„Genesis”: Diese Kirche lässt man im Wasser

Ein Hausboot namens „Genesis“ liegt auf einem Kanal vor modernen Gebäuden.
In dieser modernen Kirche wird man beim Hören des Wort Gottes sanft gewiegt und geschaukelt. Denn die Londoner „Genesis” ist ein zum Gotteshaus umfunktioniertes Kanalboot.

Genesis ist nicht nur der Name einer 1967 in Großbritannien gegründeten, extrem erfolgreichen und bekannten Rockband. Es ist auch die griechische Bezeichnung für Schöpfung oder Entstehung, Geburt. Und es ist freilich das 1. Buch Mose, das erste Buch der Bibel, in welchem die Entstehungsgeschichte der Menschheit behandelt wird. Und seit kurzem ist es auch der Name eines Kanalboots in London, in dem das Wort Gottes verkündet wird.

Eine Reihe von Hausbooten liegt an einem Kanal in der Nähe von Londoner Gebäuden.

Die schwimmende Kirche im Osten Londons hat zwei Funktionen inne: Einerseits natürlich den ursprünglich vorgesehenen Zweck. Andererseits dient das moderne Gotteshaus auch als Ort für Gemeindeaktivitäten und -treffen.

Ein Hausboot namens „Genesis“ liegt in einem Kanal vor modernen Gebäuden.
Wenn das Dach ausgefahren wird, wirkt die Genesis ...
Ein mintgrünes Hausboot mit einem weißen Zickzackmuster am Dach liegt am Ufer.
... im Dunkeln wie ein Pottfisch mit leuchtendem Maul.

Schwimmende Kirche mit Pop-up-Dach

Im Stadtteil Hackney Wick gelegen wird man die „Genesis“ aber wohl nicht nur wegen der Gottesdienste besuchen: Sie wird auch mit ihrem ganz besonderen Dach Menschen anziehen. Das Architektenbüro Denizen Works (London/Glasgow) hat sich dafür etwas Besonderes einfallen lassen: Es ähnelt von seinem Aufbau her einem Orgelbalg.

Ein beleuchtetes Boot mit dem Namen „Genesis“ liegt am Ufer.
Das beleuchtete Hausboot „Genesis“ liegt in einem Kanal, in dem zwei Enten schwimmen.
Das Hausboot „Genesis“ liegt an einem Kanal, während zwei Personen vorbeilaufen.
Sonnenlicht scheint durch ein dekoratives Paneel mit Zickzackmuster auf eine Holzwand.

Das Dach der Genesis ist ein „Pop-up”-Dach. Angetrieben von Hydraulikzylindern kann es auf Knopfdruck ausgefahren werden. Die Raumhöhe des Hauptraums erreicht dank des ausfahrbaren Dachs bis zu 3,60 Meter. Gefertigt ist es aus ziehharmonikaförmigem, lichtdurchlässigem Segeltuch.

Es ist mit LED-Leuchten ausgekleidet, was ihm eine fröhliche Atmosphäre verleiht. Von außen wirkt die Genesis dann wie ein Pottfisch mit leuchtendem Maul. Ist das Dach eingeklappt, passt das Boot unter jeder Brücke hindurch. Die Kosten für das Schiff beliefen sich auf insgesamt umgerechnet etwa 720.000 Euro.

Innenansicht eines Raumes mit Sitzbank und einem Oberlicht, das den Himmel zeigt.
Ein Raum mit einem Oberlicht und einem ungewöhnlichen, dreieckigen Tresen.

„Genesis”: Vorleben als Lastkahn

Der Umbau des einstigen Lastkahns dauerte vier Jahre. Nun liegt es zwischen vielen anderen Kanalbooten, sogenannten Widebeam Narrowboats, nahe des Olympiaparks vor Anker. Ein Narrowboat bezeichnet einen Bootstyp, der bereits seit circa 1750 auf den Binnenwasserstraßen in England und Wales genutzt wird.

