Wiener Neos: Was Meinl-Reisinger und „den HC“ eint
In den USA ist das Format bei Talkmastern und Promis beliebt – in der Wiener Stadtpolitik hat sich Neos-Chef Christoph Wiederkehr unlängst daran versucht: In einem Online-Video las er Wortmeldungen von Impfgegnern vor und kommentierte sie betont geistreich. Das wirkt – vermutlich – jung und innovativ. Zumindest die pinke Zielgruppe dürfte das so sehen. Auch sonst ist Wiederkehr bemüht, einen modernen Politikertyp abzugeben. Dass er 28 Jahre alt ist, hilft ihm dabei ebenso wie seine politischen Gegenüber in der Wiener Politik.
Eigentlich – das bescheinigen ihm auch Mitbewerber – ist Wiederkehr ein gutes Angebot für Junge, Urbane . Solche, denen die ÖVP stets zu altbacken war und denen die Grünen zu links sind.
Dennoch: Ob Wiederkehr, der die Wiener Neos seit dem Wechsel von Beate Meinl-Reisinger in den Bund führt, das auch im Wahlkampf tun darf, ist unklar. Wer Spitzenkandidat wird, ist noch nicht entschieden. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass Beate einen HC macht“, heißt es aus informierten Kreisen. Sie könnte – wie Heinz Christian Strache in der FPÖ – vom Bund aus in Wien wahlkämpfen.
Politische Schwergewichte
Wiederkehr gilt vielen als unbekannt und unerfahren. Mit Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und ÖVP- Kandidat und Kulturminister Gernot Blümel hat er es mit politischen Schwergewichten zu tun. Inhaltlich hat sich Wiederkehr eingearbeitet. Er tritt beim Thema Gesundheit – Stichwort Impfen – glaubwürdig auf. Die Neos führt er als Kontrollpartei, was ihn vor allem auf Konfrontation mit der SPÖ bringt. Wiederkehr ist treibende Kraft hinter der Berichterstattung über rote Vereinsskandale.
Dass er die SPÖ hart attackiert, befeuert die Debatten, ob die Neos für eine Koalition rechts der Mitte zu haben wären. Als kleiner Mehrheitsbeschaffer in einer türkis-blau-pinken Koalition.
Zum Teil ist Wiederkehr an den Gerüchten selbst schuld: Als er die Neos übernahm, musste ein kantiger Sager her. Wiederkehr sprach sich für einen „unabhängigen Bürgermeister“ aus: Die Stadt sei keine rote Erbpacht.
Die Erzählung von einer rechten Mehrheit passt aber auch gut in den Wahlkampf von Ludwig. Um zu mobilisieren, wird er vor einer Koalition gegen die SPÖ warnen. Da kommen die Neos gelegen.
"Nicht mit der ÖVP verwechseln"
Wie realistisch aber ist das Szenario? Nicht sehr. Die Neos haben eine Koalition mit der FPÖ stets ausgeschlossen. „Man darf uns nicht mit der ÖVP verwechseln“, heißt es in der Partei. „Dort würden einige ihre eigene Großmutter verkaufen, um in die Regierung zu kommen. Solche Leute gibt es bei uns nicht.“
Wiederkehr sieht das ähnlich. Wenn er von der Wiener FPÖ erzählt, spricht er gerne von „rechten Recken“, eine Koalition schließe er „definitiv“ aus. Dass in der Politik wenig „definitiv“ ist, steht freilich auf einem anderen Blatt.
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