Wirtshaus-Stemmen: Wo einst der Kraft-Ausdruck gefeiert wurde
Es war jahrzehntelang, so erinnern sich ältere Semester mit einem Leuchten in ihren Augen, ein für alle leistbares Vergnügen: Die oben auf der Bühne stemmten Gewichte – und ihre Fans an den langen Tischreihen unten stemmten das eine oder andere Krügerl oder sonstige Durstlöscher.
Doch so wie auf Wiens Fußballplätzen die Massen längst verschwunden sind (noch in den 1980er-Jahren etwa 1.500 Zuschauer bei einer Sonntagsmatinee des Prater SV auf der legendären Spenadlwiese), verlor auch das Wirtshaus-Stemmen in den großen Speisesälen und verrauchten Hinterzimmern an Zugkraft. Mit dem Sterben alter Wiener Lokalitäten ging auch so manch lokaler Gewichtheberverein für immer in die Knie.
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A Krügerl, a Kracherl, a Achterl, Applaus
Für die Nachwelt schön dokumentiert wurde das Wirtshaus-Stemmen von Autor Ernst Hinterberger. In der Fernsehserie über einen echten Wiener, der nicht untergehen will, lässt er den „Mundl“ zum öffentlichen Gaudium im Sport-Outfit der 1970er die rohe Kraft mit Ausdrücken der Kraft herrlich kombinieren.
Für alle Beteiligten waren Wettkämpfe im Wirtshaus und öffentliche Trainings ein Gewinn: Das Publikum bekam ehrlichen lokalen Sport fast fußfrei zum Schnitzerl serviert, die Vereine konnten sich mithilfe von Spenden zum Beispiel die Miete von Kraftkammern oder den Ankauf von Sportgeräten leisten. Und die Athleten durften auf den kleinen Bühnen große Emotionen erleben. Und den Applaus genießen.
Zum Gaudium in allen Wirtshäusern zählte selbstverständlich auch das eine oder andere Bonmotscherl (irgendwo zwischen echter Anfeuerung oder gemeiner Schmähung) im mehr oder weniger breiten Wiener Dialekt. Der Blade, der Launge, der Stoake – überall gab es Helden und Antihelden.
Gold, Silber, Bronze
Helden waren auch einige rot-weiß-rote Gewichtheber bei Olympischen Spielen: So gewannen die beiden Wiener Franz Andrysek und Hans Haas 1928 in Amsterdam jeweils eine Goldmedaille, Anton Zwerina hatte vier Jahre zuvor in Paris Silber und Leopold Friedrich ebendort Bronze geholt.
Zuletzt erhielt der alte Kraftsport wieder mehr Zulauf – durch die CrossFit-Bewegung, die von den USA ausgehend inzwischen auch in Österreich angekommen ist. Ausgebildete Gewichtheber-Trainer beobachten die Entwicklung jedoch auch mit Sorgenfalten: „Wer die komplexe Abfolge von Bewegungen nicht richtig lernt, wird sich schwertun tun, aus den Mustern auszubrechen“, meint Helmuth Hoffmann.
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