Warum Patienten am Gangboden gelandet sind

AKH legt Fokus auf Kinder- und Jugendbereich
AKH Wien. Dass Patienten im Spital am Boden liegen müssen, komme laut Experten äußerst selten vor. Unter bestimmten Umständen sei eine „bodennahe Pflege“ aber durchaus angebracht

Für heftige Diskussionen sorgt der KURIER-Bericht über Bilder, die aus der Unfallchirurgie des Wiener AKH aufgetaucht sind. Auf ihnen ist zu sehen, dass Patienten am Boden des Ganges untergebracht werden.

Wie berichtet, begründet das AKH die Maßnahme damit, dass es sich um eine verwirrte Patientin gehandelt habe. Um einen Sturz aus einem Bett zu verhindern und sie laufend beobachten zu können, habe man sich für diese Maßnahme als im Vergleich zu einer Fixierung gelinderes Mittel entschieden.

Tatsächlich ist in solchen Fällen laut einem AKH-internen Merkblatt eine Betreuung in Niederflurbetten bzw. eine „bodennahe Pflege“ sowie eine stützpunktnahe Unterbringung als Option angeführt. Laut einer AKH-Sprecherin waren in besagter Nacht (13. auf 14. Februar) zwei Patienten am Boden untergebracht. Im Laufe des Jahres waren es bis dato vier.

Seltenheit

Im Gegensatz zu Gangbetten kommt die Unterbringung von Spitalspatienten am Boden generell nur sehr selten vor. „In den vergangenen drei Jahren ist mir kein Fall untergekommen“, sagt Michaela Wlattnig, Sprecherin der Arge Patientenanwälte. Dennoch lautet ihre Einschätzung: „Soweit sich das mit den vorliegenden Infos beurteilen lässt, hat das AKH-Personal nicht viel falsch gemacht.“ Aber es handle sich um „keine schönen Bilder, die vermieden werden sollten“. Angesichts der erwartbaren wachsenden Zahl an dementen Spitalspatienten müssten dringend entsprechende Strukturen geschaffen werden.

Zur Verhinderung von Sturzverletzungen sei die „bodennahe Pflege“ durchaus ein anerkanntes Mittel, sagt Grainne Nebois-Zeman von der Bewohnervertretung, die die Patientenrechte sicherstellt. Sie betont, dass man jeden einzelnen Fall individuell zu bewerten habe. Aus ihrer Erfahrung weiß sie, dass das Personal sehr häufig eine Boden-Betreuung ablehnen würde – angesichts des relativ hohen Aufwands und der verstörenden Optik.

„Grundsätzlich ist aber weniger die Betreuung am Boden das Problem, sondern, dass diese am Gang stattfindet“, sagt sie zum KURIER. „Denn dadurch wird die Privatsphäre des Patienten erheblich verletzt.“

„Es ist schwer zu bewerten, wie akut die Situation im AKH tatsächlich war“, sagt Elisabeth Potzmann, Präsidentin des Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes. „Zu berücksichtigen ist, wie wenig Personal vorhanden war und wie viel Betrieb in dieser Nacht war.“

Zwischen der Unterbringung am Boden und der Fixierung eines Patienten gebe es laut Expertin aber einige Möglichkeiten, einen Sturz zu vermeiden. Etwa Niederflurbetten, die auf eine Höhe von 20 cm abgesenkt werden können. Eine weitere seien Sitzwachen, die sich durchgehend am Bett des Patienten befinden.

Praktische Hürden

An sich könne man zur Beobachtung von unruhigen Patenten von einem externen Partner Sitzwachen anfordern, sagt dazu die AKH-Sprecherin. Wenn Patienten aber erst in der Nacht auf die Station kommen, sei das mitunter nicht möglich.

Im Vorjahr wurde am AKH für rund 2.000 Pflegetage (von insgesamt 500.000) eine Sitzwache angefordert. Der Einsatz von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen wurde dadurch um rund 35 Prozent gesenkt.

Im konkreten Fall sei sogar ein Zivildiener als Sitzwache im Zimmer gewesen, diesem sei es aber nicht gelungen, die Patientin zu beruhigen. Deshalb habe man sie in der Nähe des Stützpunktes untergebracht, so die Sprecherin.

Ein weiteres Problem: Die im AKH verwendeten Niederflur-Betten können nur auf 52 cm abgesenkt werden. Damit bleibe die Verletzungsgefahr bestehen. Ob man Handlungsbedarf sieht? „Grundsätzlich ist es immer sinnvoll“, so die Sprecherin, „sich über Verbesserungsmöglichkeiten Gedanken zu machen.“

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