Im Umfeld Blümels sah man das als Kriegserklärung. (Als solche war das Treffen auch gemeint.) Was viele besonders ärgert: Dem Vernehmen nach gab es kurz zuvor klärende Gespräche, in denen beide ÖVP-Lager beschlossen, gemeinsam für ein gutes Ergebnis in die Wahl zu ziehen.
Der Konflikt ist nicht gerade neu – und dreht sich unter anderem um Alexander Biach, der als Vize-Direktor der Wirtschaftskammer und Wiener Standortanwalt in gutem Kontakt mit der SPÖ steht.
Biach gilt als Vertrauter von Ruck und kommt immer ins Spiel, wenn in Wien über eine SPÖ-ÖVP-Koalition nachgedacht wird. Ruck selbst will nicht in die Stadtregierung, das hat er glaubhaft kundgetan. Gegen einen Vertrauten an der Seite Ludwigs – also Biach – hätte er freilich nichts.
Der Wirtschaftskammer-Chef ist Wiederholungstäter. Ruck sucht immer wieder die Nähe von Ludwig. Und Ludwig jene von Ruck. Die beiden haben abseits der politischen Realitäten „ihre eigene Koalition geschlossen – mit dem Unterschied, dass sie nie streiten“, behaupten böse Zungen.
Auch Wahlen halten die beiden nicht davon ab: Während des Wirtschaftskammer-Wahlkampfs etwa inserierten sie sich gemeinsam mit Ehefrauen beim Weihnachtseinkauf. Der Gastro-Gutschein, den die ÖVP kritisiert, ist ein gemeinsames Projekt. In der Debatte um das City-Fahrverbot zog man (unter anderem gegen den türkisen Bezirkschef Markus Figl) an einem Strang. Am vergangenen Dienstag, wenige Tage vor der Wahl, gab man eine gemeinsame Pressekonferenz.
Im KURIER-Interview erteilte Ruck nun auch der türkisen Forderung nach einer frühen Sperrstunde eine Absage. Sein Argument: Er sei im Recht. „Wenn das Richtige unbequem ist, ist es unbequem, aber trotzdem richtig.“
Man könnte es – in Anlehnung an ein altes Zitat – freilich auch anders formulieren: Dem ÖVP-Wirtschaftsbund-Obmann Ruck ist es schlicht egal, wer unter ihm Wiener ÖVP-Chef ist. Seine Zugewinne bei der Kammer-Wahl stärken ihn. Die Abneigung gegenüber Blümel verhehlt man im schwarzen Lager gar nicht. Auch die Funkstille, die derzeit herrscht, ertrage man gut: „Dann reden sie halt nicht mit uns.“
Die Gründe für den Streit sind vielschichtig. Nicht eben zur Freundschaft beigetragen hat, dass das Team rund um Kanzler Sebastian Kurz verhindert haben soll, dass Ruck Präsident der Wirtschaftskammer Österreich wurde. Der Posten ging an Harald Mahrer.
Auch die Ausrichtung der ÖVP missfällt Ruck. Er forderte ein Bleiberecht für Asylwerber in der Lehre – entgegen der Linie der damaligen ÖVP-FPÖ-Regierung. Dass die Wiener ÖVP nun „ihr politisches Spektrum in Richtung rechts erweitere“, um blaue Wähler abzuholen, dafür zeigen die Schwarzen Verständnis. „Dass man es nach rechts verschiebt, ist nicht tragbar.“
Ganz so mächtig, wie das Ruck-Lager sich gibt, ist es innerhalb der ÖVP derzeit aber nicht. Das zeigte sich bei der Listenerstellung für die Wien-Wahl. Alexander Biach kam nicht auf die Landesliste. In seinem Wahlkreis wurde er nur auf Platz vier gereiht. Auf Platz zwei steht dort Markus Gstöttner, stellvertretender Kabinettschef des Kanzlers. Auch das ist kein Zufall.
Wie es weitergeht, darüber entscheidet der Sonntag: Schneidet Blümel schlecht ab, will das schwarze Lager angeblich revoltieren. Wann das Wahlergebnis als schlecht gilt, ist nicht überliefert.
Eine Anekdote am Rande: Ganz freiwillig dürfte EU-Vertreter Selmayr, der der CDU nahesteht, das Treffen mit Ruck und Ludwig nicht angetreten haben. Dass ein Fotograf anwesend sein wird, hat man Selmayr vorab gar nicht erzählt ...
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