Finanzbildung mit Strategie

Finanzbildung mit Strategie
Das Finanzwissen der Österreicher ist lückenhaft, und das hat Folgen für die Volkswirtschaft. Eine nationale Finanzbildungsstrategie soll nun Abhilfe schaffen.

Österreich ist ein reiches Land. Laut Allianz Global Wealth Report beträgt hierzulande das Netto-Geldvermögen 59.256 Euro pro Kopf. Und laut Agenda Österreich umfasst das Finanzvermögen der Österreicher rund 700 Milliarden Euro. Damit ist die Alpenrepublik das 16.-reichste Land der Welt. Allerdings lagert viel Geld auf Konten und Sparbüchern. Geld, das angesichts einer Inflation von 3,1 Prozent im August 2021 und Sparbuchzinsen nahe der Null-Linie schleichend entwertet wird.

Mit dem auf Sparbüchern und Girokonten herumliegenden Geld ließe sich mehr machen, nur mangelt es Vielen an der nötigen Finanzbildung. Zu diesem Schluss kommt eine 2021 durchgeführte Studie der OECD: Die Hälfte der Erwachsenen kann eine Frage zur Zinseszinsberechnung und fast 40 Prozent eine Frage zur Risikodiversifikation nicht richtig beantworten, was das Risiko einer Überschuldung erhöht.

Dadurch ist auch die Fähigkeit zur langfristigen Verwaltung finanzieller Ressourcen beeinträchtigt. Gleichzeitig bewerten fast 80 Prozent der Bürger mangelnde finanzielle Sicherheit im Alter als ein hohes Risiko, dem viele bereits ausgesetzt sind.

Gleiche Chancen

Vanessa Koch, Projektleiterin im Bundesministerium für Finanzen: „Finanzbildung ist besonders wichtig, da sie die Ressourcen, Informationen und Fähigkeiten bereitstellt, die erforderlich sind, um die Bürger in die Lage zu versetzen, mit Herausforderungen besser umzugehen, seien sie nun technologisch, wirtschaftlich oder gesellschaftlich bedingt. Österreich braucht Inklusion und Nachhaltigkeit, um die vielen Veränderungen bewerkstelligen zu können, die zum Beispiel aus neuen Finanzprodukten, technologischen Entwicklungen, Globalisierung und Konsumverhalten resultieren.“

Deshalb hat sich das Bundesministerium für Finanzen zur Aufgabe gemacht, alle Bürger soweit zu unterstützen, dass sie besser informierte Entscheidungen treffen, wenn es um den Kauf von Waren und Dienstleistungen, nachhaltige Finanzentscheidungen und die Planung ihrer Altersvorsorge geht.

Finanzbildung mit Strategie

Vanessa Koch, Bundesministerium für Finanzen

Die neue Finanzbildungsstrategie schafft gemeinsame Zielsetzungen und Maßnahmen.

von Vanessa Koch, Bundesministerium für Finanzen

Politische Priorität

Noch im September 2021 wird eine nationale Finanzbildungsstrategie mit dem Slogan „Mein Geld, mein Leben, meine Entscheidung – ich bin mir sicher“ für Österreich präsentiert. Diese unterstreicht die Bedeutung der Finanzbildung als langfristige politische Priorität. Die Strategie soll beitragen, die Fähigkeiten und das Verständnis der Bürger soweit zu erhöhen, dass sie nachhaltige finanzielle Entscheidungen in Bezug auf ihr persönlich verfügbares Einkommen treffen können. Künftig soll die nationale Strategie nicht nur eine bessere Nutzung von Ressourcen gewährleisten, sondern auch Anleger- und Verbraucherschutz einbeziehen und die Zusammenarbeit zwischen den österreichischen Behörden und Stakeholdern unterstützen und so zu einer größeren Effektivität aller bereits bestehenden Finanzbildungsinitiativen in Österreich beitragen.

