Holzbau im Grasmantel

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Der Uni-Campus Tórshavn wird erweitert und damit das baukulturelle Erbe der Färöer Inseln fortgeschrieben. Das Büro Henning Larsen setzt auf einen konstruktiven Holzbau, ortstypische Grasdächer und ein Design, das den harten Winden trotzt.

Die traditionellen Häuser auf den Färöer Inseln sind bisweilen kaum in der Landschaft auszumachen. Ihre Grasdächer vereinen sich mit dem satten Grün der Bergausläufer zu einem dichten Teppich, der alles überzieht. In großen Teilen Skandinaviens sind diese Dächer kulturell tief verwurzelt, bis weit ins 19. Jahrhundert wurden Häuser vorrangig mit Grassoden gedeckt. Sie sind allerdings nicht nur ein hübscher Eyecatcher, sondern auch ökologisch von besonderer Bedeutung. Durch ihren hohen Dämmwert sparen sie Heizkosten im Winter und senken den Kühlbedarf im Sommer. Sie absorbieren außerdem Regenwasser, was im Hinblick auf das klimaangepasste Bauen heute ein wichtiger Hebel im Hochwassermanagement ist.

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Das neue Universitätsgebäude zeigt sich im Inneren ganz in Holz.

Jahrhunderte alte Holzhäuser als Inspiration

Auch der Baustoff Holz hat auf den Färöer eine lange Tradition. Hier stehen Holzhäuser, die die Jahrhunderte überdauert haben. Der Kirkjubøargarður (färöisch für „Königsbauernhof“) etwa stammt aus dem 11. Jahrhundert und gilt als eines der ältesten durchgehend bewohnten Holzhäuser der Welt. Bei diesen antiken Bauwerken und der traditionellen Handwerkskunst holte man sich laut dem dänischen Architekturbüro Henning Larsen wichtige Anleihen für die Gestaltung des Kampus Frælsið, des neuen Uni-Campus Tórshavn.

Die staatliche Universität der Inselgruppe, die als autonomer Teil zum Königreich Dänemarkgehört, soll nämlich um einen neuen Zentralbau erweitert werden. Den ausgeschriebenen Wettbewerb konnte das dänische Architekturbüro, das seit 2012 eine kleine Außenstelle in der Hauptstadt Tórshavn betreibt, für sich entscheiden. „Unsere Vision ist von historischen färöischen Bauweisen und den Holzgebäuden der Vergangenheit inspiriert“, erklärt Ósbjørn Jacobsen, der das Büro auf den Färöer leitet.

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Durch die Grashülle ist der neue Universitätskomplex auf der grünen Anhöhe kaum auszumachen.

Grenze zwischen Natur und Gebäude verschwimmt

Als Einheimischer kennt er die Baukultur des Hohen Nordens wie kein Anderer und hat ein tiefes Verständnis für die Gegend und seine Menschen. Beim Entwurf für das Gemeindeamt von Eysturkommuna, das eine grüne Brücke über den Fluss des Ortes Norðragøta bildet, hat er dieses Verständnis bereits unter Beweis gestellt. „Ein zentrales Thema der traditionellen Architektur ist die verschwimmende Grenze zwischen der Natur und dem Gebauten. Der Betrachter hat Schwierigkeiten zu unterscheiden, wo die Landschaft endet und wo das Gebäude beginnt“, so Jacobsen zu den baukulturellen Überlegungen des außergewöhnlichen Gemeindebaus.

Der Betrachter hat Schwierigkeiten zu unterscheiden, wo die Landschaft endet und wo das Gebäude beginnt.

von Ósbjørn Jacobsen, Partner bei Henning Larsen

Ähnlich verhält es sich mit dem neuen Komplex für die 1962 gegründete Universität, der sich durch die Aufteilung in mehrere Langhäuser an die traditionellen Typologien der Umgebung anpasst. Die Grasdächer und die begrünten Fassaden schaffen einen nahtlosen Anschluss an die Grünflächen, die den Campus umgeben.

