Der KURIER berichtete bereits, dass Marsel O. am Dienstag vor Gericht steht.
Er soll im Juni 2020 und im September 2020 nach Wien gereist sein, um Kujtim F. mit Schusswaffen zu versorgen. Beim ersten Treffen soll er ein Sturmgewehr übergeben haben. Später eine Pistole. DNA-Spuren belasten den Mann.
Anderes Verfahren
Doch der Name Marsel O. tauchte auch in einem anderen Verfahren auf. Auch hier ging es um Waffen. In diesem Komplex spielte Marsel O. aber nur eine Nebenrolle. Die zuständige Staatsanwältin wollte das Verfahren gegen ihn einstellen - und hier dürfte der folgenschwere Fehler passiert sein. Eingstellt wurde in Wirklichkeit das Verfahren rund um die Übergabe des Sturmgewehrts an Kujtim F. - das falsche Verfahren also.
"Der Fehler ist schon 2021 passiert. Aufgefallen ist es erst bei der Aufarbeitung durch eine Kollegin", bestätigt Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien.
Vom Tisch
Das Problem: Ist ein Verfahren erst einmal eingestellt, kann es nicht mehr aufgenommen werden. Das große Glück der Ankläger: Marsel O. wird nicht nur die Übergabe des Sturmgewehrs, sondern auch die Übergabe einer Pistole vorgeworfen. Die war von der Einstellung nicht betroffen.
Und so muss sich der Slowene am Dienstag wegen dieses Vorwurfs vor Gericht verantworten. Der Strafrahmen beträgt nun allerdings nicht mehr drei Jahre, sondern zwei.
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Zadic ordnete dienstrechtliche Prüfung an
Deutliche Worte hat Justizministerin Alma Zadic (Grüne) nach Bekanntwerden des Irrtums gefunden. "Die Teileinstellung gegen Marsel O. ist ein inakzeptabler Fehler, der klare Konsequenzen nach sich ziehen muss", meinte Zadic am Samstagnachmittag.
Deshalb habe sie sofort eine dienstrechtliche Prüfung der Causa einleiten lassen, hielt die Ministerin gegenüber der APA fest. "Damit sich solche Fehler in Zukunft nicht wiederholen können, habe ich zudem weitere Schritte zur Stärkung der internen Fachaufsicht sowie strukturelle Änderungen in der betroffenen Behörde angeordnet. Denn wir tragen hier eine Verantwortung, insbesondere gegenüber den Opfern und deren Angehörigen", sagte Zadic weiter.
Kritik kam auch aus der ÖVP. Das grobe Versagen der Staatsanwaltschaft sei nicht zu tolerieren, meinte Generalsekretär Christian Stocker. Hier einfach von einem simplen Irrtum zu sprechen und zur Tagesordnung überzugehen, sei inakzeptabel. Es handle sich immerhin nicht um einen Routinefall, sondern um einen der bekanntesten strafrechtlichen Fälle der vergangenen Jahre. Er sei sich sicher, dass die Justizministerin an der lückenlosen Aufklärung dieses Vorfalls Interesse habe und auch im Sinne der Transparenz die Öffentlichkeit über alle weitere Schritte informiere. Eine Entschuldigung gegenüber den Angehörigen der Opfer wäre angebracht.
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