Mid-Century-Juwel mit Mission

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Aus einem ehemaligen Priesterwohnheim in Wien ist das neue Magdas Hotel geworden. BWM Architekten verpassten dem Haus ein spannendes Raumkonzept, und als Social Business hat es internationale Vorbildwirkung.

Dass das Betthaupt früher einmal eine Schranktür war, verrät das kleine, messingfarbene Türschloss in seiner oberen Mitte. Die Kästen und so manch anderes Inventar aus dem ehemaligen Priesterwohnheim finden sich in neuer Form in den Zimmern des Magdas Hotels wieder. Das 1964 erbaute Stephanushaus in der Ungargasse im dritten Wiener Gemeindebezirk präsentiert sich nach einer kreativen Transformation als charmantes Boutique-Hotel im Herzen von Wien.

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Der Mix aus restauriertem Vintage-Mobiliar und neuer Ausstattung macht aus den Zimmern des Magdas Hotels Unikate.

Die Priester haben sehr spartanisch gelebt, daher sollten die Zimmer sehr funktional sein, ohne großes Brimborium.

von Johann Moser, BWM Architekten

Sorgsam ausgewählte und restaurierte Vintage-Möbel aus den 1960er-Jahren treffen hier auf smarte Upcycling-Ideen und ein asketisches Raumkonzept, das sich von dem herleitet, was das Haus früher einmal war. „Die Priester haben sehr spartanisch gelebt“, erklärt der federführende Architekt Johann Moser von BWM Architekten in einem Rundgang. „Daher sollten die Zimmer sehr funktional sein, ohne großes Brimborium, und mitten im innerstädtischen Treiben eine Entspannung für Augen und Seele bieten.“

Keine Hostien im Tabernakel

Der Spirit des einst klerikalen Hauses spiegelt sich auch in anderen Details wieder. Wie bei den Priestern früher üblich, befindet sich das Waschbecken direkt im Zimmer. „Die Nasszelle ist nicht geschlossen, damit der Raum aufmacht“, sagt Moser und untermauert mit einer ausladenden Handbewegung das offene Raumkonzept, das den Gast beim Betreten des Zimmers empfängt.

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Wie bei den Priestern früher üblich, befindet sich das Waschbecken im Raum. Rechts an der Wand: der Tabernakel.

Moser führt zu einem tischlergefertigten Hängeschrank gegenüber des Bettes, der sich wie ein Tabernakel mittig öffnen lässt. „Den Tabernakel wollte ich aufgrund meiner katholischen Vergangenheit unbedingt haben“, witzelt er und öffnet die beiden Flügel. Zum Vorschein kommen allerdings keine geweihten Hostien. „Die Heiligkeit ist in diesem Fall der Fernseher, der immer ein Gestaltungsproblem in Hotelzimmern darstellt.“

Möbel-Installationen mit Witz

Die einstigen Kemenaten der Priester entsprechen großteils der heutigen Zimmereinteilung. Neu sind lediglich die Wände und Türen zum Gang hin, und die Zwischenwände hat man aus Schallschutzgründen aufgedoppelt. Bei den größeren Zimmern und Suiten im sechsten Oberschoss wurden jeweils zwei Zimmer miteinander verbunden. An der geöffneten Zwischenwand einer Suite steht ein Mid-Century-Tisch, in zwei ungleiche Hälften zerschnitten – als Schreibtisch auf der einen und Sideboard auf der anderen Seite.

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Das hoteleigene Restaurant heißt schlicht und ergreifend "Lokal" und bietet Durchblicke von der vorderen zur hinteren Straßenseite.

Die Moderne, die in diesem Haus von Grund auf steckt, hat die Offenheit schon als Programm.

von Johann Moser, BWM Architekten

Für die funktionalen Möbel-Installationen mit Witz ist der Vorarlberger Künstler und Upcycling-Virtuose Daniel Büchel verantwortlich, der das Interieur maßgeblich mitgestaltet hat. Im Zusammenspiel von individuellen Vintage-Elementen und neuen Möbeln sind aus den Zimmern Unikate geworden. „Man kann gar nicht so genau sagen, was alt und was neu ist. Es hat alles einen einheitlichen Duktus und den Charme der Sechzigerjahre“, kommentiert Moser.

