Arbeitslosenhotspot oder nicht? Wie es um Wien wirklich bestellt ist

Wien als Arbeitslosenhotspot? Seit dieser Woche ist einmal mehr eine hitzige Debatte über Beschäftigung in der Bundeshauptstadt entbrannt.
Wien, so viel steht fest, hatte im Juni mit 11,3 Prozent die mit Abstand höchste Arbeitslosenquote aller Bundesländer; das zweitschlechteste Bundesland ist das Burgenland mit 6,1 Prozent. Beide Bundesländer sind SPÖ-regiert. Das ist aber nur eine Seite der Medaille, wie ein Blick in die Statistiken zeigt – zur Vergleichbarkeit wurden immer die Zahlen vom Juni der jeweiligen Jahre herangezogen.
Harsche Kritik
Die Opposition wartete jedenfalls umgehend mit harten Worten auf. Die hohen Arbeitslosenzahlen seien das Ergebnis „der verheerenden Politik der Ludwig-SPÖ. Durch jahrelange Willkommenspolitik und horrende Sozialleistungen“, erklärte etwa Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp via Aussendung.
Das ist in mehrerlei Hinsicht nicht korrekt. Konkret lag die Arbeitslosigkeit 2015 bei 13,2 Prozent und war damit höher als heute. Damals hatte zum einen die große Flüchtlingswelle noch nicht eingesetzt – und zum anderen war Michael Ludwig (SPÖ) noch gar nicht im Amt, auch die Neos waren nicht in der Regierung.
Spannend wird es auch, wenn man sich die Auswirkungen der Corona-Pandemie ansieht. 2020 waren die Arbeitslosenzahlen naturgemäß in allen Bundesländern sehr hoch, in Wien stieg sie sogar auf 16,2 Prozent. Aber sie fiel dort auch wieder genauso eklatant.

Corona-Nachwirkungen
Oberösterreich, die Steiermark, Vorarlberg und Tirol stehen hingegen jetzt wesentlich schlechter da als vor der Pandemie – allesamt ÖVP-regierte Bundesländer.
Wien, Burgenland und Salzburg haben in etwa die gleichen Werte wie 2019. Kärnten, geführt von Peter Kaiser (SPÖ), und Niederösterreich, regiert von Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) haben viel geringere Arbeitslosenquoten als damals.
Bei einer Beurteilung des Arbeitsmarkts darf man zudem die Beschäftigungszahlen nicht außer Acht lassen. Und hier hat Wien die Nase vorne. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 hat die Bundeshauptstadt ein Plus von satten 8,28 Prozent. Dieser Erfolg schmälert sich nicht, wenn man die Zahlen mit dem Bevölkerungswachstum in Relation setzt. Seit 2019 ist die Bevölkerung in Wien um 6,8 Prozent angewachsen. Der Beschäftigungsanstieg ist also höher als das Bevölkerungswachstum. In Oberösterreich und Salzburg verhält es sich umgekehrt.
Die eklatanteste positive Abweichung verzeichnet übrigens das Burgenland: Während die Bevölkerungszahl hier um 2,41 Prozent gestiegen ist, liegt das Beschäftigungswachstum bei 6,43 Prozent.
„Die aktuellen Medienberichte zur Arbeitsmarktsituation in Wien zeichnen ein einseitiges und verzerrtes Bild“, ärgert sich darum Wirtschaftsstadträtin Barbara Novak (SPÖ). Sie verwies auf Arbeitsmarktprogramme wie das Wiener Ausbildungsgeld oder die Joboffensive für Jugendliche. Wohl eine Replik auf Wiens ÖVP-Parteiobmann Markus Figl, der verlauten ließ, dass „SPÖ und Neos tatenlos“ der Entwicklung zusehen.
Die rote Stadträtin forderte zudem ein, in der politischen Debatte anzuerkennen, dass Tausende Pendlerinnen und Pendler in Wien Arbeit Arbeit fänden.

Zu wenig Jobs
Nur auf das Positive fokussieren darf man sich dennoch nicht. AMS-Chef Johannes Kopf warnte vor wenigen Tagen im ORF, dass Wiens starkes Bevölkerungswachstum das Jobwachstum übertreffe. Wie das mit hohen Beschäftigtenzahlen einhergeht? Die absolute Zahl an Arbeitslosen ist mit 9,9 Prozent noch stärker gewachsen als jene der unselbstständig Beschäftigten.
Rot-Pink hat in seinem Regierungsprogramm jedenfalls eine „aktive Arbeitsmarktpolitik“, insbesondere für Frauen und Jugendliche, angekündigt.
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