Umdenken beginnt im Kopf – und dann im Bad
In der Baubranche und bei Immobilienentwicklern ist an Tagen wie diesen maximale Konzentration gefragt. Schließlich gilt es, ein beschädigtes Geschäftsmodell zu reparieren, um bald wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. UBM-CEO Thomas G. Winkler hat dafür einen konkreten Plan vor Augen. Er sagt: „Wir müssen uns fragen, wie wir als Entwickler kostengünstiger herstellen können. Meiner Ansicht nach lautet die Antwort, wie in anderen Branchen, Standardisierung, Vereinfachung und Modularisierung.“
Für die UBM bedeutet Standardisierung den klaren Fokus auf Holzbau. Dabei ist nicht der Baustoff selbst der einzige Vorteil, sondern die Verlagerung der Arbeiten von der Baustelle in die Fabrik. Noch in den Anfängen steckt das Thema der Vereinfachung, da es von der Veränderung rechtlicher Rahmenbedingungen abhängt und somit nicht vollständig in der Hand der Immobilienentwickler liegt.
Bei der Modularisierung wiederum hat UBM den Startblock schon längst verlassen: Im Wohnbau, konkret im LeopoldQuartier Living in Wien, werden bereits hochwertige Badezimmer-Module eingesetzt. Diese Einheiten werden in der Fabrik komplett vorgefertigt und auf der Baustelle lediglich angeschlossen.
Aber was hat es mit diesen neuartigen Modulbädern wirklich auf sich? Welche Vorteile bieten sie für Wohnungseigentümer, und was sollte dabei beachtet werden? Dietmar Baumgartner, Geschäftsführer von KVS Sansystem, dessen St. Pöltner Unternehmen die Badmodule für das LeopoldQuartier produziert, gibt Einblicke in Visionen und liefert überraschende Erkenntnisse.
Modulbäder sind eigentlich gar nicht so neu. Wir kennen alle diese Plastikzellen, die man mit dem Schlauch abspritzen kann. Warum gelten sie plötzlich als hochwertig?
Dietmar Baumgartner: Ja, stimmt (lacht). Diese Glasfaser-verstärkten Kunststoffbäder, wie man sie aus Studenten- oder Pflegeheimen kennt, bestehen aus handlaminiertem Kunststoff mit einer Gelcoat-Oberfläche, die ohne Silikonfugen gefertigt werden können und hygienische Vorteile bieten. Aber auch wenn es diese Bäder noch gibt, haben sie nichts mit dem zu tun, was wir heute in modernen Wohnungen einbauen.
Was verstehen Sie dann konkret unter Modulbädern?
Dietmar Baumgartner: Vereinfacht gesagt bauen wir nach den modernsten Trockenbau-Standards. Anhand der uns übermittelten Architektur- und Haustechnikpläne erstellen wir eine Metallständerkonstruktion auf einem Leichtbetonfundament, das so exakt ist, dass später kein Fliesenleger Gefälle oder ähnliches einarbeiten muss – das geschieht alles in unserer Fertigungshalle. Sobald die Grundkonstruktion steht, wird das Modul mit speziellen Platten verkleidet, verfliest und hochwertig eingerichtet, als befände es sich schon in der Wohnung. Als Teil der Vorfertigung werden auch alle Rohre und Abflüsse bereits integriert. Die industrielle Fertigung erlaubt millimetergenaue Vorarbeit aller Bauteile, was nicht nur das Endprodukt verbessert, sondern auch Ressourcen spart und nachhaltig ist.
Wird das Bad also gebaut, während meine Wohnung noch im Rohbau ist?
Dietmar Baumgartner: Ja, genau. Für ein großes Projekt wie das LeopoldQuartier können wir alle Bäder produzieren, bevor sie gebraucht werden. Wenn der Bau so weit fortgeschritten ist, dass die Bäder eingesetzt werden können, wird das Modul per Kran in kürzester Zeit eingebaut. Das ist wie Tetris spielen für Erwachsene (lacht).
