Wolf offenbar erstmals in Wiener Stadtgebiet gesichtet
Im Waldviertel sind Wölfe seit drei Jahren zu Hause. Doch nachdem sich ein Wolf seit Monaten im Wienerwald vor den Toren der Bundeshauptstadt herumtreibt, scheint nun der erste das Wiener Stadtgebiet betreten zu haben. Und zwar auf dem Bisamberg – nahe Stammersdorf, wo der stellvertretende Landesjägermeister Georg Andrä vor bereits zwei Monaten eine Begegnung mit dem Raubtier hatte. „Ich wollte aber kein großes Aufheben darum machen und habe erst kürzlich davon erzählt“, bestätigt Andrä den Vorfall.
Er hatte ein überfahrenes Reh in seinem Revier abgelegt, um Füchsen Nahrung zu bieten. Als er den sogenannten „Luderplatz“ besichtigen wollte und sich annäherte, begann sein Jagdhund zu knurren. Als Andrä sich umsah, stand wenige Meter vor ihm ein ausgewachsener Wolf und fletschte die Zähne. Das Tier bangte offenbar um seine Fressen. Doch dann flüchtete es.
Zum Vorfall auf dem Bisamberg fallen dem Forstdirektor der Stadt Wien, Andreas Januskovecz, zwei Dinge ein. Erstens: „Ich bin nicht sicher, ob jeder Wiener Jäger einen Wolf erkennt und von einem Hund unterscheiden kann. Einfach, weil die Erfahrungswerte fehlen.“ Zweitens: „Wenn es ein Wolf war und der sich sogar von einer Futterquelle vertreiben ließ, ist das ein Indiz dafür, dass der Durchschnittsbürger nichts von ihm zu befürchten hat.“ Andrä hingegen betont: „Ich weiß, dass ich einen Wolf erkenne.“
Von dem Zusammentreffen auf dem Bisamberg hat Georg Rauer, Wolfsbeauftragter in Österreich, noch nichts gehört. Dass der Wolf aus der Gegend um Klosterneuburg (hier war er 2018 in Kritzendorf aktiv) kommt, hält er für unwahrscheinlich, weil er dafür durch die Donau schwimmen müsste. „Natürlich kann der Wolf aber überall auftauchen.“ Was ihn hingegen stutzig macht ist, dass der Wolf seine Zähne gefletscht haben soll. „Das macht er nur, wenn er sich bedroht fühlt“, sagt Rauer. Doch bei fünf Metern Entfernung sei das unwahrscheinlich.
Population
Insgesamt wächst die Wolfspopulation in Ostösterreich langsam weiter. Nördlich der Donau leben mittlerweile drei Rudel im nordwestlichen Waldviertel. Das erste hatte sich auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig nieder gelassen und umfasst derzeit etwa ein Dutzend Tiere. Dessen ausgewachsener Nachwuchs beginnt inzwischen, auf Streifzügen die weitere Umgebung zu erkunden. Darauf deuten gerissene Rehe und Wildkamera-Fotos im Wald- und Weinviertel hin. Ein aktuelles Wildkamerabild stammt aus dem Kamptal im Bezirk Krems.
Bereits im Oktober hatte ein Wolf im Raum Klosterneuburg einige Schafe gerissen. Kurz vorher hatte es bei St. Andrä-Wördern im Bezirk Tulln und nahe Mauerbach im Bezirk St. Pölten Schafsrisse gegeben. Diese Aktivitäten kann man laut Rauer einem Tier zuordnen, das aus dem Balkanraum stammen dürfte.
Trotz des europaweiten Schutzes hat das Land NÖ im vergangenen Herbst eine Wolfs-Verordnung beschlossen, die den Abschuss unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Dazu zählen insgesamt sieben „problematische Verhaltensmuster“, beispielsweise „der Wolf taucht mehr als zwei Mal während der Aktivitätszeit des Menschen in einer Siedlung auf“. In so einem – dokumentierten – Fall muss die Bezirksverwaltungsbehörde den Abschuss anordnen.
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