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Das Auditorium des neuen Uni-Hauptgebäudes soll fexibel bespielbar sein.

Mikroklima-Design für das Leben im Freien

Zusammen mit dem neuen Fährterminal Tórshavn sind Henning Larsen aktuell für die zwei größten Holzbaustellen der Inseln verantwortlich. Ein wichtiges Thema bei beiden Projekten auf den nordatlantischen Inseln ist das Bauen für extreme Wetterbedingungen. Daher soll der Neubau so an den Bestand anschließen, dass ein Innenhof entsteht, der vor den harschen Wetterbedingungen auf den Inseln schützt.

Auf diese Weise verlängern wir die Outdoor-Saison um 150 Tage.

von Jakob Strømann-Andersen, Leiter Nachhaltigkeit und Innovation bei Henning Larsen

Laut Jakob Strømann-Andersen, der bei Henning Larsen die Bereiche Nachhaltigkeit und Innovation leitet, werde man Teile eines ehemaligen Parkplatzes entsiegeln und im Innenhof einen gemeinschaftlichen Garten schaffen, der durch das spezielle „Mikroklima-Design“ vor den starken Nordwestwinden geschützt ist und von der Sonne optimal erwärmt wird. „Auf diese Weise verlängern wir die Outdoor-Saison um 150 Tage und schaffen die bestmöglichen Bedingungen für das Leben im Freien an einem der rauesten Universitätsstandorte der Welt.“

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Statt eines großen Riegels präsentiert sich der Neubau als Ensemble kleinerer Kubaturen, die typologisch ins Ortsbild passen.

Eine Straße, die verbindet

Gemeinschaftliche Räume, die zur Kommunikation anregen, stehen auch im Inneren des konstruktiven Holzbaus im Vordergrund. Der geplante Universitätsneubau mit einer Gesamtfläche von 8.000 Quadratmeter soll das neue Zentrum der Bildungseinrichtungen werden, das heißt dem Schaffen von kommunikativen und verknüpfenden Bereichen kommt eine zentrale Bedeutung zu.

Das Herzstück des neuen Campus bildet ein zentrales Atrium, dessen offenes Raumkontinuum sich über eine „Straße“ weiterzieht und auf diese Weise alle Bereiche miteinander verbindet: die Bibliothek, informelle Lernräume, die Kantine, das Café, die Räume für Forschung und Verwaltung, die Hörsäle und ein flexibel bespielbares Auditorium.

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Aufbau des konstruktiven Holzbaus mit Grasdächern und begrünter Fassade

Durchgängige Holzoberflächen im Inneren

Wie heute im mehrgeschossigen Holzbau üblich, kommen Brettschichtholzträger und Brettsperrholzelemente zum Einsatz. Auf den Visualisierungen ist ersichtlich, dass die konstruktiven Elemente sichtbar bleiben und zusammen mit dem Innenausbau ein Großteil der Oberflächen aus Holz ist.

Die gegiebelten Kubaturen weisen firstnahe Oberlichtbänder auf und sorgen gemeinsam mit den geschosshohen Verglasungen für einen hohen Tageslichteintrag ins Gebäudeinnere. Dabei folgt das Raumprogramm dem Haus-im-Haus-Prinzip und zeigt Kuben mit Vor- und Rücksprüngen, die in die Holzhülle eingefügt sind. Auf diese Weise verfügen die einzelnen Baukörper über viel Luftraum und eine hohe Aufenthaltsqualität.

Mit dem geplante Neubau für den Uni-Campus Tórshavn bekommen die rund 1.000 Studenten ein neues Hauptgebäude samt wettergeschütztem Innenhof, während man gleichzeitig an das baukulturelle Erbe anschließt und die lange Tradition des Holzbaus auf den Färöern fortsetzt.

Text: Gertraud Gerst Visualisierungen: Henning Larsen

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