Wiener Polizist ohrfeigte Obdachlosen: Prozess

Die Polizei wird regelmäßig ins Männer-Wohnheim gerufen.
Prozess nach Vorfall in Männer-Wohnheim in Wien-Penzing im Sommer 2017. Verfahren gegen Hauptangeklagten vertagt.

33 Dienstjahre bei der Polizei ohne Fehl und Tadel, aber am 7. Juli 2017 gingen Gruppeninspektor K. die Nerven durch. In einem Männer-Wohnheim in Wien-Penzing provozierte ihn ein Obdachloser – der dort wegen seines aggressiven Verhaltens Hausverbot hatte – so lange, bis er diesem eine Ohrfeige verpasste. Und gleich noch drei weitere, weil der 56-Jährige nicht aufhörte, den Polizisten zu beschimpfen. Eine Videokamera im Heim zeichnete alles auf.

"Es hätte nicht passieren dürfen, aber es ist leider passiert. Die Emotionen sind hochgekocht", sagt der 55-jährige Beamte, der seither suspendiert ist, am Montag im Wiener Landesgericht.

Skurril

Er ist wegen Körperverletzung angeklagt. Zwei junge Kollegen müssen sich neben ihm wegen Amtsmissbrauchs verantworten, weil sie nicht eingegriffen haben. Selbst die Staatsanwältin findet es "skurril", dass dem, der hingehaut hat, nur bis zu einem Jahr Haft droht, während der Strafrahmen für die Kollegen bis zu fünf Jahre Haft vorsieht.

Gruppeninspektor K. erzählt, dass der Tag schon nicht so gut begonnen habe. Genau ein Jahr davor war ein Kollege bei einem Raubüberfall auf einen Supermarkt ganz in der Nähe erschossen worden, K. hatte ihn gut gekannt und die Tragödie am Funk mitanhören müssen. Als er dann in das Männer-Wohnheim gerufen wurde, wo er beinahe jede Woche einen Einsatz hat, hörte man dort den Unterstandslosen bereits randalieren: "Die g’schissenen Kieberer san a scho’ da."

Nach Beleidigung "rissen die Nerven"

Polizist K. ging auf den Alkoholisierten zu und nahm ihm die Brille ab. "Weil wenn der schon so anfangt", wisse man nicht, was noch alles passieren könnte. Der Unterstandslose habe sich geweigert, mitzukommen und sei ihn sehr untergriffig angegangen: "Das ging unter die Haut." Er habe auch seine Mutter äußerst ordinär beschimpft, schildert der Angeklagte. Die alte Frau habe sich für ihn und seine Geschwister aufgeopfert, lebe in einem Pflegeheim, und dann diese abfälligen Bemerkungen über seine Mutter. "Da sind mir die Nerven gerissen."

"Ich war sieben Jahre lang für die Rapidfans zuständig, über die so schlecht geredet wird. Aber die waren nie so untergriffig", sagt der Beamte noch. Der 56-Jährige habe von den Ohrfeigen allerdings nicht einmal gerötete Wangen gehabt.

Den mitangeklagten Kollegen redete Gruppeninspektor K. danach ins Gewissen: "Burschen, so etwas darf euch nie passieren." Weshalb diese nicht eingegriffen haben, erklären sie mit der Überraschung, dass der als korrekt bekannte Kollege plötzlich auszuckt. "Ich hab net einmal mehr baff sagen können", sagt der eine.

Diversion für Mitangeklagte

Das Verfahren gegen die beiden Mitangeklagten - einen 26 Jahre alten Polizeibeamten und einen mittlerweile in den Exekutivdienst übernommenen 36-jährigen ehemaligen Polizeischüler - ist diversionell erledigt worden. Der Schöffensenat hielt eine Verurteilung der beiden Männer für nicht notwendig. Dem 26-Jährigen wurde die Zahlung von 1.500 Euro auferlegt. Der 36-Jährige muss 1.000 Euro berappen.

Das Verfahren gegen den Hauptangeklagten musste demgegenüber auf 4. Juni vertagt werden. Der Obdachlose kam seiner Zeugenladung nicht nach. Die Staatsanwältin bestand auf der Einvernahme des 56-Jährigen, der bis zum nächsten Termin stellig gemacht werden soll.

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