Betriebsnachfolge: „Klare Schritte sind immer gut“

Betriebsnachfolge: „Klare Schritte sind immer gut“
Die Übergabe eines Betriebes gehört gut vorbereitet.

Der Generationenwechsel in der Unternehmensführung wirft nicht nur rechtliche und steuerliche Fragen auf. „Man darf in diesem Zusammenhang keinesfalls die emotionalen Faktoren vergessen“, sagt Stephan Verweijen, Notar in Wien.

Eine wichtige Frage, die sich in fast jedem Unternehmerleben stellt, ist die nach der Nachfolge. Wann ist der beste Zeitpunkt, um sich mit diesem Thema zu beschäftigen?

Stephan Verweijen: Eines der wichtigsten Dinge in diesem Zusammenhang ist, dass man damit nicht erst unmittelbar vor Pensionsantritt beginnt, sich damit zu beschäftigen. Vielmehr sollte man sich zumindest fünf Jahre im Vorhinein erste Gedanken dazu machen.

Warum braucht die Nachfolgersuche mehr Zeit?

Weil es dabei einiges zu bedenken gibt. Es ist nicht immer so leicht, einen Nachfolger zu finden, der das Unternehmen weiterführen kann und auch will. Viele Kinder wollen nicht mehr in die Fußstapfen der Eltern oder eines Elternteils treten ...

Umfragen zeigen, dass dies mittlerweile bei etwa 50 Prozent der Familienbetriebe der Fall ist. Woran liegt das?

Ich denke, das hat viel mit der verschärften Wettbewerbssituation zu tun. Im Handel werden die Margen immer kleiner, in Hotellerie und Gastronomie ist die Situation nach den beiden vergangenen Jahren ebenfalls alles andere als einfach. In anderen Branchen, wie etwa der Softwareentwicklung, muss man extrem rasch auf Innovationen reagieren, sonst ist man weg vom Markt. Viele Junge wollen sich das nicht mehr antun. Ein Aspekt könnte auch sein, dass man als Unternehmer oft wenig Zeit für andere Dinge hat.

Was sollten Übergeber tun, wenn das der Fall ist?

Dann ist meiner Meinung nach ein Verkauf an einen oder mehrere Mitarbeiter, also ein Management-Buy-Out, der beste Weg. Der Übergeber kennt sie, sie kennen das Unternehmen, die Branche, den Markt, Kunden und Kollegen. Ist das keine Option, bleiben der Verkauf an Fremde oder die Liquidation. Bei größeren Unternehmen kann man auch überlegen, dass es in Familienbesitz bleibt, aber künftig von einem Fremd-Geschäftsführer geführt wird.

Betriebsnachfolge: „Klare Schritte sind immer gut“

Dr. Stephan Verweijen, Notar

Das größte Problem bei Übergaben an Dritte ist der Preis.

von Dr. Stephan Verweijen, Notar

Gehen wir davon aus, dass sich in der Familie ein Nachfolger findet – was sollten Übergeber und Übernehmer beachten?

Da gibt es einiges. Ich möchte aber zuvor noch einmal zu dem Punkt der Nachfolgersuche zurückkommen. Gerade, wenn es mehrere Kinder gibt, ist es meiner Erfahrung nach enorm wichtig, das Thema aktiv anzusprechen und für Klarheit und Transparenz zu sorgen. Selbst dann, wenn eines davon bereits im Unternehmen mitarbeitet, sollte man alle anderen einbinden. Andernfalls sind womöglich über Generationen hinweg Streit und Missgunst vorprogrammiert.

Ein wichtiges Thema ist in diesem Zusammenhang ja die Abfindung der weichenden Geschwister…

Definitiv. Es muss geklärt werden, wie Pflichtteilsberechtigte versorgt werden oder es müssen Regelungen für den Pflichtteilsverzicht derselben getroffen werden. Häufig wird daher bei der Übergabe auch gleich der Nachlass geregelt. Wird das Unternehmen mehreren Geschwistern gehören und wird es von einem davon geführt, sollte sichergestellt werden, dass dieser bei Entscheidungen das letzte Wort hat.

Was braucht es noch, damit die Übergabe gelingt?

Ein wichtiger Punkt ist neben der Klarheit in der Familie jene im Betrieb. Das heißt, sobald der Nachfolger feststeht, sollte dieser beispielsweise bei der Weihnachtsfeier den Mitarbeitern als solcher präsentiert werden. Gleiches gilt für Banken und Geschäftspartner. Bewährt hat sich immer wieder auch, wenn beide Generationen noch einige Zeit lang Seite an Seite arbeiten.

Das kann allerdings manchmal herausfordernd sein …

Absolut. Denn eine Übergabe ist ja auch emotional ein Thema. Vielen Unternehmern fällt es schwer, loszulassen, sie halten sich für unersetzlich – vor allem dann, wenn sie den Betrieb aufgebaut oder groß gemacht haben. Junge wiederum sind manchmal zu voreilig und wollen alles umkrempeln. Beides sorgt sodann für Spannungen.

Zu diesen kommt es nicht, wenn das Unternehmen an Fremde verkauft wird.

In diesem Fall kommt es ja definitiv zu einem ganz klaren Schnitt.

Hürden wird es dabei dennoch geben.

Das größte Problem ist in diesem Fall der Preis, an dem einige Übernahmen scheitern. Denn die Preisvorstellungen der Verkäufer sind nicht immer realistisch.

Gibt es noch andere Stolpersteine?

Übergeber müssen unbedingt darauf achten, dass sie von Banken aus persönlichen Haftungen, die diese meist bei der Gründung verlangen, entlassen werden. Der springende Punkt ist nämlich folgender: Wird das Unternehmen nach dem Verkauf insolvent, kann sich die Bank bei Vorliegen einer persönlichen Haftung des Verkäufers trotzdem zur Tilgung eines Betriebskredits an diesen halten. Ein anderes Thema für den Verkäufer sind Gewährleistungen und Haftungen gegenüber dem Käufer.

In welcher Form passieren eigentlich die meisten Übergaben?

Gehen Betriebe an Dritte, handelt es sich in der Regel um Verkäufe. Innerhalb der Familie sind es meist Schenkungen.

Ist die Übergabe eines Betriebes eigentlich ein guter Zeitpunkt, um die Rechtsform zu ändern?

Das muss man immer individuell beurteilen.

Das heißt, Notare spielen eine wichtige Rolle beim Generationenwechsel …

Unsere Rolle dabei ist natürlich primär die Abwicklung auf der rechtlichen Seite. Aber erfahrungsgemäß kommt es auch vor, dass wir Klienten, die wir meist seit Jahren kennen und wo ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis besteht, auch abseits davon unterstützen.

Danke für das Gespräch!

www.notar.at