Ist die Elektrik dann auch schon integriert?
Dietmar Baumgartner: Alles, das Bad ist komplett vorbereitet und funktionsfertig – von Steckdosen und Beleuchtung über Heizung bis hin zu Kalt-, Warm- und Abwasser. Es muss nur noch an die Versorgungsleitungen angeschlossen werden. Das ist tatsächlich Plug-and-Play!
Warum kommt man erst jetzt auf die Idee, hochwertige Bäder so zu entwickeln?
Dietmar Baumgartner: Meiner Ansicht nach hat sich in der Bauwirtschaft in den letzten Jahrzehnten wenig getan, was die Produktivität betrifft. Jedes Bauwerk war immer ein Unikat und wurde jeweils nach Vorstellungen von Architekten geplant, ohne dass dies zwangsläufig zu besseren Ergebnissen führte. Wir glauben, dass durch Standardisierung große Vorteile möglich sind. Ein Vergleich mit der Autoindustrie in den 80er und 90er Jahren zeigt das: Damals wurden Plattformen entwickelt, die sich verschiedene Modelle teilten. Dadurch wurde die Autoproduktion effizienter und günstiger bei gleichzeitig höherer Qualität – und genau das erreichen wir mit unseren Bädern. Für Bauherren besteht der Vorteil darin, dass sie schneller bauen können. Bei 200 oder 300 Bädern kann die Bauzeit um drei bis sechs Monate verkürzt werden, da die Bäder bereits während des Rohbaus produziert werden.
Sollten trotz höherer Qualität in der Verarbeitung Reparaturen notwendig werden, sind diese genauso einfach zu bewerkstelligen, wie bei klassischen Bädern.
Wie stellen Sie sicher, dass die Qualität wirklich höher ist als die von klassisch gebauten Bädern?
Dietmar Baumgartner: Die Qualität und Ästhetik unserer industriell gefertigten Bäder ist nachweislich höher als auf der Baustelle. Das erreichen wir einerseits, indem wir unsere 50-jährige Erfahrung mit hochwertigen Materialen und einer ansprechenden Badgestaltung schon im Planungsprozess einbringen. Andererseits arbeiten bei uns nicht verschiedene Fliesenleger und Installateure am Bad, sondern stets dasselbe Team, quasi unter Laborbedingungen. In unserem Werk in Dellach herrschen täglich dieselben Bedingungen, was Temperatur und Licht angeht. Diese Konstanz schafft eine gleichbleibende Qualität, die anders kaum zu erreichen ist. Auch die geringe Anzahl an Gewährleistungsansprüchen im Vergleich zu konventionell gebauten Bädern spricht für die Qualität.
Gibt es auch Nachteile eines Modulbades?
Dietmar Baumgartner: Für den Bauherrn bedeutet es, dass der Planungsprozess nach vorne verlegt wird. Man muss sich mit Details wie Rohrdimensionen und Materialauswahl früher beschäftigen, was in einem normalen Bauprozess erst später ansteht. Wenn man dies versäumt, ist der Vorteil der kürzeren Bauzeit schnell dahin.
Wie ist die Reparatur möglich, falls etwas beschädigt wird?
Dietmar Baumgartner: Das ist wie bei jedem anderen Trockenbau. Das Modulbad lässt sich genauso reparieren oder austauschen. Für den Endverbraucher ändert sich hier nichts.
Wohin führt diese Entwicklung? Sind modulare Küchen der nächste Schritt?
Dietmar Baumgartner: Wir bekommen immer mehr Anfragen, ob wir nicht den Vorraum oder die Küche gleich mitmachen können. Das geht in Richtung dieser Raummodule. Das ist die nächste Stufe. Küchenanschlüsse machen wir jetzt schon bei Bedarf mit, wenn an der Rückwand des Modulbads die Küchenzeile eingeplant ist. Die Reise geht auf jeden Fall in diese Richtung.
Interview: Johannes Stühlinger Fotos: UBM & Toni Rappersberger & Philipp Horak
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