Nach Fehler im Wiener Terror-Prozess: Zadić ordnet Prüfung an

Terror-Anschlag in Wien
Marsel O. soll dem Wien-Attentäter ein Sturmgewehr besorgt haben. Doch dafür wird er nicht zur Verantwortung gezogen. Ministerin Zadic ordnete dienstrechtliche Prüfung der Causa an.

Der Slowene Marsel O. soll eine zentrale Rolle rund um das Wien-Attentat, bei dem im November 2020 vier Menschen erschossen wurden, spielen. Der 31-Jährige soll laut Ermittlungen derjenige sein, von dem der spätere Attentäter Kujtim F. seine Schusswaffen erhielt. Doch jetzt stellt sich heraus: Der Staatsanwaltschaft Wien ist ein schwerer Fehler unterlaufen. Für die mutmaßliche Übergabe des Sturmgewehrs wird der Mann nicht zur Verantwortung gezogen.

Mehr über den Terror-Anschlag lesen Sie hier: Neue Aufarbeitung - der Terroranschlag von Wien in vier Akten

Der KURIER berichtete bereits, dass Marsel O. am Dienstag vor Gericht steht.

Er soll im Juni 2020 und im September 2020 nach Wien gereist sein, um Kujtim F. mit Schusswaffen zu versorgen. Beim ersten Treffen soll er ein Sturmgewehr übergeben haben. Später eine Pistole. DNA-Spuren belasten den Mann.

Anderes Verfahren

Doch der Name Marsel O. tauchte auch in einem anderen Verfahren auf. Auch hier ging es um Waffen. In diesem Komplex spielte Marsel O. aber nur eine Nebenrolle. Die zuständige Staatsanwältin wollte das Verfahren gegen ihn einstellen - und hier dürfte der folgenschwere Fehler passiert sein. Eingstellt wurde in Wirklichkeit das Verfahren rund um die Übergabe des Sturmgewehrts an Kujtim F. - das falsche Verfahren also.

"Der Fehler ist schon 2021 passiert. Aufgefallen ist es erst bei der Aufarbeitung durch eine Kollegin", bestätigt Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien.

Vom Tisch

Das Problem: Ist ein Verfahren erst einmal eingestellt, kann es nicht mehr aufgenommen werden. Das große Glück der Ankläger: Marsel O. wird nicht nur die Übergabe des Sturmgewehrs, sondern auch die Übergabe einer Pistole vorgeworfen. Die war von der Einstellung nicht betroffen.

Und so muss sich der Slowene am Dienstag wegen dieses Vorwurfs vor Gericht verantworten. Der Strafrahmen beträgt nun allerdings nicht mehr drei Jahre, sondern zwei.

Mehr zum Gerichtsverfahren lesen Sie hier: Terror in Wien - Mutmaßlicher Waffenhändler vor Gericht

Zadic ordnete dienstrechtliche Prüfung an

Deutliche Worte hat Justizministerin Alma Zadic (Grüne) nach Bekanntwerden des Irrtums gefunden.  "Die Teileinstellung gegen Marsel O. ist ein inakzeptabler Fehler, der klare Konsequenzen nach sich ziehen muss", meinte Zadic am Samstagnachmittag.

Deshalb habe sie sofort eine dienstrechtliche Prüfung der Causa einleiten lassen, hielt die Ministerin gegenüber der APA fest. "Damit sich solche Fehler in Zukunft nicht wiederholen können, habe ich zudem weitere Schritte zur Stärkung der internen Fachaufsicht sowie strukturelle Änderungen in der betroffenen Behörde angeordnet. Denn wir tragen hier eine Verantwortung, insbesondere gegenüber den Opfern und deren Angehörigen", sagte Zadic weiter.

Kritik kam auch aus der ÖVP. Das grobe Versagen der Staatsanwaltschaft sei nicht zu tolerieren, meinte Generalsekretär Christian Stocker. Hier einfach von einem simplen Irrtum zu sprechen und zur Tagesordnung überzugehen, sei inakzeptabel. Es handle sich immerhin nicht um einen Routinefall, sondern um einen der bekanntesten strafrechtlichen Fälle der vergangenen Jahre. Er sei sich sicher, dass die Justizministerin an der lückenlosen Aufklärung dieses Vorfalls Interesse habe und auch im Sinne der Transparenz die Öffentlichkeit über alle weitere Schritte informiere. Eine Entschuldigung gegenüber den Angehörigen der Opfer wäre angebracht.

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