Erweitertes Wohnzimmer für Bücherwürmer
Als Bücherwurm werden gemeinhin Menschen bezeichnet, die sehr viel lesen. Sie werden sich zweifellos in der „Wormhole Library”, der Wurmloch-Bibliothek, in der Stadt Haikou auf der Insel Hainan nicht nur wohl sondern womöglich gleich heimisch fühlen.
Denn das verspielte, geschwungene Betongebäude mit seinen Spiralen, runden Formen und Öffnungen – und vor allem dem grandiosen Ausblick auf das südchinesische Meer – lädt dazu ein, sich niederzulassen und zu verweilen, sich eben in Bücher zu vertiefen, den Alltag hinter sich zu lassen, zu träumen.
Raum und Zeit überwinden
Die Architekten des chinesischen Studios MAD wollten zudem eine Bibliothek entwerfen, die „ein Wurmloch sein soll, das Zeit und Raum transzendiert”. Ganz so, wie Albert Einstein und Nathan Rosen 1935 anhand der Thesen und Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie darauf geschlossen haben, dass es so etwas wie Tunnel geben muss, die einem erlauben, die Grenzen von Raumzeit aufzuheben.
Platz für 10.000 Druckwerke
Die Bibliothek, die rund 10.000 Druckwerken Platz bieten wird, wird als Teil eines Modernisierungsplans zur Verbesserung des öffentlichen Raums entlang der Küstenlinie der Haikou-Bucht errichtet. Die „Wurmloch-Bibliothek” von MAD Architects ist der erste von sieben geplanten Pavillons dort.
Das Gebäude im Century Park wird nicht nur eine Bibliothek beherbergen, sondern auch weitere Einrichtungen für die Besucher des Parks. Das große überdachte Foyer trennt dabei die Bibliothek von jenem Gebäudekomplex, in dem die Toiletten, Duschen und Fahrradabstellräume untergebracht sind.
Mit VIP-Raum
Die Bibliothek wird um einen zentralen, zweistöckigen Lesesaal herum gebaut. Ein Café, ein Empfangsbereich, ein Büro und ein VIP-Raum sind ebenfalls im Erdgeschoss vorgesehen. Im darüber liegenden Stockwerk werden sich Kinder im tunnelförmigen Kinderlesesaal verkriechen können, ein weiterer Lesesaal bietet besagten Blick aufs Meer.
Die Gebäudeteile aus weißem Beton entstehen nachdem sie in 3D-gedruckte und mit Hilfe rechnergestützter, numerischer Steuerung hergestellte Schalungen gegossen wurden. So behalten sie ihre durchgehende geschwungene Form bei. Nach Angaben des Studios werden sämtliche elektrische und sanitäre Anlagen in die Betonform integriert.
Ganz viel Licht von oben
Im gesamten Gebäude werden kreisförmige Ausnehmungen in die Decken geschnitten, damit so viel Licht wie möglich in die Räume gelangt. Gebogene Schiebetüren werden in die Wände eingezogen, ebenso wie Fenster, die sich öffnen lassen. So kann die angenehme Seeluft im gesamten Gebäude zirkulieren.
Auf der Dachterrasse kann man ebenfalls den Blick über das Meer schweifen lassen. Auf einer Seite des Gebäudes glitzert das Wasser in einem Pool und wetteifert so mit dem Gleißen eines auf der anderen Seite des Gebäudes mit weißem Sand gefüllten Beckens.
Das in Peking ansässige Architekturstudio MAD wurde 2004 von Ma Yansong gegründet. Neben der Wormhole Library arbeitet das Studio aktuell an einem Kulturpark in Shenzhen. Dort sollen Pavillons entstehen, die wie eine Gruppe großer Steine aussehen werden, nebst dem Yiwu Grand Theater in Form einer chinesischen Dschunke.
Text: Linda Benkö Visualisierungen: SAN, Studio MAD
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