Wienwert: Stadt beteiligt sich nicht an Prozess gegen Nevrivy
Ab 19. Jänner steht Ernst Nevrivy (SPÖ), Bezirksvorsteher der Donaustadt, in der Causa Wienwert vor Gericht. Zu den vier Anklagepunkten zählen die Verletzung eines Amtsgeheimnisses und Bestechlichkeit: Er soll dem früheren Wienwert-Chef Stefan Gruze den Standort für eine Remisenerweiterung verraten haben, woraufhin Gruze das Grundstück kaufte und es sich dann von den Wiener Linien teurer abkaufen ließ.
Der Stadt Wien – und damit den Steuerzahlern – soll dabei ein Schaden in der Höhe von 850.000 Euro entstanden sein. Geld, das sich die Stadt zurückholen muss.
Nach einem Bericht im gestrigen KURIER steht nun aber fest: „Die Stadt Wien wird sich nicht am Prozess beteiligen.“ Das gab das Büro von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bekannt. Das heißt: Die Stadt lässt die Chance, sich als sogenannte Privatbeteiligte – sprich: als Opfer – im Strafprozess anzuschließen, ungenutzt verstreichen. Im Falle einer Verurteilung Nevrivys hätte sie so direkt in der Hauptverhandlung Schadenersatz einfordern können.
Wie berichtet, warnten einige SPÖ-Granden intern davor, sich offen gegen Nevrivy zu stellen: Man erwecke sonst den Eindruck, von der Schuld des Parteigenossen überzeugt zu sein. Und genau das hat man bisher immer vermieden. Bürgermeister Ludwig bestätigt nun diese Linie: „Ich habe volles Vertrauen in die unabhängige österreichische Justiz. Außerdem habe ich Vertrauen in die Aussagen von Ernst Nevrivy“, sagt Ludwig zum KURIER.
Auf dem Zivilrechtsweg
Was aber, sollte Nevrivy doch schuldig gesprochen werden? „Alles Weitere wird nach Abschluss des Verfahrens zu beurteilen sein“, sagt Ludwig. Zuständig für die Beurteilung ist die Rechtsabteilung der Magistratsdirektion, die in heiklen Fällen die Stadtregierung berät. Konkret geht es um die Frage, wie die Stadt Wien nach einer allfälligen Verurteilung Nevrivys an das Geld kommen soll, um sich schadlos zu halten. Möglich wäre das dann nur noch im Zuge eines Zivilprozesses.
Der Nachteil ist, dass der Stadt auf dem zivilrechtlichen Weg höhere Kosten entstehen, um ihre Ansprüche durchzusetzen, und es auch länger dauert. Die Vorgehensweise, erst den Ausgang des Strafprozesses abzuwarten, ist ungewöhnlich, aber nicht ganz abwegig, heißt es in Expertenkreisen. Zwar dürfte die Anklage schon genügend Substrat bieten, um Ansprüche anzumelden – immerhin wird der Schaden von der WKStA klar beziffert und ein Zusammenhang zu Nevrivy beschrieben. Die Rechtsabteilung der Stadt kann die Sache aber auch komplett anders einschätzen als die WKStA. Diesen rechtlichen Spielraum gibt es.
Die politischen Folgen
Auch zu den politischen Folgen einer Verurteilung äußert man sich in der SPÖ Wien vorerst nicht. Dass sich Nevrivy dann noch als Bezirksvorsteher in der riesigen Donaustadt halten kann, darf aber bezweifelt werden. Wahrscheinlicher ist in diesem Fall ein „freiwilliger“ Rückzug des Bezirkspolitikers.
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