Gebäuden neues Leben einhauchen

Blocksanierungen sind nachhaltiger als der Umbau einzelner Bauten.
Jede Liegenschaft birgt eigene Potenziale zur Neugestaltung in sich. Diese müssen ausgenutzt werden.

Neue Stadtviertel, wie die Seestadt Aspern oder das Nordbahnviertel schießen regelrecht in Wien aus dem Boden – kein Wunder wächst die Bevölkerung doch immer weiter und braucht dementsprechend mehr Platz.

Um jedoch nicht unnötig Flächen zu versiegeln und so das Klima anzuheizen gibt es neben Neubauten eine weitere Option: Bestehende Gebäude zu sanieren, um sie für die Bevölkerung wieder lebenswert zu machen.

Wien fördert im Rahmen der „sanften Stadterneuerung“ die Neugestaltung solcher Gebäude. Hierfür müssen die Bauten jedoch einige Voraussetzungen mit sich bringen.

Bestandsaufnahme erster Schritt

Die Baubewilligung der Anlage muss unter anderem 20 Jahre zurückliegen und mindestens die Hälfte der Gesamtnutzungsfläche muss Wohnungen enthalten (alle Voraussetzungen unter www.wohnfonds.wien.at).

Erfüllt ein Gebäude alle Kriterien für eine Sanierung, wird in Zeiten des Klimawandels in erster Linie darauf geachtet, die thermischen und energetischen Eigenschaften zu verbessern.

Um das nachhaltige Nutzungspotenzial einer Anlage auszukosten, ist es jedoch unerlässlich, eine Bestandsaufnahme der derzeitigen Situation zu machen. Denn wie das Wohnen in alter Bausubstanz zeitgemäß optimiert werden kann, liegt immer an den Potenzialen, die jede Liegenschaft mit sich bringt. Nur so kann eine konkrete Planung zum gewünschten Erfolg führen.

Vier-Säulen-Modell

Da die Gebäude nach der Sanierung nicht nur thermisch gut sein sollen, sondern auch die Bewohner zufriedenstellen müssen – immerhin leben die dann dort – ist es wichtig diese mit einzubeziehen, um allen Ansprüchen gerecht zu werden.

Dabei helfen soll das Vier-Säulen-Modell des Wohnbaus, an dem sich laut Wohnfond Wien auch die Sanierung orientieren kann. Das Modell beinhaltet die Säulen Ökonomie, Soziale Nachhaltigkeit, Architektur und Ökologie. Diese vier Kriterien greifen ineinander und fördern damit eine umfassende Betrachtung des jeweiligen Projekts.

Am meisten Wirkung erzielt ein Umbau auf Basis dieses Konzepts jedoch, wenn nicht nur ein Bau saniert wird, sondern ganze Stadtteile – die sogenannte Blocksanierung. Dazu beauftragt der Wohnfond Wien Fachleuchte, um Konzepte für Stadtteile zu entwickeln. Im Rahmen der Wohnbauförderung der Stadt Wien ist dies ein wichtiges Instrument der Stadterneuerung.

Saniert wird dabei auf drei Ebenen: Die einzelne Liegenschaft, liegenschaftsübergreifende Maßnahmen am ganzen Block – zum Beispiel zusammenhängende Grünflächen – oder auf Ebene des ganzen Stadtteils. Dazu zählt etwa die Schaffung einer guten Infrastruktur, um den Verkehr zu beruhigen. Zudem ermöglichen solche Blocksanierungen spezifische Forderungen des Grätzels zu verwirklichen.

Rechtliche Anpassungen

Beispiele für Maßnahmen bei einer solchen Sanierung sind etwa Balkone. Seit 2014 ist es gemäß Bauordnung nun erlaubt auch auf der Hälfte der Straßenfassade Balkone anzubringen – ob man will oder nicht: Eine Möglichkeit Freiraum zu schaffen, Pflanzen aufzustellen und so dem Klima etwas Gutes zu tun.

Auch eine Hofüberbauung schafft zusätzlichen Platz: So entsteht zusätzlich zum Erdgeschoß im Obergeschoß eine weitere begehbare und bepflanzbare Freifläche.

Um auch in Zukunft Sanierungen voranzutreiben, so effektiv wie möglich zu gestalten und neue Herausforderungen zu meistern sind laut Wohnfond aber rechtliche Anpassungen, neue Planungsinstrumente und zusätzliche Förderungen notwendig.

Sanieren von Gründerzeithäusern

Egal wo, ein Gebäude zu sanieren bringt fast immer einige Hindernisse und harte Arbeit mit sich, nicht nur auf körperlicher Ebene. Auch muss das Baurecht bekannt sein. Bei den sogenannten Gründerzeithäusern erschweren meist noch zusätzliche Regeln den Umbau.

Als Gründerzeithäuser werden jene Bauten bezeichnet, die  zwischen 1840 und 1918 errichtet wurden. Typisch für diese Häuser sind unter anderem Räume mit einer Höhe von bis zu vier Metern, große Kastenfenster aus Holz und natürlich –  von außen auf den ersten Blick ersichtlich  – oftmals eine aufwendig gestaltete Fassade zur Straßenseite.

Diese Häuser umzubauen, wird den Besitzern oft nicht einfach gemacht, denn solche Gebäude sind meist als Schutzzonen deklariert. Ist das der Fall, muss der Inhaber alle Maßnahmen nicht nur mit der MA 37 (Baupolizei), sondern auch mit der MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung) abstimmen, damit das historische Stadtbild Wiens bewahrt bleibt.

Sanfte Stadterneuerung

Steht das Haus auch unter Denkmalschutz, muss zudem das Bundesdenkmalamt in die Sanierung muteinbezogen werden. Die Novelle der Wiener Bauordnung von 2018 verschärft zusätzlich den Schutz für historische, nicht denkmalgeschützte Gebäude.

So ist etwa der Abriss von Gründerzeithäusern nur mehr möglich, wenn kein öffentliches Interesse – in Hinblick auf seine Wirkung auf das Stadtbild – vorhanden ist. Eine Sanierung im alten Stil bringt jedoch hohe Kosten mit sich.

Die Stadt Wien fördert deshalb seit 40 Jahren mit der „Sanften Stadterneuerung“ die Revitalisierung und Modernisierung von Gründerzeithäusern. Dennoch ging die  Zahl der alten Bauten in den vergangenen  Jahren  zurück. Gab es im Herbst 2009 15.529 Gründerzeit-Zinshäuser, waren es im August 2018 nur noch 14.071.   

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