Wohnbau in kürzester Zeit saniert, Heizkosten sollen sich halbieren
Insgesamt dauert die Sanierung des Wohnhauses in Wien-Landstraße von September bis Jänner.
Jeder würde gerne weniger Energiekosten zahlen. Eine Großbaustelle für die nötige Sanierung hat man da schon weniger gerne. Die dauert herkömmlich rund ein Jahr – bis jetzt.
In der Arenberggasse 4 im 3. Bezirk wird aktuell das Forschungsprojekt „Renvelope“ zur Sanierung von großen Gebäuden umgesetzt, bei dem es deutlich schneller geht. Alles in allem braucht man nur fünf Monate, also nicht einmal die Hälfte der üblichen Bauzeit.
Das Wohnhaus der Sozialbau AG wurde 1977 errichtet, die Wärmeversorgung erfolgte bisher über Gasthermen. Der Clou bei der jetzigen Umstellung: Das Haus bekommt eine sogenannte Vorhangfassade.
Bewohner müssen nicht ausziehen
In den Fassadenmodulen ist bereits die für eine thermische Sanierung nötige Technik verbaut, wie Abgabesysteme für Heizung aber auch Kühlung.
Die Module werden im Werk vorgefertigt und vor Ort ähnlich wie bei einem Puzzle an die Bestandswand gepresst und zu einer vollständigen Fassade zusammengefügt. Und das in nur fünf Tagen, ohne Schmutz, ohne Lärm und ohne dass Mieter ausziehen müssen.
Vizekanzler und Wohnminister Andreas Babler, Innovationsminister Peter Hanke und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal betont (alle SPÖ) bei der Besichtigung der Baustelle.
Die alte Fassade wirkt dabei als Speichermedium. In Kombination mit neuen Wärmepumpen, Erdsonden in 100 Metern Tiefe und einer Photovoltaikanlage werden die 24 Wohnungen zukünftig wie bei einer Wandheizung von außen erwärmt, aber auch gekühlt.
Kühlung um bis zu 7 Grad
Für Letzteres leitet die Pumpe die Gebäudewärme in das Erdreich ab. So soll die Temperatur im Inneren um bis zu sieben Grad gesenkt werden können. Was das System auch kann: Es greift auf Wetterdaten zurück und reguliert sich rechtzeitig vor Wetterumschwüngen selbst.
Die Effekte der Sanierungen sollen die Mieter auch auf ihren Rechnungen ablesen können: Die Sozialbau AG geht von einer Reduktion der Heiz- und Warmwasserkosten von 30 bis 50 Prozent aus. Insgesamt soll der Wärmebedarf in der Arenberggasse um bis zu 80 Prozent sinken.
Potenziell für 70.000 Gebäude geeignet
Das Potenzial für den Einsatz dieser „minimalinvasiven“ Sanierung ist groß: Laut des steirischen Instituts für nachhaltige Technologien (AEE INTEC), das das Projekt leitet, eignen sich in ganz Österreich 70.000 Gebäude dafür.
Würden sie alle entsprechend saniert werden, könnte ein Fünftel der jährlichen Gebäudeemissionen in Österreich eingespart werden. Pro saniertem Gebäude seien selbst unter konservativen Annahmen CO2-Reduktionen von rund 75 Prozent realistisch, bei optimaler Sanierung (inklusive Umstellung auf erneuerbare Energieträger) sogar bis zu 90 Prozent.
SPÖ-Minister von Methode überzeugt
Die Bedeutung der Methode wurde vor Ort auch von Vizekanzler und Wohnminister Andreas Babler, Innovationsminister Peter Hanke und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal betont (alle SPÖ): Einerseits um die Leistbarkeit von Wohnraum sicherzustellen, andererseits, um den Ausstieg aus Gas zu schaffen und nicht mehr so abhängig von Energiemärkten zu sein.
Demnächst wird auch ein Studentenwohnheim in Graz saniert, diesmal sogar ganz ohne Gerüst. Was es laut AEE braucht, damit diese Art von Sanierung in Serie gehen kann: Geld beziehungsweise Förderungen, wie so oft bei neuen Technologien.
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