Co-working: Ein Schreibtisch verbindet
Wohnen und arbeiten sind Bereiche, die das Leben maßgeblich beeinflussen. Um auf dem Weg dazwischen nicht zuviel Lebenszeit liegen zu lassen, ziehen Menschen gerne in die Nähe ihrer Arbeit, oder suchen sich die Arbeit in der Nähe ihrer Wohnung.
Wohnprojekte, die diese Lebensaspekte so gut – und so kurz – wie möglich miteinander verbinden, sind deshalb gefragt: also Co-working-Bereiche (siehe unten) inmitten von Wohnprojekten.
Co-working in der Seestadt Aspern
Gebaut werden solche Projekte etwa in der Seestadt Aspern im Quartier „Am Seebogen“: Eines der Projekte, genannt „Live Life Long“, soll Ende dieses Jahres bezugsfertig sein.
Es umfasst 116 geförderte Mietwohnungen, davon 40 sogenannte SMART-Wohnungen (Wohnungen, die klein, kostengünstig und dennoch hochwertig sind).
Das Projekt soll den Bewohnern eine hohe Lebens-, Arbeits- und Freiraumqualität bieten. Diese Qualität soll durch die Gewerbeflächen im Erdgeschoß erreicht werden: Diese beherbergen neben Einzelunternehmen auch ein Atelier – eine Werkstatt für Künstler – und eben Co-working-Bereiche.
Arbeitsstrukturen
Monica Delgadillo-Aguilar ist Nutzerin eines Co-working Bereichs, zwar nicht in Aspern, aber in der Brotfabrik in Favoriten.
Monica wohnt im 15. Bezirk und nimmt dennoch fast täglich den Weg ins Büro auf sich und das, obwohl sie von zu Hause arbeiten könnte. „Ich finde Strukturen beim Arbeiten sehr wichtig. Vor allem für Freiberufliche. Wenn ich zu Hause arbeite, habe ich so viele Dinge, die mich ablenken können“, sagt Monica.
Als professionelle Balletttänzerin arbeitet sie für ein soziales Tanzprogramm, genannt „Tanz der Toleranz“. Sie profitiert von der Ausstattung des Gemeinschaftsbüros. Denn die Räumlichkeiten verfügen über Beamer und Drucker, die sie zu Hause nicht hätte.
Ateliers für Künstler
Auch das zweite Projekt in der Seestadt Aspern wird ab Sommer 2021 ähnlich, wie der Bereich in der Brotfabrik, ausgestattet sein.
Dort entstehen neben 90 geförderten Mietwohnungen – davon 31 SMART-Wohnungen – ebenso Co-working-Bereiche und sechs Ateliers – eines im Erdgeschoß, fünf weitere im Obergeschoß – in denen Künstler kreativ sein können. Zudem kommt ein Sportstudio, um sich nach der Arbeit wieder zu aktivieren.
Kooperationen
Sport macht Monica bei ihrem Tanzprogramm genug. Sie genieße hingegen vor allem die Gemeinschaft, die durch das Co-working entsteht. „Es kommt zu einem Austausch zwischen den verschiedenen Berufssparten, die dort arbeiten.
Zum Beispiel beim gemeinsamen Kochen, dass wir zweimal in der Woche machen. Da kommen dann auch Kooperationen zustande, die wir umsetzen“, sagt Monica.
Gegenseitiger Respekt
Natürlich müsse man aber auch Rücksicht aufeinander nehmen. Dazu trägt eine gezielte Einrichtung bei. In der Brotfabrik gibt es etwa sogenannte Telefonzellen, in jene man sich bei längeren Telefonaten zurückziehen kann.
Die Idee, dass nun Co-working-Bereiche direkt in Wohnbauten inkludiert werden, findet Monica toll. „Es ist immer super, wenn freiberufliche Menschen gefördert werden.“ Zudem bringe es Zeitersparnis.
Was ist Co-working?
Co-working kommt aus dem Englischen und bedeutet schlichtweg „zusammenarbeiten“. Co-working- Bereiche sind meist offene und große Räume, die mit Arbeitsplätzen ausgestattet sind. Interessierte können sich dort einen Schreibtisch mieten und diesen für ihren Beruf nutzen.
Dadurch arbeiten viele verschiedene Firmen und Projekte Tisch an Tisch. Beliebt sind solche Bereiche vor allem bei Freiberuflern, kleinen Start-ups und Menschen, die nur den Computer und das Internet für ihre Arbeit benötigen.
Ehemalige Schraubenfabrik erstes Co-working-Büro in Wien
Die Entstehung des Co-working geht mit der Verbreitung des Internets einher. Auch wenn es damals noch nicht so genannt wurde, entstand bereits 1995 eine erste Form des Co-working in Berlin.
Das sogenannte „c-Base Hackerspace“ beherbergte Räumlichkeiten, die heute zentral mit dem Begriff Co-working in Verbindung stehen: So gab es dort gemeinschaftlich genutzte Flächen für den Austausch über Wissen und Fähigkeiten rund um Soft- und Hardware eines Computers. Auch nutzten die Mitglieder dort die Internetverbindung des Hauses – denn dieses war damals nicht überall verfügbar.
1999 vermietete dann erstmals das Software- Unternehmen „42 West 24“ in New York flexible Schreibtische und private Büros an Interessierte.
Nach Wien kam das Co-working 2002: Die Schraubenfabrik in Leopoldstadt bezeichnet sich selbst nach wie vor als „Mutter des Co-working“ .
Diese wurde damals als Entrepreneur Center gegründet. Von Beginn an war dort das Ziel, einen Raum zu schaffen, wo Menschen an ihren eigenen Projekten und doch miteinandern arbeiten.
Auch heute noch nutzen Freiberufler und Kleinstunternehmer die Co-working Bereiche in der ehemaligen Schraubenfabrik.
Seither finden immer mehr Menschen Gefallen an diesen schnellen Büros. Etwa 80.000 Quadratmeter an flexiblen Büroflächen werden in Wien mittlerweile vermietet. Der Trend ist weiter steigend.
von Petra Hochstrasser
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