Am Fuß der Weltcup-Piste

Am Fuß der Weltcup-Piste
Der französische Skiort Val-d’Isère bekommt einen neuen öffentlichen Bau. Mit der Maison des Avalins bescheren die Holzbauspezialisten von Reiulf Ramstad Arkitekter der alpinen Baukultur ein Reload und dem Ort ein zeitgemäßes Wahrzeichen. 

Als der elsässische Skilehrer Charles Diebold 1932 die erste Skischule in Val-d’Isère eröffnete, und sein Landsmann Jacques Mouflier 1936 den ersten Lift in Betrieb nahm, legten sie den Grundstein für eines der bekanntesten Skigebiete der Welt. Heute macht der alpine Skiweltcup regelmäßig am Talschluss der Isère Station. Auf einer Höhe von 1.850 Meter gelegen, bietet der Ort eine hohe Schneesicherheit und eine Extraportion Lokalkolorit. 

Am Fuß der Weltcup-Piste

Der Neubau passt sich in seinen Dimensionen der angrenzenden Seilbahnstation an.

Nicht zuletzt, weil die bis ins 11. Jahrhundert zurückreichende Geschichte des französischen Bergdorfes heute noch ablesbar ist. An der barocken Steinkirche und den alten Bauernhäusern ebenso wie an manchen Beherbergungsbetrieben. Während man die typischen Bettenburgen aus der Skiort-Retorte großteils an den äußeren Ortsteilen ansiedelte, versuchte man sich im historischen Ortskern auf das baukulturelle Erbe zu besinnen.

Eine neue Landmarke

Traditionellerweise baute man seit jeher mit dem, was die Umgebung hergab. Das waren in diesen Breitengraden und in dieser Höhenlage in erster Linie Stein und Holz.

Mit seiner klaren und subtilen Silhouette wird sich das Gebäude anmutig vor der Kulisse der Gebirgsketten erheben.

Reiulf Ramstad Arkitekter

Auf dieses Erbe beruft sich nun auch der Entwurf für einen öffentlichen Bau in Val-d’Isère, der direkt am Fuß der berühmten Abfahrt La face de Bellevarde entstehen soll. Mit der Maison des Avalins haben Reiulf Ramstad Arkitekter und Odile + Guzy Architectes dem französischen Skiort eine neue Landmarke auf den Leib geschneidert. 

Am Fuß der Weltcup-Piste

Die verglasten Giebelseiten bieten spektakuläre Aussichten, wie hier auf die berühmte Piste La face de Bellevarde.

Historischer Kontext und ökologischer Anspruch sollten im Konzept zu einer neuen alpinen Typologie verschmelzen. Eine, die der regionalen Eigenständigkeit Rechnung trägt und zugleich eine zeitgemäße Neuinterpretation zulässt. „Die Architektur des Gebäudes verfolgt einen zweigeteilten ästhetischen Ansatz: Der stabile Sockel aus lokalem Stein erdet die Struktur, während das helle Holztragwerk darüber die örtlichen Bauweisen zitiert und die umliegenden Gipfel widerspiegelt“, erklärt das norwegisch-dänische Büro Reiulf Ramstad Arkitekter in seiner Projektbeschreibung.

Alpine Bautradition reloaded

Unter den drei Giebeln des geplanten Neubaus entsteht eine Nutzfläche von 3.200 Quadratmeter. Neben Gemeindezentrum, Mehrzweckhalle und Restaurant wird hier künftig auch der renommierte Club des Sports de Val d’Isère untergebracht sein. Der 1935 gegründete Verein organisiert das ganze Jahr über zahlreiche Sportveranstaltungen, darunter auch den Skiweltcup.

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Das doppelt geknickte Dach gliedert den Baukörper in drei Teile.

Die großzügigen Dachüberstände und die abgestuften Enden der tragenden Leimbinder sind eine deutliche Referenz an die alpine Bautradition. Auch die Kubatur selbst fügt sich harmonisch in die Umgebung ein. Das weit gespannte Dach mit dem doppelten Knick erweckt den Eindruck von drei zusammengeschlossenen Häusern. So entsteht trotz der großen Volumina der Anschein einer überschaubaren und kleinteiligen Struktur. 

Der stabile Sockel aus lokalem Stein erdet die Struktur, während das helle Holztragwerk darüber die örtlichen Bauweisen zitiert und die umliegenden Gipfel widerspiegelt.

Reiulf Ramstad Arkitekter

Die Stilelemente des regionalen Bauens sind insgesamt sehr sparsam eingesetzt. In dieser minimalistischen Ausführung ergibt sich eine Neuauflage des alpinen Baustils, die auf das Wesentliche reduziert ist. „Mit seiner klaren und subtilen Silhouette wird sich das Gebäude anmutig vor der Kulisse der Gebirgsketten erheben und die Landschaft nicht nur widerspiegeln, sondern auch bereichern“, heißt es vonseiten der Architekten.

Am Fuß der Weltcup-Piste

Das zentrale Eingangsfoyer empfängt seine Besucherinnen und Besucher in einem hellen Atrium.

Offen und transparent

An die Stelle der traditionell kleinen Fenster der alten Bauernhäuser, die einen zu großen Wärmeverlust vermeiden sollten, tritt dank der geschosshohen Verglasungen eine zeitgemäße Offenheit und Transparenz. Die einzelnen Räumlichkeiten sind sorgfältig zu Umgebung ausgerichtet, sodass die Aussicht jeweils unterschiedliche Sehenswürdigkeiten preisgibt. Die schwarze Piste der Face de Bellevarde auf der einen, die Gipfel des Vanoise-Massivsund die barocke Steinkirche auf der anderen Seite.

Das zentrale Eingangsfoyer empfängt seine Besucherinnen und Besucher in einem hellen Atrium, das von warmen Holzoberflächen und einem luftigen Terrazzoboden geprägt ist. Die schlichte, durchlässige Holzstruktur sorgt im gesamten Gebäude für eine ausgesprochene Leichtigkeit, während sich das ortstypische Schieferdach beim Blick aus der Gondel in die bestehende Dächerlandschaft einnistet.

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Ein Bau für die Allgemeinheit

Die Bautätigkeiten im Tal und auf den Bergen galten lange Zeit fast ausschließlich dem Tourismus. So kann der 1.700 Einwohner zählende Ort heute über 33.000 Gäste beherbergen und an die 100 Lifte befördern stündlich bis zu 135.000 Skifahrer bergwärts. Nun bekommt das höchste Bergdorf in den französischen Alpen einen repräsentativen Bau, der auch den Bewohnern zugute kommt.

Das formulierte Ziel der Architekten: „La Maison des Avalins ist mehr als nur ein Gebäude. Der Neubau soll ein kulturelles Wahrzeichen sein, in dem Sport, Geschichte, Tradition und Gemeinschaft zusammenkommen.“

Text: Gertraud Gerst Visualisierungen: Jeudi Wang Grafiken: Reiulf Ramstad Arkitekter

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