Wer Rot-Pink in Wien verhandelt – und wo die Entscheidungen fallen

WIEN: KOALITIONSVERHANDLUNGEN SPÖ UND NEOS
Die Besetzung der Teams lässt Rückschlüsse auf die Koalition zu. Ansonsten wird hauptsächlich geschwiegen.

Schweigen scheint wirklich Gold zu sein. Zumindest haben sich SPÖ und Neos, die derzeit im Wiener Rathaus an einer Koalition arbeiten, diesem alten Sprichwort verschrieben. Darüber, welche Inhalte derzeit verhandelt werden, dringt bisher kaum etwas nach außen. Spannend ist aber freilich auch, von wem wie verhandelt wird.

Geleitet werden die Verhandlungen von einem Kernteam, das aus den Parteispitzen besteht. Auf SPÖ-Seite ist das neben Bürgermeister Michael Ludwig auch Landesparteisekretärin Barbara Novak und Klubobmann Josef Taucher. Für die Neos sitzen Vizebürgermeisterin Bettina Emmerling, Klubchefin Selma Arapović und Landesgeschäftsführer Philipp Kern im Kernteam. Nicht laufend dabei ist der pinke Landeschef (und Bildungsminister) Christoph Wiederkehr.

Wo die inhaltliche Arbeit passiert

Die wirkliche inhaltliche Arbeit passiert aber anderswo. Nämlich in sieben Untergruppen, die sich thematisch an den bisherigen Ressorts in der Stadtregierung orientieren.

Treffen der unterschiedlichen Gruppen fänden täglich statt, heißt es. Die Gruppen selbst sind unterschiedlich groß. Vonseiten der Neos seien stets vier bis sechs Personen anwesend. Es ist anzunehmen, dass die Verhandlungsteams der SPÖ ähnlich groß sein dürften.

Die Personalia

Federführend kümmern sich bei der SPÖ die jeweiligen Stadträtinnen und Stadträte um ihre Ressorts. Bei den Neos sind es die jeweils thematisch zuständigen Sprecher im Gemeinderat. Besonders spannend ist die Zusammensetzung in zwei Gruppen, nämlich Finanzen und Bildung.

Das Finanzressort wird nach dem Wechsel des bisherigen roten Stadtrats Peter Hanke in den Bund nämlich interimistisch vom bisherigen Finanzdirektor Christoph Maschek geführt. Geleitet werden die Koalitionsgespräche in diesem Bereich nun aber von der roten Landesparteisekretärin Barbara Novak. Wie passend, dass sie als Favoritin auf den Posten der Finanzstadträtin gilt. Ihr gegenüber sitzt mit Markus Ornig ein besonders streitbarer Neos-Funktionär.

Anlass zu Spekulationen

Anlass zu Spekulationen bietet auch die personelle Besetzung der Untergruppe Bildung und Integration. Für die Neos verhandelt federführend Emmerling, die erst vor Kurzem das Amt der Bildungsstadträtin von Wiederkehr übernahm. Für die SPÖ verhandelt Klubobmann Josef Taucher das Bildungskapitel. Auch er wurde zuletzt als möglicher roter Stadtrat gehandelt.

Dass die Neos das Bildungsressort in der Neuauflage der Koalition behalten, gilt jedoch als so gut wie gesichert. Zumindest hier dürfte Taucher also nicht zum Zug kommen. Klar scheint auch, dass Emmerling den pinken Sitz in der Stadtregierung erhält – auch wenn sich viele Funktionäre eigentlich die Listenerste Selma Arapović als neue Frontfrau gewünscht hätten. (Der KURIER hat berichtet.) Arapović ist dennoch in einer der Untergruppen als Verhandlerin dabei: Sie sitzt Ulli Sima bei den Themen Verkehr und Stadtplanung gegenüber.

Wo die Entscheidungen fallen

Dürfen die Untergruppen selbst Entscheidungen treffen? Ja. Und nein. Wie es aus dem Bürgermeisterbüro heißt, werde das Kernteam laufend „informiert und konsultiert“. Die „endgültige Entscheidung“ liege ebenfalls auf der „obersten Verhandlungsebene“. Ähnliche Infos auch von den Neos: „Die Untergruppe trifft Entscheidungen, bei weitergehenden oder divergierenden Vorstellungen übernimmt die Hauptverhandlungsgruppe“.

Kommentare