Vom Alltagspoeten zum Romanautor: Andreas Rainers neue literarische Reise

Andreas Rainer, bekannt als "Wiener Alltagspoet", schrieb nun auch einen Roman.
Der „Wiener Alltagspoet“ hat seinen ersten Roman veröffentlicht. Sein Protagonist Jonas geht auf Sinnsuche und streift drei Tage lang durch Wien.

Was passiert, wenn man spontan aus seinem Alltagstrott aussteigt?

Einer, der dieses Experiment in zweifacher Hinsicht gewagt hat, ist Autor Andreas Rainer. Seit vielen Jahren ist Rainer als „Wiener Alltagspoet“ (siehe unten) bekannt. Er sammelt Zitate und Dialoge, die den einzigartigen Wiener Schmäh wiedergeben. Mehrere Bücher hat er dazu bereits veröffentlicht, auch ein Bühnenprogramm gibt es mittlerweile.

Nun hat Andreas Rainer seinen ersten Roman geschrieben. „Der Flügelschlag des Paarfalters“ heißt das Werk, das heute, Samstag, erscheint. „Für mich ist das ein sehr aufregender Schritt. Es ist eine andere Art der Arbeit, ohne humoristische Zitate, in einem anderen Tonfall“, schildert der Autor.

Wie Rainer selbst, lenkt auch Jonas, der Protagonist des Romans, sein Leben in eine neue Richtung. Die Rahmenhandlung: Jonas soll für eine Dienstreise nach Los Angeles fliegen. Missmutig steht er am Check-in-Schalter in Schwechat, gibt seinen Koffer ab, passiert die Sicherheitskontrollen. Er leidet an Flugangst, sein Job erscheint ihm sinnlos und er ist der vielen, strapaziösen Dienstreisen überdrüssig.

Als er durch die Panoramafenster des Terminals auf das Rollfeld blickt, beschließt er spontan, die Reise einfach nicht anzutreten. Ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen, verlässt er den Flughafen. Da ihn Freunde und Kollegen im Flugzeug in Richtung USA wähnen, kontaktiert und vermisst ihn niemand. So erschafft sich Jonas ein Zeitfenster von drei Tagen, in dem er sich ungestört auf die Suche nach einem neuen Sinn im Leben machen kann.

Parallele Welten

Wie viel des Erzählten ist autobiografisch inspiriert, was ist Fiktion? Mit Jonas habe er viele Gemeinsamkeiten, erwidert Rainer.

„Ich habe mehrere Jahre für eine amerikanische Firma gearbeitet und bin dauernd um die Welt geflogen“, beschreibt er. Eigentlich habe er immer davon geträumt, zu schreiben. „Stattdessen bin ich im Marketing gelandet.“ Tatsächlich war es auch bei ihm selbst eine Dienstreise, die den Anstoß gab, seinen Job infrage zu stellen. „In Wirklichkeit bin ich aber gar nicht erst zum Flughafen gefahren, sondern habe mich zuerst einmal krank gemeldet“, fügt er hinzu und lacht.

Was passiert, wenn man aufsteht und geht?

Es war vor acht Jahren, als Rainer sich eine neue Arbeit suchte und mit dem Schreiben des Romans begann – neben Vollzeitjob, Familie und seinen weiteren Projekten. „Was passiert, wenn man einfach aufsteht und geht? Dieser Frage wollte ich mich auch literarisch widmen“, erzählt der Autor.

Im Roman lässt er seinen Protagonisten Jonas an einem heißen Wochenende im August scheinbar ziellos kreuz und quer durch Wien fahren. „Er sieht alles mit neuen Augen, da er endlich einmal nichts anderes zu tun hat, als hinzuschauen“, erklärt Rainer. Unterwegs trifft Jonas allerhand skurrile und liebenswerte Charaktere. „Die Figuren sind fiktiv. Doch man könnte sie theoretisch alle in Wien treffen.“

Die Geburt des Falters

Die Wichtigste von ihnen ist Lily. Sie fährt mit Jonas etwa auf den Kahlenberg, wo sie ihm vom Paarfalter aus Madagaskar erzählt: ein geheimnisvolles Tier, das nur in Symbiose mit seinem Partner überleben kann. Ob es den Paarfalter wirklich gibt? Auch der sei fiktiv, verrät der 44-jährige Autor. „Er stammt aus einer Kurzgeschichte, die ich vor 20 Jahren geschrieben habe.“

Umso plastischer und realistischer sind die Schauplätze des Romans: etwa der Schwedenplatz, die Donauinsel und der Karl-Marx-Hof oder das Flex, die Kaffeehäuser und die Beiseln. Zur Recherche sei er viel in der Stadt unterwegs gewesen, erzählt Rainer: „Ich brauche schon einen Anker in der Realität. Ich wollte beschreiben, wie es dort ausschaut und was dort passiert.“ Wien sei jedenfalls ein idealer Schauplatz für seinen Roman: „Es ist eine künstlerische Stadt. In jedem Kaffeehaus hat man das Gefühl, da schreibt einer ein Buch oder an einer Oper.“

Dass er nun tatsächlich einer derjenigen ist, die ein Buch geschrieben haben, sei immer noch „völlig irre und surreal“, sagt Rainer und lacht. Wer mit ihm auf eine Reise durch Wien gehen möchte: Die Buchpräsentation ist am 30. September (19 Uhr) im Morawa (Wollzeile 11, 1010 Wien; Eintritt frei).

46-218943434

Andreas Rainer: „Der Flügelschlag des Paarfalters“, Goldegg Verlag. 208 Seiten. 22 Euro.

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