Runder Tisch in Wien gegen Demos am Ring

Die Polizei untersagte die Demo „Rasen am Ring“. Der Verfassungsgerichtshof hob das „Verbot“ auf.
Sogar Rathausparteien wollen keine Spaß-Events auf der Wiener Prachtstraße.

Am Sonntag ziehen die Marathonläufer auf der gesperrten Wiener Ringstraße an den Prunkbauten vorbei. Doch nicht alle haben eine Freude damit. Erstmals gab es eine zweitägige partielle Ringsperre wegen einer neuen Route beim der Laufveranstaltung. Zusätzlich wurden Teile der Prunkstraße schon Freitag ab 20 Uhr von der Stadiongasse bis zur Schottengasse gesperrt. Und am Samstagnachmittag verwandelte sich der Burgring bis zum Parlament auch zur Demo-Meile. Grund: Proteste des Verbands der Fachhändler zur Förderung der elektrischen Dampfgeräte gegen die "Bevormundungspolitik".

Im Jahr 2015 musste die Hauptverkehrsader rund um die Innenstadt alle 3,5 Tage für Demonstrationen und Events von der Polizei und der Stadt Wien (MA 36 Veranstaltungswesen) zur Verfügung gestellt werden.

Ausnahmezustand

"Der Ausnahmezustand ist in der City zur Regel geworden. Umsätze und Jobs brechen weg. Die Lage ist ernst, es braucht Lösungen statt politischer Lippenbekenntnisse", fordert Rainer Trefelik, Obmann der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer. Er stellt das Demonstrationsrecht nicht infrage, will aber Spaß-Events wie etwa "Rasen am Ring" eindämmen.

Der Vize-Chef des Versammlungswesens der Wiener Polizei, Stefan Kickinger, macht dem Wirtschaftsfunktionär keine großen Hoffnungen: "Es gibt so gut wie keine Untersagungen von Spaß-Demos mehr. Dafür sorgte ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes." 2011 untersagte die Polizei die Veranstaltung "Rasen am Ring" (dabei entrollen Aktivisten Rollrasen auf der Fahrbahn und protestieren für eine autofreie Prunkstraße). Der Verfassungsgerichtshof kippte die Polizei-Entscheidung 2013. Argument: Verkehrsbehinderungen können durch Umleitungen entschärft werden. Seitdem besetzen Aktivisten ein Mal jährlich die Straße. "Nach der Verfassung dürfen angemeldete Demos nur untersagt werden, wenn die öffentliche Sicherheit gefährdet ist oder strafrechtliche Handlungen zu erwarten sind", sagt Kickinger.

Gerhard Kubik, Verkehrssprecher der Wiener SPÖ, ärgert sich über das "Ausreizen des Demonstrationsrechtes": "Werden Veranstaltungen nicht genehmigt, dann werden sie eben als Demos angemeldet." ÖVP-Klubobmann Manfred Juraczka fordert einen runden Tisch: "Es darf sich nicht jeder Veranstalter den Ring aussuchen."

Grünen-Verkehrssprecher Rüdiger Maresch argumentiert ähnlich: "Eine Bademantel-Demo für Udo Jürgens oder eine Werbeveranstaltung für Tom Cruise haben auf dem Ring nichts verloren." Und VP-Sprecher Anton Mahdalik fordert Demo-Zonen: Parlamentsvor-, Rathaus- oder Ballhausplatz kämen infrage. Die City gehört von Spaß-Demos befreit." Bettina Emmerling, Neos-Verkehrsexpertin, will verstärkte Transparenz: "Die Veranstalter müssen genau erklären, wie viele Teilnehmer und welchen Hintergrund die Demo hat. Es gibt auch andere Plätze als den Ring."

Die für Veranstaltungswesen zuständige Stadträtin Ulli Sima, SPÖ, gibt den Kritikern recht: "Es gibt Problemfälle bei Demos. Diese Events am Ring stören viele Bürger."

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