen Übergang zwischen Zwei- und Dreidimensionalität“, so die Beschreibung des Gestaltungskonzepts.
Die aus jedem Blickwinkel gefühlte Aufhebung der Schwerkraft lässt keinen Zweifel an der inspirativen Vorlage von Eschers Arbeiten, die Shi seit dem Architekturstudium faszinierten. Als sie die leeren Räume mit ihren bloßen Betonwänden und der kirchenartigen Deckenhöhe erstmals betrat, habe sich sogleich die Vorstellung eines Escher’schen Designs mit surrealen Stilelementen manifestiert.
Beide Farbpaletten entsprechen dem Konzept der Utopie oder ‚The Other Place‘ und schaffen so Räume, die ganz anders sind als jene, in denen wir uns im täglichen Leben bewegen.
Der ursprüngliche Auftrag von Hotel-Eigentümerin Yi Feifei lautete, etwas zu schaffen, das neu gedacht,einzigartig und außerhalb unserer gewohnten Wahrnehmung sei. Die strukturellenGegebenheiten der Räume, wie Installationen und Wasseranschlüsse, bestimmtendie Raumaufteilung. Die einzigartige Raumhöhe von sieben Metern und dasGiebeldach sollten optimal eingebunden werden.
Zwischen realem und fantastischem Raum
Bei den beiden je 70 Quadratmeter großen Suiten Maze und Dream, für die Studio 10 verantwortlich zeichnet, galt es, ein gutes Zusammenspiel zu finden zwischen den praktischen Anforderungen einer Hotel-Suite und den effektvollen Rauminstallationen. Wände, Böden und Mobiliar sind in eine monochrome Farbpalette getunkt. Während Maze ein waldgrünes Labyrinth mit rosafarbenen Lichtungen kreiert, changiert Dream zwischen Zuckerwatte und Marshmallows.
Die grünen Wände machen diesen Raum geheimnisvoller, ähnlich einem verwunschenen Märchenwald mit geheimen Türen.
Weiter kann man von einer alltäglichenUmgebung nicht entfernt sein. „Beide Farbpaletten entsprechen dem Konzept derUtopie oder ‚The Other Place‘ und schaffen so Räume, die ganz anders sind alsjene, in denen wir uns im täglichen Leben bewegen“, sagt Shi Zou.
Auch das scheinbare Fehlen von Lichtanschlüssen, Steckdosen und anderen profanen technischen Vorrichtungen – allesamt als Einbaulösungen oder hinter Türen versteckt – trägt zur Illusion des fantastischen Raumes bei. Für die nötige Verspieltheit im strengen Minimalismus der Formgebung sorgen runde Elemente wie Bögen und Zylinder, die den Türen und Möbeln einen charmant-fiktiven Charakter geben.
Eskapismus als Erholungsfaktor
The Other Place - Guilin Litopia, so dervollständige Name des Guest Houses, liegt inmitten einer Postkartenlandschaft,am malerischen Ufer des Li Jiang. Vor den Fenstern der Zimmer und Suiten türmensich die imposanten Karstberge von Guilin. Zwar wirbt das Hotel in seinemrekreativen Angebot auch mit der umgebenden Landschaft und dem ErholungswertNatur, setzt aber in erster Linie auf einen ästhetischen Eskapismus, der dieersehnte Erholung verspricht. Eine alternative Realität, die jedes Zimmer aufeine andere Art für Besucher bereithält, soll Alltag und Gedanken-Chaos inmöglichst weite Ferne rücken.
Das Hotel ist familiär und überschaubar mitinsgesamt zehn Wohneinheiten, die von fünf unterschiedlichen ArchitektInnenindividuell gestaltet wurden. Die verwendeten Materialien wie Steine, Bambus,Rattan, Bananen-Blätter und Bauholz stammen aus regionaler Produktion.
Die surrealen Suiten Maze und Dream können über Airbnb je nach Reisesaison ab 130,- Euro pro Nacht gebucht werden.
Text: Gertraud Gerst
Bilder: Chao Zhang, The Other Place
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