Übergabe von über 3.500 deutschen Kriegsgräbern an Österreich

Von Raphael Altmann
Mehr als 3.500 Kriegstotengräber erstrecken sich am Wiener Zentralfriedhof halbkreisförmig um ein großes Kreuz. Polizistinnen und Polizisten standen bewaffnet in Formation bereit. Daneben fanden sich zahlreiche militärische Vertreter anderer Nationen ein.
7.300 deutsche Kriegstote
Am Freitag fand die Übergabe des deutschen Soldatenfriedhofs an die Republik Österreich statt. Auf einer Fläche von 26.000 Quadratmetern sind 7.300 Kriegstote begraben. Dabei handelt es sich um die größte Kriegsgräberanlage des Zweiten Weltkrieges in Österreich. „Soldatenfriedhöfe wie dieser sind Orte der Trauer, der Stille, des Innehaltens, der Erinnerung, des Gedenkens und der Mahnung“, betont Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) in seiner Rede.
Ursprünglich 1939 angelegt, wurde die Gedenkstätte in den 1970er-Jahren in ihre heutige Form umgestaltet. Seither war Deutschland für die Pflege verantwortlich. 80 Jahre nach Kriegsende wird diese Aufgabe nun an Österreich übergeben.
Möglicherweise auch Kriegsverbrecher unter den Toten
Die Republik trägt seit dem Friedensvertrag von Saint-Germain 1919 und dem Staatsvertrag von 1955 die gesetzliche Verpflichtung, Kriegs- und Opfergräber würdevoll zu erhalten. Diese Verpflichtung schließt die Gräber von Angehörigen der Streitkräfte ebenso ein wie jene von Kriegsgefangenen, Zwangsarbeitern und Opfern des Nationalsozialismus. Die Natursteinkreuze am Friedhof tragen jeweils zwei Namen. Nicht nur Soldaten der Wehrmacht, sondern auch Angehörige der Waffen-SS, der Polizei und weitere Organisationen sind hier begraben. Darunter befinden sich demnach möglicherweise auch Personen, die an Kriegsverbrechen beteiligt waren.
Alleine diese Woche drei Kriegstote beerdigt
Begraben liegen dort aber nicht nur Tote, die kurz nach Kriegsende gefunden wurden. Fast monatlich werden hier nach wie vor deutsche Kriegstote beerdigt. Alleine in dieser Woche waren es drei. Zwei von ihnen wurden bei Bauarbeiten im Schwarzenberggarten gefunden.
Bisher Instandhaltungskosten von etwa 300.000 Euro
Der Wechsel der Pflegeverantwortung zur Republik Österreich, konkret zur Friedhöfe Wien GmbH, wird vom Innenministerium finanziert. Genaue Zahlen dazu sind noch nicht bekannt. Geschätzte Kosten der Instandhaltung lagen zuletzt bei 300.000 Euro jährlich.
Ein Ort der Mahnung
Im Rahmen der Übergabe überreichte General Wolfgang Schneiderhan, Präsident des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge, symbolisch das Totenbuch, das die Namen der auf dem Friedhof bestatteten deutschen Soldaten dokumentiert, an Innenminister Karner. Dieses Buch diene als ein wichtiges Zeugnis der Erinnerung und Mahnung für die Zukunft, betonte er.
Gerade in Zeiten von globalen Spannungen bekommen Totenstätte wie diese eine besondere Relevanz, sagt Schneiderhan. „Der russische Angriffskrieg gegen die souveräne Ukraine lässt unsere Kriegstoten und uns nicht zur Ruhe kommen.“ Es reiche nicht, die Gedenkstätte gärtnerisch zu pflegen, man müsse die Kriegsgräberstätten auch als Lernorte begreifbar machen.
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