Eine Behörde ganz in Holz
Der Weg vom Eingang bis zu den Schalterräumen des neuen Bürgerservice ist freundlich, hell und leise. Dass man beim Gehen kaum Hall erzeugt, liegt zum einen am Holzboden, auf dem man geht, zum anderen an der gelochten Holzdecke darüber, die den Schall dämpft. Luftige Trennwände aus Holzlamellen schaffen eine blickdurchlässige Raumgliederung, bepflanzte Wände bringen abseits der gewohnten Topfpflanzen ein Stück Natur ins Gebäudeinnere. Über Lichtschächte fällt auch in fensterferne Bereiche natürliches Tageslicht. Und sogar auf Kinderbesuch ist man eingestellt und bietet größengerechte Massivholzmöbel, Spielzimmer und Teppiche aus Naturmaterial.
So biophil gibt sich heute die Behördenarchitektur in der Salzburger Stadt Seekirchen am Wallersee. Die neu geschaffene Bezirkshauptmannschaft hat mit hallenden Verwaltungsgängen und Bürgern, die wie aufgefädelt vor verschlossenen Amtstüren sitzen, nichts mehr gemein.
Erster, großer Verwaltungsbau in Holz
Mit dem Komplex hat man das erste Verwaltungsgebäude dieser Größenordnung in Salzburg geschaffen, das überwiegend mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz erbaut wurde. Die Tiefgarage und das Erdgeschoss bilden einen Sockel aus Stahlbeton, an den die Holzgeschosse in Skelettbauweise anschließen. Während sich im Erdgeschoss die öffentlichen Bereiche befinden, sind in den drei Holzgeschossen darüber die Büros der Mitarbeiter untergebracht.
Anstatt einen klobigen Riegel hinzustellen, entwarf das Architekturbüro SWAP, das den Wettbewerb in einer Arbeitsgemeinschaft mit Delta für sich entscheiden konnte, sechs versetzte und unterschiedliche hohe Kuben, die trotz der geschaffenen Nutzfläche von 5.250 Quadratmeter recht feinteilig daher kommen.
Nahwärmenetz und Tiefensonden
Lag der Sitz der Bezirkshauptmannschaft bis vor kurzem noch in Salzburg Stadt, so wurde mit ihrer Verlegung Seekirchen zur neuen Bezirkshauptstadt des Flachgaus. Eine Gegend, die im Hinblick auf Bevölkerungswachstum und wirtschaftliche Entwicklung zu den dynamischsten in ganz Österreich zählt.
Damit die rund 200 Mitarbeitenden sowie die künftigen Nutzer und Nutzerinnen öffentlich gut angebunden sind, wird Ende 2024 der neue Bahnhof Seekirchen-Süd eröffnet.
Die Wärmeversorgung erfolgt über das Nahwärmenetz von Seekirchen, die Zuluft wird über einen Erdkollektorvorgewärmt.
Nicht nur bei der Errichtung präsentiert sich das Gebäude fortschrittlich und nachhaltig, sondern auch im täglichen Betrieb. „Die Wärmeversorgung erfolgt über das Nahwärmenetz von Seekirchen, die Zuluft wird über einen Erdkollektorvorgewärmt“, erklärt SWAP die Gebäudetechnik. „Im Sommer kommt eine Fußbodenkühlung, gespeist aus Erdwärme-Tiefensonden, zum Einsatz.“ Das Gebäude wurde nach dem klimaaktiv Gebäudestandard in der höchsten Qualitätsstufe Gold zertifiziert.
Holzbau in Sichtqualität
In den oberen Geschossen, die den Mitarbeitenden vorbehalten sind, dominiert das Holz in den Innenräumen noch weitaus mehr als im Erdgeschoss. „Ein Leitmotiv war das Sichtbarmachen von Konstruktion und Material“, bestätigen auch die Architekten von SWAP. Die konstruktiven Elemente hat man in Sichtqualität ausgeführt, was im Innenausbau nicht nur Ressourcen schont, sondern auch dazu führt, dass der Holzbau tatsächlich spürbar und erlebbar wird. Mittlerweile hat man den gesundheitlichen Mehrwert von Holz in Arbeits- und Wohnräumen in mehreren Studien nachgewiesen.
Ein Leitmotiv war das Sichtbarmachen von Konstruktion und Material.
Dass die öffentliche Hand auf Holzbau setzt, kommt nicht nur den Mitarbeitern und der Umwelt zugute, auch die Wirtschaft profitiert von der regionalen Wertschöpfung. Insgesamt wurden in der neuen Bezirkshauptmannschaft 993 m³ Holz verbaut.
Die vorgefertigten Brettschichtholzträger stammen aus dem Binderholz-Werk in Unternberg bei Salzburg, die Brettsperrholzelemente aus dem Binderholz-Werk in Jenbach in Tirol. Die gesamte Menge an Holzbauteilen konnte in 20 Lkw-Fuhren auf die Baustelle transportiert werden.
Zu guter Letzt profitiert auch der Steuerzahler vom öffentlichen Holzbau. Durch die hohe Vorfertigung und die verkürzte Bauzeit standen die Bürogeschosse oberhalb des Sockels innerhalb von nur 15 Wochen. Der niedrige Energiebedarf des Gebäudes und die Nutzung von erneuerbaren Energiequellen sorgen für stabil niedrige Betriebskosten.
Text: Gertraud Gerst Fotos: Christian Brandstätter, mattweiss (Modell)
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