Wiener Linien: Die schleichende Privatisierung des Bus-Verkehrs

Wiener Linien: Die schleichende Privatisierung des Bus-Verkehrs
Zuletzt gingen erneut zwei Buslinien an Fremdanbieter. Drei Firmen betreiben bereits 40 Prozent.

Steigt man in den Bus 5A von Heiligenstadt zum Praterstern, fährt man nicht mit den Wiener Linien, sondern mit dem Verkehrsunternehmen Gschwindl. Im 56B von Hietzing zum Rosenhügel ist man Fahrgast bei Dr. Richard. Auch die ÖBB sind mit den Postbussen im Wiener-Linien-Netz unterwegs. Insgesamt führen diese drei Unternehmen 56 der 111 Buslinien auf Wiens Straßen.

Gleiches Design

Auf den ersten Blick ist bei einem Großteil der Fahrzeuge nicht zu erkennen, dass sie gar nicht von den Wiener Linien betrieben werden. Das Fahrzeug-Design ist mit dem des städtischen Betriebs fast ident und auch die Tickets sind gültig. Fast unbemerkt vollziehen die Verkehrsbetriebe so seit Jahren eine schleichende Privatisierung der Busverbindungen. 40 Prozent des Busverkehrs werden mittlerweile von Fremdfirmen durchgeführt. Der Masterplan der Stadt Wien sieht bis 2020 aber eine Eigenleistung für Buslinien von 70 Prozent vor. Davon rücken die Verkehrsbetriebe seit 2010 immer weiter ab.

Als Basis der Berechnung werden die sogenannten Platz-Kilometer verwendet, also wie weit die Linien fahren und wie viele Personen sie befördern. Geht es rein um die Linien, so ergibt sich ohne der N-Nachtbusse ein Anteil der Fremdfirmen von rund 50 Prozent. Wiener Linien-Sprecher Michael Unger: "Wir haben in den letzten Jahren Konzessionen für Linien am Rand der Stadt zurückerworben. Vergeben werden die Aufträge von uns aber weiter an die privaten Unternehmen, die diese Linien bisher geführt haben."

Teures Personal

Dass die städtischen Verkehrsbetriebe diese Strecken nicht selbst bedienen, hat mehrere Gründe. Einer davon ist der enorme Kostenaufwand für das Personal.

Die Ist-Kosten sind bei den Wiener Linien um mehr als 43 Prozent höher als bei den Privaten. In einem Bericht kritisierte der Rechnungshof schon 2016 , "dass die von den Wiener Linien im Bereich der Busleistung ergriffenen Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz und Wirtschaftlichkeit mittelfristig nicht ausreichen werden, um bestehende Kostennachteile gegenüber privaten Busbetrieben zu kompensieren. " Insbesondere werden in dem Bericht die hohen Personalkosten erwähnt.

Wiener-Linien-Betriebsratsvorsitzender Michael Bauer sagt, dass es im Moment keine Probleme wegen der Fremdfirmen geben würde, solange die Aufträge nur für neue Buslinien vergeben werden, aber: "Wegnehmen lassen wir uns sicher nichts." Außerdem vermutet Bauer ein Platzproblem hinter dem langsamen Auslagern: "Wir haben nur drei Garagen in Wien. Ich nehme an, die Kapazität reicht nicht aus, um mehr Linien im Eigenbetrieb zu führen."

Problematisch könnte diese Entwicklung jedenfalls für die Mitarbeiter werden. Privatisierungen des öffentlichen Verkehrs in anderen EU-Ländern wie beispielsweise Schweden oder Großbritannien führten zu schlechteren Kollektivverträgen und letztendlich auch zu schlechterem Service für die Fahrgäste.

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