Design und die Welt im Wandel
Das Unheimliche ist meist vertraut und unvertraut zugleich.
Sigmund Freuds Essay zum Thema – auf Englisch „The Uncanny“ – erschien vor 100 Jahren. 1970 fand der japanische Robotiker Masahiro Mori das Unheimliche wieder. Er hatte beobachtet, dass Menschen Maschinen unheimlich finden, wenn die ihnen optisch stark ähneln, aber doch eindeutig nicht menschlich sind. Später wurde dieses Phänomen als „Uncanny Valley“ bekannt. Als das unheimliche Tal.
Der Name einer zentralen Ausstellung der Vienna Biennale 2019 leitet sich davon ab: „UNCANNY VALUES. Künstliche Intelligenz & Du“. Immerhin ist Künstliche Intelligenz (KI) der menschlichen in vielem ähnlich – aber gleichzeitig ist sie eben so ganz und gar nicht menschlich. Dass sie unsere Lebenswelt gerade auf den Kopf stellt, macht sie nicht unbedingt weniger unheimlich.
Die Ausstellung im MAK will darum kulturelle Sensibilität für dieses Thema schaffen und so dazu beitragen, Potenziale künstlicher Intelligenz besser zu verstehen, um sie sinnvoll einzusetzen.
Kunst, Design und Architektur„UNCANNY VALUES“ ist ein Herzstück der dritten Ausgabe der Vienna Biennale, die sich heuer des digitalen Wandels annimmt und dementsprechend unter dem vollen Titel „VIENNA BIENNALE FOR CHANGE 2019: SCHÖNE NEUE WERTE. Unsere Digitale Welt gestalten“ laufen wird. Veranstaltet wird die Mehrspartenbiennale, die am 29. Mai startet, von MAK, Universität für angewandte Kunst Wien, Kunsthalle Wien, Architekturzentrum Wien, Wirtschaftsagentur Wien gemeinsam mit dem Slovak Design Center und dem Austrian Institute of Technology.
Wie bisher will die Vienna Biennale Möglichkeiten von Kunst, Design und Architektur ausloten. Und mit kreativen Ideen und Kunstprojekten Vorschläge liefern, um die Welt ein Stück besser zu machen. „UNCANNY VALUES“ bringt mit der Erste Group als Key Sponsor sieben Neuproduktionen und elf aktuelle Werke internationaler Künstler und Designer ins MAK. In einem großzügigen Parcours werden die Installationen mit Beispielen und Szenarien aktueller KI-Anwendungen in einen Dialog treten.
So wird etwa die spektakuläre Neuproduktion „Asunder“ von Tega Brain, Julian Oliver und Bengt Sjölén zu sehen sein. Die Installation zeigt auf mehreren Screens, wie KI ein Gleichgewicht von Ressourcen, sozialer Gerechtigkeit, Artenschutz und nachhaltiger Produktion auf der Erde sicherstellen würde. Die Lösungen, zu denen die Algorithmen kommen, sind übrigens überraschend.
Die Videoinstallation „Glorius Times!“ von Trevor Paglen thematisiert Überwachung und konfrontiert Besucher mit Hunderttausenden Bildern, mit denen neuronale Netzwerke trainiert werden, um Emotionen, Gesten und Gesichtsausdrücke besser erkennen und analysieren zu können. Heather Dewey-Hagborg hat künstliche Intelligenz die DNA der amerikanischen Whistleblowerin Chelsea Manning analysieren lassen. Herausgekommen sind unter dem Titel „Probably Chelsea“ 30 Porträts, die zeigen, wie Manning auf Basis ihres Erbguts laut Algorithmus noch aussehen könnte. Mit den gezeigten Arbeiten will „UNCANNY VALUES“ zeigen, wie digitale Technologie und unsere Welt interagieren. Wie sie Wirtschaft, Gesundheit, Politik, Emotionen, Denken, Ökologie, Sex und andere Bereiche bedingen.
Alles neu im MAK DESIGN LAB
Das MAK DESIGN LAB setzt ab Ende Mai ebenfalls an diesen Schnittstellen an, um zu belegen, dass Design ein Motor des Wandels ist. Die neue Ausstellung entsteht in Kooperation mit dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung und mit finanzieller Unterstützung des EU-Programms „INTERREG V-A Slowakei–Österreich“. Mit der Neuaufstellung gibt es erstmals ein permanentes Museumsangebot, das Themen und Ansätze der Vienna Biennale versammelt.
Ab 29. Mai zeigt das MAK DESIGN LAB Design zwischen Alltag, Gesellschaft, Digitalisierung und Klimawandel. Es will aufzeigen, wie Design ein Weg sein kann, Veränderung anzustoßen. Diese Potenziale zeigt die Ausstellung anhand von 500 Objekten, aber auch Werkzeugen, wissenschaftlichen Arbeiten und Technologien, die neue Wege ermöglichten und ermöglichen. Die Schau teilt sich auf acht Räume auf und ist in elf Themenbereiche unterteilt. Auf 2.000 Quadratmetern Schaufläche wird es zeitgenössische und historische Positionen zu sehen geben. Sie sollen verdeutlichen, wie sich Gestaltung verändert hat und wie Alltagsobjekte Wandel schon in vorigen Jahrhunderten mitbestimmten. Und wie sie das auch in Zukunft tun werden.
Alle Ausstellungen der Vienna Biennale 2019
- UNCANNY VALUES: MAK, Stubenring 5, 1010 Wien, 29. Mai bis 6. Oktober
- HYSTERICAL MINING: Kunsthalle Wien, Museumsquartier & Karlsplatz, Museumsplatz 1, 1070 Wien & Treitlstraße 2, 1040 Wien, 29. Mai bis 6. Oktober
- CHANGE WAS OUR ONLY CHANCE: Angewandte Innovation Lab, Franz-Josefs-Kai 1010 Wien, 29. Mai bis 27. September 2019
- MAK DESIGN LAB: MAK, permanent ab 29. Mai 2019
- KLIMAWANDEL!: MAK, 29. Mai bis 6. Oktober
- FUTURE FACTORY: MAK, 29. Mai bis 6. Oktober und Galerie Die Schöne, Kuffnergasse 7, 1160 Wien, 11. September bis 5. Oktober
- SPACE AND EXPERIENCE: MAK, 29. Mai bis 6. Oktober
- STADT DER TEMPERAMENTE: Flederhaus in aspern Seestadt, 5. und 6. Juli
- HUMAN BY DESIGN: Designgalerie SATELIT, Kollárovo námestie 10, Bratislava, 5. September bis 30. Oktober
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