Neos fordern Zwangsaufenthalte für kriminelle Minderjährige

Zusammenfassung
- Die Wiener Neos fordern sozialpädagogische Einrichtungen mit Zwangsaufenthalt für kriminelle Minderjährige als letztes Mittel.
- Zwangsaufenthalte sollen richterlich genehmigt und von einem multiprofessionellen Team betreut werden.
- Jugendliche sollen in Phasen mit zunehmenden Freiheiten betreut werden, um problematische Entwicklungen zu unterbrechen.
Die Wiener Neos fordern sozialpädagogische Einrichtungen für besonders auffällige strafunmündige Minderjährige - inklusive der Möglichkeit eines befristeten Zwangsaufenthalts.
Konkret geht es um Kinder zwischen zwölf und vierzehn Jahren, die durch wiederholtes strafrechtsrelevantes Verhalten wie schwere Körperverletzung, Raub oder Gewalt auffallen. Eine Unterbringung soll dann in Betracht kommen, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen, um die Situation zu stabilisieren.
"Es geht uns nicht darum, Kinder wegzusperren oder aus dem Blick der Gesellschaft zu entfernen", wird Neos-Vizebürgermeisterin und Listenzweite bei der Wien-Wahl Bettina Emmerling in einer Pressemitteilung zitiert.
Vielmehr wolle man ihnen "in hochkritischen Phasen Halt, Struktur und professionelle Begleitung" geben, damit es nicht irgendwann zu viel schlimmeren Entwicklungen komme. Die vorgeschlagenen Einrichtungen wollen die Neos als "pädagogisch und therapeutisch begleitete Schutzräume mit klaren Regeln, verbindlicher Struktur und individueller Entwicklungsförderung" verstanden wissen.
Zwangsaufenthalt als letztes Mittel
Ein Zwangsaufenthalt soll das letzte Mittel sein, um bei den Kindern "extrem problematische Entwicklungen" zu unterbrechen. Dafür soll es eine richterliche Genehmigung brauchen, die Kinder müssten rechtlich vertreten sein.
Notwendig sei u.a. eine bundesgesetzliche Grundlage. "Wenn Zwölfjährige andere wiederholt verletzen oder sich selbst gefährden, müssen wir Verantwortung übernehmen", betonte Emmerling.
Gruppen mit unterschiedlichem Freiheitsgrad sollen separat geführt werden können; Therapieräumlichkeiten, Schulräume, Werkstätten, Aufenthaltsräume, Sportflächen und "erlebnispädagogische Angebote" vorhanden sein.
Zum Einsatz kommen soll ein "multiprofessionelles Team, bestehend aus Pädagoginnen und Pädagogen, Psychologinnen und Psychologen, Therapeutinnen und Therapeuten, Lehrpersonal und Sicherheitspersonal".
Schrittweise mehr Freiheiten
An eine Aufnahmephase sollen eine geschlossene, eine gelockerte und eine offene Phase mit anschließender Folgebetreuung anknüpfen. Durch konstruktives Verhalten und die Teilnahme an Angeboten sollen Jugendliche schrittweise mehr Freiheiten erhalten. Nötig sei eine transparente Dokumentation und Kontrolle, der Rechtsweg müsse jederzeit offenstehen.
Die Zahl dieser besonders auffälligen Minderjährigen sei "klein, aber relevant", so die Landespartei. Sie könnten aufgrund ihres Alters nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, würden aber eine akute Herausforderung für sich und ihr Umfeld darstellen.
Bestehende rechtliche und institutionelle Möglichkeiten würden hier zu kurz greifen. Explizit ausnehmen wollen die Neos Jugendliche mit schweren psychiatrischen Erkrankungen oder akuten Suchterkrankungen - sie würden in das medizinische Versorgungssystem gehören.
Klarheit: Die wichtigsten Begriffe
Die Jugendkriminalität umfasst in der Regel Straftaten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren sowie von jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 20 Jahren. Im Gegensatz zu Jugendlichen unter 14 Jahren sind diese Altersgruppen deliktsfähig, das heißt strafbar (die Setzung von Erziehungsmaßnahmen, etwa die Unterbringung in einer betreuten Wohngemeinschaft, ist auch bei unter 14-Jährigen möglich). Die Strafrahmen nach dem Jugendgerichtsgesetz, also bei 14- bis 18-Jährigen, sind in vielen Fällen niedriger als bei Erwachsenen.
Derzeit werden jedoch immer wieder Forderungen nach härten Strafen für junge Täter laut, nachdem Berichte über minderjährige Handyräuber, Autoknacker, Schläger, Vergewaltiger oder Drogendealer in der subjektiven Wahrnehmung vieler in den vergangenen Jahren zugenommen haben. Tatsache ist: In Wien wurden im Vorjahr 568 Minderjährige angezeigt. Zu Festnahmen kam es allerdings nur in 55 Fällen. Der Grund dafür: Ein Großteil der Delikte geht auf zwei oder drei Dutzend sogenannter Intensivtäter zurück, also Unbelehrbare, die wiederholt straffällig werden.
Die Kriminalität in Wien gilt im Vergleich zu vielen anderen Großstädten als relativ niedrig. Laut der aktuellsten polizeilichen Kriminalstatistik wurden im Jahr 2023 insgesamt 186.475 Anzeigen bei der Polizei Wien erstattet, das entspricht 10,8 Prozent mehr als im Jahr davor (2022: 168.303).
Die Aufklärungsquote lag bei 44,3 Prozent. Mit 98.878 ausgeforschten Tatverdächtigen konnten 15,9 Prozent mehr als im Vorjahr angezeigt werden (85.295 Personen).
Der prozentuale Anteil der fremden Tatverdächtigen stieg auf 55,3 Prozent an (2022: 52,9 Prozent).
Die Partei NEOS steht für das Neue Österreich. Gegründet wurde sie 2012, die Parteifarbe ist Pink. NEOS gilt als eher (links-)liberale Partei der Mitte, sie vertritt hauptsächlich ein modernes, urbanes, unabhängiges Bürgertum. Wichtige Themen der NEOS sind Bildung und Transparenz. In Wien schaffte die Partei nach der Wahl 2020 den Sprung in die Stadtregierung, NEOS-Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr wechselte vor Kurzem allerdings als Bildungsminister in die Bundesregierung. Spitzenkandidatin am 27. April ist daher Selma Arapovic.
Bettina Emmerling (Jahrgang 1980) ist Neos-Politikerin. Seit dem Wechsel von Christoph Wiederkehr im Jahr 2025 in die Bundesregierung ist Emmerling Vizebürgermeisterin der Stadt Wien sowie Stadträtin für Bildung, Jugend, Integration und Transparenz. Davor war die bisherige Neos-Klubchefin zehn Jahre lang Abgeordnete zum Wiener Landtag und Mitglied des Wiener Gemeinderats.
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