Wien: Wo wohnungslosen Müttern und ihren Kindern geholfen wird

Im Stiegenhaus des Zinshauses im 15. Bezirk hängen schon die bunten Papiergirlanden für die Feier, die später am Tag stattfinden wird. Das Caritas-Mutter-Kind-Haus Luise – eines von drei Mutter-Kind-Häusern der Caritas in Wien und von zehn in ganz Österreich – wird 15 Jahre alt.
Außerhalb des Hauses ist das Thema obdach- und wohnungslose Mütter und Kinder in der Gesellschaft dafür nicht sehr präsent, wie Haus-Luise-Leiterin Claudia Ferner-Unger beim Pressegespräch anlässlich des bevorstehenden Muttertags anmerkt. Zu schambesetzt das Thema, zu groß die Angst der Betroffenen, dass ihnen das Kind weggenommen wird, sobald sie um Hilfe fragen. "Auch darum kommen die Frauen meist erst relativ spät zu uns, schlafen mit ihren Kindern auf Sofas bei Freunden oder gehen problematische Zweckbeziehungen ein", erzählt sie.
"Habe hier zu meiner Stärke gefunden"
Wenn sie dann im Haus Luise sind, geht es zunächst darum, dass die Frauen wieder "in die Selbstwirksamkeit kommen. Sie haben ihr ganzes Leben lang gehört, was sie nicht können. Wir wollen ihnen zeigen, was sie können", sagt Ferner-Unger. Bis zu 250 Platzanfragen gibt es hier im Jahr.
Eine davon kam vor rund elf Jahren von E. „Ich hatte nicht die prickelndste Jugend“, beschreibt sie ihre Vorgeschichte vorsichtig. Als sie dann mit Anfang 20 im sechsten Monat schwanger war, hatte sie keine Perspektive: Lehre ohne Abschluss, kein Einkommen, kein Zuhause. Über ein Frauenhaus kam sie ins Haus Luise – und fühlte sich sofort aufgefangen. Ihre heute fast elfjährige Tochter kam hier zur Welt, gemeinsam blieben sie zweieinhalb Jahre. „Ich bin hier gemeinsam mit meiner Tochter gewachsen“, erzählt E., „ich habe zu meiner Stärke gefunden und sie nie wieder verloren.“
Armut in Österreich
Ihre Geschichte ist nur eine von vielen, die hinter der Bilanz von 15 Jahren Haus Luise stehen: 1.171 Müttern und 1.529 Kindern konnte hier seit der Eröffnung bereits geholfen werden, wie Caritasdirektor Klaus Schwertner ausführt. „Das sind keine Einzelfälle“, sagt er, während aus dem Stiegenhaus helle „Mamaaa!“-Rufe zu hören sind.
Laut aktueller EU-Statistik sind in Österreich derzeit 276.000 Frauen von Armut betroffen. 79.000 Kinder wachsen in Armut auf. Mehr als ein Drittel aller Ein-Eltern-Haushalte ist in Österreich armutsgefährdet. „Die Zahlen decken sich mit den Beobachtungen aus unseren Einrichtungen. In unserer Sozialberatungsstelle in Wien haben wir allein im Vorjahr 16.500 Personen unterstützt – 55 Prozent von ihnen waren Frauen“, sagt Schwertner.
Sein Appell an die Regierung angesichts geplanter Einsparungen im Sozialbereich: „Wir verstehen, dass der Schuldenberg abgebaut werden muss – aber es darf kein Sparen auf dem Rücken von armutsbetroffenen Müttern und ihren Kindern geben.“
Den Kontakt zum Haus Luise hat E. nie abreißen lassen. „Ich weiß, dass mir hier nichts passieren kann und ich immer guten Rat bekomme.“ Sie lebt heute gemeinsam mit ihrer Tochter in einer Wohnung. „Ich bin glücklich.“