Wie Wien um internationale Firmen wirbt

Peter Hanke und Walter Ruck – im Bild mit Londons Vizebürgermeister Rajesh Agrawal – holten sich Ideen aus Großbritannien
Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) will innovative Unternehmen nach Wien bringen - mit mehr Offenheit und weniger Bürokratie.

Peter Hanke spielt gedankenverloren mit seinem goldenen Siegelring. Krawatte und Stecktuch sind penibel aufeinander abgestimmt. Und nur das Lächeln sitzt noch ein bisschen perfekter als der Anzug.

Gleich wird der Wiener Wirtschaftsstadtrat von Philip Young empfangen. Vor wenigen Jahren hat das Wirtschaftsmagazin Forbes Young auf seine renommierte Liste der „30 unter 30“ gesetzt. Heute leitet er die Abteilung für „Strategic Policy Delivery“ bei „Digital Catapult“ in London. Das Unternehmen vernetzt Start-ups mit Industrie und Forschern, um die Entwicklung digitaler Technologien voranzutreiben.

Als Young um die Ecke biegt, prallen Welten aufeinander. Hankes Wiener Delegation hat sich herausgeputzt. Young wirkt im blau-grauen Pullover, in den er den Kragen des Hemds gestopft hat, eher wie ein BWL-Student. 90 Minuten lang wird er erzählen, wie Innovation gedeihen kann. In Youngs Welt will die Delegation, der auch die Spitzen der Wiener Wirtschaftskammer angehören, eintauchen.

Brexit als Chance

Man ist nach London gekommen, um Wien in Zeiten des Brexit als modernen Wirtschaftsstandort zu präsentieren. Und um sich Ideen zu holen. Einige Ansätze formuliert Hanke auch sogleich: „Wir müssen lernen, wie Kooperationen von Privaten, Industrie und Stadt noch besser funktionieren können. Und wir müssen offener werden, rascher reagieren.“ Wie er das meint? „Im österreichischen Förderwesen ist alles auf Punkt und Beistrich geregelt.“ Bürokratie erschwere es, „gute Ideen in die Produktion zu bringen“.

Wie Wien um internationale Firmen wirbt

Der eine im Stecktuch (Stadtrat Peter Hanke), der andere im Pullover (Philip Young, Unternehmer und Start-ups-Vernetzer)

Ideen gäbe es in London genug. Und auch Interessenten, die die ihren nach Wien bringen könnten. So wie Richard Grethe von „Random42“, ein Unternehmen für „fortgeschrittene medizinische Kommunikation“.

Klingt sperrig, ist es aber nicht. Zumindest nicht, sobald Grethe den Laptop öffnet. Er nimmt einen mit auf eine virtuelle Reise durch den menschlichen Körper. Chromosome, Blutplättchen, Nervenstränge rasen auf einen zu. 3D-Filme im Kino könnten kaum Besseres leisten. Zu Grethes Kunden zählen große Pharma- und Bio-Tech-Firmen. Nun will er expandieren: „Wien hat sich in der Branche einen Namen gemacht, die Nähe zu Deutschland und Osteuropa ist ideal.“

Bei der Delegation stößt das auf offene Ohren: „Wir müssen größer werden, um Firmen anzulocken“, sagt Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien. Er will nicht nur Wien, sondern den gesamten Wirtschaftsraum bis Bratislava, Eisenstadt und Brünn gemeinsam vermarkten: „Es braucht Zusammenarbeit statt Ellbogen.“

Young hätte es in seinem Vortrag tags zuvor nicht besser formulieren können.

Kommentare