In Tokaj macht ein Weingut Augen

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Die neue Anlage des Weinguts Sauska in Tokaj wird Genießer staunen lassen. Denn was das ungarische Studio BORD dort für die bekannte Winzerfamilie realisiert, macht nicht nur Betrachtern große Augen.

Die neue Anlage des Weinguts Sauska in Tokaj wird Genießer staunen lassen. Denn was das ungarische Studio BORD dort für die bekannte Winzerfamilie realisiert, macht nicht nur Betrachtern große Augen.

Dass Wein nicht mehr allein aus rustikalen Kellergassen kommt ist bekannt. Schließlich setzen viele Winzer inzwischen auf moderne Technik. Und mancher lässt seine Produktionsstätte von kreativen Architekten in eine Besucher-Attraktion verwandeln. Man denke etwa an Architekt Mario Bottas Bau für „Petra“ in Italien und Frank Gehrys futuristisches Werk für Marqués de Riscal in Spanien.Oder an Andreas Burghardts famosen „Würfel“ fürs niederösterreichische Top-Weingut Loimer. Was jetzt im ungarischen Tokaj entsteht, ist nicht minder spektakulär. Denn das Budapester Studio BORD setzt dort für Sauska zwei veritable Riesen-Augen in die UNESCO-Weltkulturerbe-Region.

Ein Winzerhaus als Attraktion

Aus der Vogelperspektive betrachtet, erinnert der Neubau an gigantische Linsen, die gen Himmel blicken. Das neue Gebäude des Weinguts thront auf einem sanften Hügel inmitten endloser Rebenreihen.

Mit einem traditionellen Winzerhaus hat die hochmoderne Produktionsanlage nichts gemein. Die Bauarbeiten laufen bereits auf Hochtouren. Und schon 2021 werden wein-affine Gäste hier vermutlich Augen machen.

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Studio BORD hat das neue Sauska Weingut behutsam der Umgebung angepasst.
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Die moderne Produktionsstätte in Tokaj soll Besuchern besondere Erlebnisse bieten.

Wichtiges Ziel der Aufraggeber war es, die Anlage harmonisch in die Umgebung zu integrieren. Trotzdem sollte sie extravagant und weithin sichtbar werden. Diese Vorgaben hat das Architektenteam von Studio BORD innovativ erfüllt.

Wesentliche Merkmale des Konzepts sind seine Verbindung zur umgebenden Kulturlandschaft und der Panoramablick auf die Natur.

Exklusives Weinerlebnis

Die beiden linsenförmigen Gebäudeteile haben einen Durchmesser von jeweils 36 Metern.Im Inneren befinden sich neben Büros auch Ausstellungs- und Weinklassifizierungsräume, die Kunden und Genießern ein exklusives Erlebnis bieten. Beim Betreten der riesigen „Schalen“ dominiert der offene Blick ins Freie sofort das Ambiente.

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Freier Blick nach draußen dominiert die Besucherzonen.
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Die großen „Augen“ des Weinguts schauen übers Land.

Eine weitläufige Aussichtsterrasse und ein Dachgarten sind direkt mit den Gästebereichen verbunden. Und vor dem Eingang führt eine geschwungene Treppe zu den Kellern. Dort sollen Führungen geboten werden, die den Besuchern den eigentlichen Prozess der Weinherstellung demonstrieren.

In Tokaj liegt der Fokus auf dem Wein

Die räumliche Organisation der neuen Anlage ist gezielt auf effiziente Weinproduktion ausgerichtet. Was der Winzer für seine Arbeit braucht, liegt an der Nordseite des Neubaus. Dieser Bereich kommt der Idee eines traditionellen Weinkellers noch am nächsten, weil er sich tatsächlich im Kellergeschoss befindet.

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Die Bauarbeiten laufen auf Hochtouren.
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2021 soll das neue Gebäude eröffnet werden.

Rechteckig und zweistöckig angelegt, ruht der Produktionsbereich vollständig unter der Erde. Und hier regiert absolute Funktionalität: Die Trauben werden an der Westseite des Geländes angeliefert, während das Endergebnis – der genussbereite, abgefüllte Wein – das Gebäude an der Ostseite verlässt.

Für effiziente Produktion gebaut

Die Gärung in Eichenfässern und Edelstahlbehältern erfolgt in zwei abgerundeten Hallen, die unter den von Studio BORD designten „Augen“ liegen. Der gesamte Verarbeitungsprozess – inklusive Pressen und Fermentieren – findet im unteren Teil des Kellers statt.

Trotzdem wurde auch hier auf praktische Verbindung zur repräsentativen Gästezone nicht verzichtet. Schließlich sollen Interessenten die Möglichkeit haben, den Werdegang der dargebotenen Tropfen zu erkunden.

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Während im hochmodernen Keller die fachgerechte Herstellung des Rebensaftes im Vordergrund steht, wird bei der Verkostung im „überirdischen“ Bereich wohl nicht allein der Wein berauschend wirken. Denn dort sorgt das Design von Studio BORD mit architektonischer Raffinesse dafür, dass Natur, Weinberge und der Wein selbst zum Erlebnis für alle Sinne geraten.

Moderner Blickfang fürs historische Tokaj

Das Konzept, das die Architekten für das Weingut Sauska entworfen haben, wird durch seine seltsame Form zwar zum unübersehbaren Blickfang. Doch es fügt sich auf dezente Art ins Umfeld ein: Die riesigen „Augen“ wirken wie runde, in Schalen gepflanzte Gärten. Und sie scheinen fast über dem Hügel und den Weingärten zu schweben. Dadurch bildet das neue Gebäude eine Einheit mit der Umgebung, die der Schönheit der Landschaft keinen Abbruch tut.

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Wie runde Gartenschalen thronen die beiden „Linsen“ auf dem Hügel.

Sauska gilt seit fast zwei Jahrzehnten als eines der führenden Güter der beiden renommierten ungarischen Weinregionen Tokaj und Villany. Sein neues, 5,830 Quadratmeter Bruttofläche umfassendes Zentrum soll den stillen Padi-Hügel als „Elf Padi“ neu beleben.

Behutsames Design im Weltkulturerbe

Dass dies im berühmten Weinbaugebiet Tokaj behutsam vor sich gehen muss, stand außer Frage. Immerhin wurde diese Region 2002 als Kulturlandschaft in die Welterbe-Liste aufgenommen. Studio BORDs eleganter Entwurf könnte hier zu einer Art neuem Wahrzeichen werden – zu einem, dessen große Augen quasi über den historischen, für seinen Weinbau und den legendären Tokajer bekannten Landstrich wachen.

Text: Elisabeth SchneyderBilder: Homologue / Zoltán Ölbey, György Palkó

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