Die Boote können zwar ziemlich lang sein – bis zu 22Meter – sind aber eher schmal und verfügen über einen flachen Rumpf. So können sie die Kanäle gut passieren, denn diese weisen meist nur eine geringe Tiefe auf. Heute werden Narrowboats häufig mit Dieselmotoren angetrieben.

Ein Innenraum mit Holzbänken und strukturierten Wänden mit Lichteffekten.
Ein langer Raum mit Sitzbänken und einem runden Oberlicht, das den blauen Himmel zeigt.

Denizen Works hat die „Genesis” gemeinsam mit dem Schiffsbauingenieur Tony Tucker auf der Werft Turks Shipyard gebaut. In Auftrag gegeben hat es die Church of England. Die „Genesis” ist zuständig für die Pfarreien St. Paul Old Ford und St. Mary of Eton. Pastor der neuen (Boots-)Gemeinde mit Namen St. Columba ist Dave Pilkington.

Schwimmende Kirche für 40 bis 60 Personen

Auf 8,5 Metern Länge bringt man rund 40 bis 60 Personen unter. Insgesamt hat das Boot eine Fläche von 60 Quadratmetern. Neben einem Versammlungsraum befinden sich noch ein kleines Büro, eine Miniküche und Toiletten an Bord.

Der Eingang befindet sich mittschiffs. „Wir haben einen eleganten und nahtlosen Innenraum mit hellen Sperrholzwänden und grünem Linoleumboden geschaffen”, heißt es bei Denizen Works. Der maritime Stil bleibt nicht zuletzt dank der Schottleuchten erhalten.

Blick durch einen dunklen Rahmen auf einen hellen Raum mit Tischen und einem hölzernen Podest.
Der Altar hat eine „Bugspitze”.
Ein Speisesaal mit Holztischen und Bänken in einem minimalistischen Design.
Fast alle Elemente sind klappbar.
Ein Raum mit hellen Holzwänden und mehreren kleinen Tischen.
Der Hauptraum fasst 40 bis 60 Personen.
Eine Innenaufnahme mit einer Lampe und einem dekorativen Fenstergitter.
Schottleuchten sorgen für maritime Stimmung.

Auch der Altar wurde von Denizen Works entworfen. Seine zugespitzte Form ist ähnelt einem Schiffsbug. Genau darüber sorgt ein rundes Oberlicht für die passende „Erleuchtung”, ergänzt durch die Schattenspiele der Aluminiumgitter vor den Fenstern.

Ein Mann im Priesterhemd sitzt in einem Raum mit einem runden Fenster in der Decke.
Pastor Dave Pilkington führt die neue (Boots-)Gemeinde mit Namen St. Columba.

Vielfältige Nutzung dank flexiblen Interieurs

Das gesamte Interieur ist flexibel: Die von der lokalen Designfirma Plyco entworfenen hölzernen Tische und Stühle sind einklappbar. Auch der Altar lässt sich zusammenfalten. Stauraum bieten die entlang der Längsseiten eingebauten Sitzbänke aus dem Holzfaserwerkstoff Valchromat. So können alle möglichen Veranstaltungen dort abgehalten werden, angefangen von Eltern- und Kleinkindgruppen über Gymnastik- und Kunstkurse bis hin zu interreligiösen Feiern, Workshops und Ergotherapie oder gar Live-Musik. Selbst die private Anmietung ist möglich.

Es gibt jedoch auch noch andere schwimmende Kirchen, beispielsweise „Vineta” auf dem Störmthaler See in der Nähe von Leipzig in Deutschland.

https://www.youtube.com/watch?v=ERJ9GnFmpu4&feature=emb_logo

Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand, lautet ein bekannter Spruch. In diesem Sinne sollte den beiden schwimmenden Kirchen nie etwas passieren können.

Text: Linda Benkö Fotos: Gilbert McCarragher

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