Mehr Holzbau für München
An der Wende zum 20. Jahrhundert galt die Eisenbahn als Motor der Industrialisierung und die dazugehörigen Bahnhöfe wurden zu Sinnbildern des Fortschritts. In unmittelbarer Nähe siedelten sich jede Menge Hotels, Restaurants und Geschäfte an, um den Reisenden eine maßgeschneiderte Infrastruktur zu bieten. Heute, an der Wende zum digitalen Zeitalter, sind Bahnhofsviertel vielerorts wieder Entwicklungsgebiete. Das zeigt sich in Oslo am Beispiel des Projektes Fjordporten, ebenso wie in Brüssel mit dem in Holzbauweise transformierten Gare Maritime. Auch im südlichen Bahnhofsviertel von München ist zu beobachten, wie sich die urbane Struktur verändert. An der Stelle von zwei Hotels entsteht dort ein modernes Holz-Hybrid-Bürogebäude, das das Immobilienunternehmen Accumulata gemeinsam mit Axa Investment Managers entwickelt.
Ein nachhaltiges Gebäudekonzept mit Holz-Hybrid-Architektur und Mischnutzung soll dazu beitragen, das südliche Bahnhofsviertel ökologisch und hinsichtlich der Aufenthaltsqualität aufzuwerten.
Im Hinblick auf die Klimaziele braucht es heutzutage schon einen triftigen Grund für einen Neubau. Auch bei diesem Projekt an der Ecke Göthestraße/Schwanthalerstraße hat man die bestehenden Strukturen zuvor auf ihre Adaptierbarkeit geprüft. "Nach intensiver Untersuchung des Bestands haben wir jedoch feststellen müssen, dass die Objekte sich nicht für eine Revitalisierung eignen“, erklärt Markus Diegelmann, Managing Partner bei Accumulata.
Baumaterialien bleiben im Kreislauf
„Stattdessen soll ein nachhaltiges Gebäudekonzept mit Holz-Hybrid-Architektur und Mischnutzung dazu beitragen, das südliche Bahnhofsviertel ökologisch und hinsichtlich der Aufenthaltsqualität aufzuwerten.“ Um einen nachhaltigen Betrieb der Büros sicherzustellen, setzt man auf eine unabhängige Stromproduktion über eine Photovoltaikanlage am Dach.
Damit die verbauten Materialien am Ende der Nutzungsdauer wiederverwertet werden können, erhält das Objekt einen sogenannten „Gebäudepass". Verzeichnet sind die einzelnen Baumaterialien in der Cloud-Plattform des Anbieters Madaster, der sich „eine Zukunft ohne Abfall“ zur Mission gemacht hat. „Indem wir die Kreisläufe von Materialien und Produkten im Bausektor schließen, haben wir eine Vorbildfunktion für andere Branchen“, so das digitale Start-up.
Sichtbare Holzstruktur
Das neue Eckhaus ist auf jeden Fall ein Eyecatcher im jungen Bahnhofsviertel. Der Entwurf für das Gebäude, das Raum für bis zu 1.000Arbeitsplätze bieten soll, stammt vom Pariser Architekturbüro Wilmotte & Associés. Die aufgelöste Fassade bildet ein abwechslungsreiches Raster an auskragenden Verglasungen und intensiv begrünten Pflanztrögen. Die Transparenz des Bürogebäudes schafft zum einen eine Verbindung zwischen innen und außen, zum anderen macht sie die tragende Holzstruktur auf einen Blick sichtbar.
Die Begrünung ist ein zentrales Thema der Architektur, und sie setzt sich von der Fassade auf das Dach und bis ins Innere fort. Im hellen Atrium des Gebäudes „sollen Bäume ins erste Obergeschoss ragen“, wie es heißt. Zusätzliche Aufenthaltsqualität erwartet die künftigen Büronutzer am Dach, wo neben der Photovoltaikanlage auch ein Garten Platz finden soll.
Münchens erstes Holz-Hybrid-Bürohaus
Die Natur als gestalterisches Element findet sich auch im Projekt Tri, Münchens erstem Holz-Hybrid-Bürohaus, das Accumulata gemeinsam mit LaSalle Investment Management in der Elsenheimerstraße entwickelt. Rücksprünge in der Fassade schaffen Raum für begrünte Loggien und bringen Spannung in die Fassade. „Das Tri holt die Natur ins Gebäude. Biophilic Design als übergeordnetes Gestaltungsprinzip steigert nachweislich die Kreativität und Leistungsfähigkeit“, heißt es auf der Projekt-Website.
Das Tri holt die Natur ins Gebäude. Biophilic Design als übergeordnetes Gestaltungsprinzip steigert nachweislich die Kreativität und Leistungsfähigkeit.
Auf acht Etagen mit insgesamt etwa 15.000 Quadratmetern Mietfläche sollen Büros entstehen, die gegenüber demographischen, technologischen, urbanen und ökologischen Veränderungen widerstandsfähig sind. Smart-Building-Technologien sorgen für eine optimierte Haustechnik und einen umweltschonenden Betrieb. „All die konzipierten Elemente bilden den Kern für einen Arbeitsplatz der Zukunft, an dem man sich gerne aufhält und gleichzeitig zur Minimierung der Umweltbelastung beiträgt“, erklärt Daniel Manta, Projektleiter von Accumulata.
Die Stadt München nimmt bereits eine Vorreiterrolle im Holzbau ein. Im Prinz-Eugen-Park befindet sich die größte zusammenhängende Holzbausiedlung Deutschlands. Die ökologische Mustersiedlung dient zugleich als Forschungsprojekt der Stadtplaner. Das ausgegebene Ziel: München soll zur modernen Holzbau-Metropole werden. Die geplanten Holz-Hybrid-Gebäude im Bahnhofsviertel und im Westend passen somit auch ins übergeordnete Stadtkonzept.
Text: Gertraud Gerst Visualisierungen: rendart, Oliv Architekten, Accumulata
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