Für das großzügige Raumgefühl und den großen Durchblick im Erdgeschoss, der von der vorderen zur hinteren Straßenseite reicht, mussten die Architekten nicht viel tun, außer ein paar Durchbrüche schaffen, denn: „Die Moderne, die in diesem Haus von Grund auf steckt, hat die Offenheit schon als Programm.“

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Der Beichtstuhl aus einem ehemaligen Caritas-Pflegeheim wurde zu Wandpaneelen für das Restaurant umfunktioniert.

Social Business mit Vorbildwirkung

Abgesehen vom TV-Schrein gibt es statt der üblichen geschlossenen Schränke nur offene Regale und eine schlichte Wandgarderobe. Darauf hängen umhäkelte Kleiderbügel wie zu Großmutters Zeiten, die – ebenso wie die mit Wolle bespannten Lampenschirme – in den Behindertenwerkstätten der Caritas gefertigt wurden.

Das Magdas Hotel ist nämlich Österreichs erstes Social Business Hotel, gegründet von der Caritasder Erzdiözese Wien mit dem Ziel, „soziale Fragen dort, wo es sinnvoll und möglich erscheint, unternehmerisch zu lösen“. Konkret heißt das: Menschen mit Fluchterfahrung bekommen die Möglichkeit auf einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz. Aktuell sind hier an die 40 Menschen aus über 20 Nationen beschäftigt.

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Rund zwei Drittel der Belegschaft im Magdas Hotel sind Menschen mit Fluchterfahrung.

Wir haben einen relativ hohen Integrationsanteil, und uns gelingt es wirtschaftlich zu arbeiten. Das ist eine gute Option, den Arbeitskräftemangel zu bewältigen.

von Gabriela Sonnleitner, Geschäftsführerin Magdas Hotel

Als Social Business, das ganz ohne Fördermittel auskommt, ist das Hotel ein internationales Vorzeigeprojekt. Es zeigt, wie Integration möglich ist und dreht gleichzeitig an den maroden Schrauben des Arbeitsmarktes. „Wir haben einen relativ hohen Integrationsanteil, und uns gelingt es wirtschaftlich zu arbeiten“, erklärt Gabriela Sonnleitner, die das Magdas Hotel leitet. „Dann sollte es auch für andere Hotels möglich sein, zwei, drei Geflüchtete auszubilden. Das ist eine gute Option, den Arbeitskräftemangel zu bewältigen.“

Geothermie und Rimini-Feeling

Auch beim Thema ökologische Nachhaltigkeit forderte die Bauherrschaft einen hohen Anspruch ein. Nachdem man die bekannten Schwachstellen der Mid-Century-Architektur – Wärmedämmung und Schallübertragung – beseitigt hatte, ging es an die Erschließung grüner Energiequellen. Mit einer Photovoltaikanlage am Dach und 18 Geothermiesonden, die das Restaurant und die Zimmer heizen und kühlen.

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Das hat kein anderes Hotel der Stadt: eine eigene Kapelle am Dach.

Den einstigen Parkplatz hat man im Zuge dessen entsiegelt und dort einen lauschigen Gastgarten eingerichtet, der sich zum Grätzel-Geheimtipp entwickelt hat. Die gestreiften Markisen auf den Balkonen darüber versprühen Rimini-Feeling mitten in Wien.

Im obersten Geschoss, wo früher Ordensschwestern lebten, die den Priestern die Hausarbeit machten, befindet sich heute ein moderner Seminarraum. Und nebenan, in der wohl einzigen Hotelkapelle der Stadt, können sich Paare in originaler Mid-Century-Kirchenarchitektur das Ja-Wort geben.

Text: Gertraud Gerst Fotos: Severin Wurnig, Walter Luttenberger, BWM Designers & Architects

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