FPÖ wirbt mit Zeitungsente

Abdalla findet den Flyer der FPÖ-Margareten „hässlich“ .
Blaue warnen auf Flyer mit falschem Bericht vor Terroristen. Ein Betroffener ist erbost.

Karim Beib-Abdalla sieht nicht aus wie ein Terrorist. Er denkt nicht wie ein Gotteskrieger. Und er sagt Sätze wie: "Ich lehne die Ideologie der Terroristen strikt ab."

FPÖ wirbt mit Zeitungsente
Plakat, FPÖ
All das ändert nichts an Karims Ruf, ein gefährlicher Dschihadist zu sein. Die Nachrede hält sich hartnäckig, seit das GratisblattHeutemit einem Bericht über eine vermeintliche Terror-Zelle eine Zeitungsente produziert hat. Ein ängstlicher Exekutor, der einen Säbel und eine schwarze Flagge in Abdallas Wohnung erblickt hatte, löste Terroralarm aus. 60 Polizisten stürmten daraufhin die Wohnung. Tags darauf dementierte ein Polizeisprecher: Es wurden keine Maschinenpistolen und keine IS-Flaggen gefunden; die Terrorgefahr habe sich nicht erhärtet. Medien berichteten über den falschen Dschihad-Alarm.

An der Bezirks-FPÖ Margareten gingen diese Dementis offenbar spurlos vorüber – denn sie greift den Bericht auf, um den betreffenden Gemeindebau mit einem Flugblatt Stimmung zu machen. Der Tenor: "Wussten Sie, dass in Ihrer Nachbarschaft Terroristen wohnen?"

Es ist Freitagmittag und Karim Beib-Abdalla grinst, als er die Tür öffnet: "Hallo, ich bin’s, der angebliche Dschihadist." Er führt vorbei an der schwarzen Flagge mit arabischem Schriftzug an der Wand, am Säbel auf der Kommode, der aussieht, als stamme er aus einem Abenteuer von Sindbad, und an den Wasserpfeifen und dem Gebetsteppich am Boden der Gemeindebau-Wohnung.

"Kein Verständnis"

Aus dem gläubigen Sohn eines Ägypters und einer Wienerin sprudelt es wie aus einem Wasserfall heraus. "Menschlich gesehen", sagt er, "habe ich kein Verständnis für ihn." Er meint den Gerichtsvollzieher. Um dann gleich zu relativieren: "Ich bin informiert. Ich weiß, dass der Terror nichts mit dem Islam zu tun hat." Doch das könne "doch nicht jeder wissen".

FPÖ wirbt mit Zeitungsente
Bundesratmitglied Hans-Jörg Jenewein (FPÖ)
Tags darauf legte die Gratiszeitung nach – und brachte ein unkenntlich gemachtes Foto Karims von dessen Facebook-Account. "Da wird Bezug zur IS hergestellt", sagt der 22-Jährige. Im Freundeskreis seien solche Anspielungen zwar ein makaberer Running-Gag. Doch jetzt haben auch flüchtig Bekannte ihn und seine Mutter darauf angesprochen. Einer seiner drei Mitbewohner habe gar seinen Job verloren, weil Verfassungsschützer am Arbeitsplatz aufgetaucht waren.

Im Gemeindebau landete der FPÖ-Flyer in allen Postkästen – nur in Karims nicht. Beim Vorbeigehen zeigt er, wie jemand "ISS" (sic!) in den Postkasten geritzt hat. "Hässlich" sei der Postwurf, sagt er. Für eine Klage fehle das Geld. Hans-Jörg Jenewein, FPÖ-Bezirksparteiobmann und Landesparteisekretär, hält am Postwurf fest: "Der Fall ist nicht so substanzlos wie dargestellt." Er habe gegenteilige Infos – und warte eine parlamentarische Anfragebeantwortung ab. Karims Nachbarin, eine geflüchtete Syrerin, grüße ihn seit dem Vorfall nicht mehr. "Ich habe früher auf ihre Kinder aufgepasst, jetzt schaut sie mir nicht einmal mehr in die Augen."

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