Finanzbildung mit Strategie

Internationale Partner

Bei der Ausarbeitung der nationalen Finanzbildungsstrategie wurde das Bundesministerium für Finanzen von der Europäischen Kommission und der OECD unterstützt. Beide Institutionen weisen in der Entwicklung nationaler Finanzbildungsstrategien eine hohe Expertise auf. Eine sehr enge Zusammenarbeit gab es bei diesem Projekt auch mit dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, sowie der Österreichischen Nationalbank. Koch: „Zusätzlich waren auch zahlreiche andere Stakeholder aus dem Bereich Finanzbildung in die Erarbeitung der nationalen Finanzbildungsstrategie eingebunden und dadurch konnten unterschiedliche Blickwinkel in der Strategie berücksichtigt werden.“

Bildung für alle

Die Ziele der neuen Finanzbildungsstrategie sind umfassend. Um bei den Österreichern ein solides Fundament beim Thema Finanzbildung zu schaffen, wird bereits im Kindesalter angesetzt. Auch die Erwachsenenbildung soll nicht zu kurz kommen. Für alle Österreicher sollen Themen wie Überschuldung und eine verantwortungsvolle Finanzplanung für ein langfristiges finanzielles Wohlergehen im Mittelpunkt stehen. Ein wichtiger Faktor der neuen Finanzbildungsstrategie ist der Dialog. Koch: „Stakeholder aus den verschiedensten Bereichen sollen auch in Zukunft in die nationale Finanzbildungsstrategie einbezogen werden, um so eine laufende Optimierung zu gewährleisten.“ Durch die nationale Strategie sollen Gremien zur leichteren Vernetzung, Zusammenarbeit und Kooperation zwischen den Stakeholdern im Bereich Finanzbildung etabliert werden.

Für diesen Zweck soll das Koordinierungs- und Kooperationsgremium Finanzbildung eingerichtet werden, das in unterschiedlichen Formationen zusammentreffen wird. Stakeholder aus den unterschied- lichsten Bereichen, von öffentlich bis privat, werden dort gemeinsam an der Implementierung und Weiterentwicklung der nationalen Strategie arbeiten.

Konkrete Maßnahmen

Die übergeordneten Ziele werden durch drei übergreifende Schwerpunkte in der nationalen Finanzbildungsstrategie ergänzt: Unterstützung der Geschlechtergleichstellung, digitale Finanzbildung und nachhaltige Finanzen. Im Aktionsplan der nationalen Strategie werden 41 konkrete Maßnahmen definiert, die zur Zielerreichung der übergeordneten und übergreifenden Prioritäten beitragen sollen. Koch: „Die Strategie schafft daher zum ersten Mal gemeinsame Zielsetzungen und Maßnahmen im Bereich Finanzbildung, die es ermöglichen, das Thema gemeinsam, koordiniert und effektiv zu adressieren.“ Die Umsetzung der Strategie soll der gesamten Bevölkerung in Österreich zugutekommen. Die nationale Strategie orientiert sich am Lebensphasenansatz und identifiziert acht Lebensphasen, in denen Österreicher mit konkreten Finanzbildungsinitiativen unterstützt werden sollen.

Online Portal

Eine zentrale Maßnahme der Strategie und des Bundesministeriums für Finanzen ist die Etablierung eines Finanzbildungsportals, das als „One-Stop-Shop“ für Informationen rund um das Thema Finanzbildung für Bürger dienen soll. Das Finanzbildungsportal wird im Rahmen der nationalen Strategie ein Informations- und Wissensportal für die Bevölkerung sein und einen nach bestimmten Modulen aufgebauten Fitness-Check für Finanzbildung umfassen. Die Inhalte der Website orientieren sich auch am Lebensphasenansatz. Es geht um die Bereitstellung von leicht zugänglichen Informationen rund um Finanzbildungs-Themen, die objektiv, qualitätsgesichert und sprachlich gut verständlich sind. Die Module werden den Bogen von einer Basisfinanzbildung über komplexeren Finanzthemen bis hin zu aktuellen Themen spannen.

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