„Und das seit 43 Jahren“
Dübel aus Holz, Schrauben in allen Formen und Größen, sogar Tischtuchklammern: Er weiß genau, in welcher Lade des Schubkastens hinter der Budel sich was verbirgt. Mit nur einem Handgriff erfüllte der gelernte Elektrotechniker seiner Kundschaft jeden erdenklichen Wunsch. „Und das seit 43 Jahren.“
Die Laden sind übrigens fast so alt wie der Laden: „Die haben meine Oma und mein Opa extra vom Tischler fertigen lassen – jede einzelne ist ein Unikat, ist innen anders gestaltet.“
Doch am Samstag, dem 30. Dezember, um 18 Uhr ist es aus, hört Christian Balatka auf, sperrt er seinen Laden für immer zu. Er hat sich das gut überlegt: „Wenn du Tag für Tag arbeitest und am Ende Rechnungen mehr schlecht als recht bezahlen kannst, dann ergibt das irgendwann keinen Sinn mehr.“
Die Pandemie habe sein Erspartes aufgefressen. Sagt der Nahversorger für Handwerker und Haushaltsgeräte-Käufer zwischen Unter Sankt Veit und Mariahilf. Der Krieg in der Ukraine bzw. die damit verbundene Teuerungswelle habe ihn endgültig finanziell „erdrückt“, so Balatka.
„Über den Sommer ist meine Entscheidung gereift“, sagt der Inhaber eines Wiener Familienbetriebs in dritter Generation. In 43 Jahren war er nie länger als einen Tag krank. „Im Sommer hätte ich noch geweint, jetzt habe ich mich mit meiner Situation so weit abgefunden und freue mich über all die schönen Jahre, die ich hier herinnen verbringen durfte.“
„Der Abverkauf läuft“
Derzeit sind Christian Balatka und seine treue Verkäuferin auch einigermaßen abgelenkt: „Der Abverkauf läuft, und er läuft bis jetzt ganz gut.“
Berührende Szenen sind in der Eisenwarenhandlung zu beobachten: Etwa wenn der Vertreter der Firma Riess einen Umweg fährt, um sich für die jahrelange freundliche und gedeihliche Zusammenarbeit zu bedanken, und nicht vergisst hinzuzufügen: „Es ist so schade, dass Sie aufhören.“
Kunden von nah und fern schauen in diesen Tagen vorbei, folgen dem Hilferuf ihres vertrauten Händlers, der möglichst viele Posten in Geld verwandeln muss, um sich im Jänner die Räumung leisten zu können.
Die Reaktionen der Leute freuen ihn sehr: „Die meisten zeigen sich betroffen, finden es schade, dass sie nicht mehr zu mir kommen können. Es gibt auch Kunden, die sagen, dass sie schon bei meiner Mutter eingekauft haben. So ein Geschäft kann man nur mit viel Herzblut führen. Ich glaube, dass das auch viele bemerkt haben.“
„Drei-Mäderl-Haus“
Was bleibt, ist Erinnerung: „Der Opa starb im Krieg, die Oma hat dann mit ihren drei Töchtern den Laden geführt.“ Irgendwann haben die Leute „Drei-Mäderl-Haus“ gesagt – dabei schwang auch Hochachtung mit, wie die Mutter von Christian Balatka erzählt hatte: Die drei jungen Frauen wurden von den durchwegs männlichen Handwerkern für ihre Sachkompetenz gelobt.
Die geplante Aufwertung der äußeren Mahü kommt für das Fachgeschäft auf Nr. 170 zu spät. Ein paar Tage noch, dann ist Schluss. Wer ihm noch die Aufwartung machen möchte, kann das noch bis 30. Dezember tun, täglich von 9.30 bis 18 Uhr.
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