Wiener Derby: Wer den perfekten Doppelpass zwischen Spielfeld und Rathaus beherrscht

Wien hat nur Fußball im Kopf: Szene vom letzten Wiener Derby im Mai.
Rapid vs. Austria: Da ohne (Stadt-)Politik bei beiden Klubs nichts läuft, hat der KURIER ein Auswahl-Team der besten Doppelakteure erstellt. Eine hochkarätige Elf mit Überraschungen.

Wenn am Sonntag das Wiener Derby steigt, geht ein Riss quer durch die Stadt – und auch durch das Rathaus. Grün-Weiß und Violett trennt nicht nur die beiden Fanlager, sondern auch die Stadtpolitik. Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál fiebert etwa intensiv mit den Veilchen mit, Sportstadtrat Peter Hacker mit den Hütteldorfern. Und ohne Politik würde bei beiden Traditionsklubs das Leder nicht rund laufen.

Der KURIER hat daher eine Derby-Auswahl-Elf erstellt mit Akteuren, die da wie dort engagiert sind und den Doppelpass perfekt beherrschen. Die Bewertung erfolgt natürlich nach rein sportlichen Aspekten (und mit Augenzwinkern).

Grafik zeigt Spielaufstellung.

(1) Nurten Yilmaz 

Rotes Urgestein der Stadtpolitik und somit souveräner Rückhalt für Alexander Wrabetz im Rapid-Präsidium. Für die Community zuständig, hat sie als Torfrau den Block West nicht nur sprichwörtlich hinter sich; dort war sie früher Stammgast – daher Ruhepol, wenn es auf den Rängen einmal hitziger zugeht. Ist ganz stark auf der (Partei-)Linie.

(2) Manfred Juraczka 

Hat als ÖVP-Stadtpolitiker alle Rollen ausgefüllt – ob an vorderster Front als Obmann oder Reservist als nicht-amtsführender Stadtrat. Ist nun rechts im Defensivbereich als Gemeinderat gut aufgehoben. Sein Plus: Rackert unermüdlich, lässt sich nicht aus dem Team spielen und kann schwere Niederlagen wegstecken. Daher auch im violetten Kuratorium gut platziert.

(3) Christoph Pflug 

Die Neos haben diesen Wechsel als Königstransfer abgefeiert: Nach 21 Jahren als Pressechef am Verteilerkreis verstärkt Pflug nun die Stadt-Pinken kommunikativ. Von Violett zu Pink wird es automatisch etwas „heller“. Allerdings: Die Neos sind in der Regierung mittendrin, aber nicht wirklich dabei – und offen ist, ob ein Profi wie Pflug das Stellungsspiel verbessern kann.

(4) Barbara Teiber 

Die Abwehrchefin (mit ÖGB- und Gemeinderat-Hintergrund) rührt gerne Beton an, wenn es das Spiel verlangt. Und sieht Rot, wenn Mitspieler unfair behandelt werden. Die große rote Zukunftshoffnung ist auch im FAK-Kuratorium ein Bollwerk.

(5) Brigitte Ederer 

Die rote Allrounderin (u. a. Ex-Finanzstadträtin) und Multifunktionärin sitzt ebenfalls im Beirat am Verteilerkreis und agiert links defensiv besonders mannschaftsdienlich. Offensivpressing ist ihre Sache nicht. Sorgte einst mit ihrem Transfer zu Siemens für Furore; die Austria wartet aber vergeblich auf Sponsormillionen des Industrieriesen. Da helfen auch keine Bussis.

(6) Patrick Gasselich 

Der schillerndste Name auf dem Feld: In seinen Adern fließt violettes Blut, aber sein Herz schlägt für Grün-Weiß. Großonkel Felix ist eine Austria-Ikone, Patrick jetzt ÖVP-Pressechef und Intimus von Obmann Markus Figl. Als Sechser muss Gasselich vorne Akzente setzen und hinten alles abräumen – eine schier unlösbare Aufgabe bei ständigen Querschüssen aus den eigenen Reihen.

(7) Andreas Schieder 

Der Ex-Doch-nicht-Bürgermeister und SCR-Beirat gilt als wahre Stimmungskanone in der Kabine (Schmäh ohne), ist am Platz aber phlegmatischer Ruhepol und daher extrem Pressing-resistent. Zu wenig Zug nach vorne und Chancentod vor dem Tor.

(8) Hans Arsenovic 

Bringt als grüner Gemeinde- und grün-weißer Beirat etwas Farbe ins Spiel. Schnörkellos bodenständig über links, harmoniert aber derzeit nicht gut mit den roten Vorderleuten. Gilt als „Häferl“ weil er sich auf offener Bühne im Boulevard-TV gerne fetzt.

(9) Michael Strebl 

Klassischer Goalgetter, strotzt vor Energie und ist ständig unter Strom. Obwohl nur Beirat, ist er unverzichtbar für die Hütteldorfer. Er ist auch der einzige Stürmer der Welt, der Geld mitbringt (nämlich jährlich 2,8 Millionen an Wien-Energie-Sponsormillionen). Taucht mitunter aber ab, wenn es Spannungen mit der Stadtpolitik gibt – etwa beim Strom-Fiasko 2022.

(10) Kurt Gollowitzer 

Ohne den violetten Spielmacher am Präsidentensessel läuft nichts bei der Austria, Dreh- und Angelpunkt am Verteilerkreis. Der Holding-Chef ist Meister des Doppelpasses und zeigt immer wieder Zauberkunststücke: So verkaufte er das Stadion für 40 Millionen quasi an sich selbst. Ist dennoch Rot-gefährdet (was die Zahlen betrifft) und muss vor weiteren Budgetlöchern im Rasen höllisch aufpassen.

(11) Jürgen Czernohorszky 

Der Umweltstadtrat und grün-weiße Beirat stürmt über links außen immer wieder energisch nach vorne. Möchte neuer Rathaus-Kapitän werden und ist daher derzeit medial überpräsent. Sein Manko: kein Publikumsliebling und mitunter dünnhäutig in der (politischen) Arena.

Michael Häupl (Trainer) 

Der Erz-Violette und Ex-Kuratoriums-Chef kann bekanntlich auch gut mit Grün (koalieren) und ist ein wahrer Trainer-Fuchs, der alle taktischen Finten beherrscht. Wegen derber Sprüche an der Outlinie stets Gelb-gefährdet, vor allem wenn „mieselsüchtige Koffer“ mitspielen. Feiert nur mit Spritzwein.

Und der Schiedsrichter . . .

Bleibt die Frage, wer in dem Gewurl den Schiedsrichter macht? Da kann es nur einen geben: Michael Ludwig ist als Fan von Zweitligist FAC streng unparteiisch, hat aber mit der Truppe alle Hände voll zu tun.

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