Vor der Wien-Wahl: Die Bilanz von Wiens erstem Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky

In Breitenlee wird am ehemaligen Verschiebebahnhof ein Naturschutzareal entstehen – eines von vielen Projekten
Jürgen Czernohorszky (SPÖ) wirkt immer gut gelaunt, bei Presseterminen probiert er mitunter verspielt Spielgeräte in neuen Parks aus. Damit bringt er ein bisschen Leichtigkeit in das oft verbissen diskutierte Thema Klima, für das er als Stadtrat seit 2020 zuständig ist.
Ernsthaftigkeit in der Sache kann man ihm aber nicht absprechen: Wien soll bis 2040 klimaneutral werden – bis dahin sollen Raumwärme und Warmwasser in Gebäuden ausschließlich erneuerbar bereitgestellt werden. Keine leichte Aufgabe, derzeit sind schließlich noch 600.000 Gasheizungen in Wiens Wohnungen verbaut.

Jürgen Czernohorszky beim Gespräch mit dem KURIER im umgestalteten Donaupark
Unter Czernohorszky wurde darum ein „Wiener Wärmeplan 2040“ erstellt. Dafür wurde erst der gesamte Gebäudebestand des Stadtgebiets festgehalten und anhand der gewonnenen Daten aufgezeigt, wie die Wärmeversorgung von Gebäuden ohne fossile Energieträger aussehen könnte. Hier wird es vor allem auch auf die Finanzierung und den Willen der Wienerinnen und Wiener ankommen.
Die Grünen finden durchaus positive Worte für seine Arbeit, wenn auch mit einem Aber: „Der Rahmen des Klimafahrplans oder beim Photovoltaikausbau ist begrüßenswert. Bei den großen Hebeln in Wien fehlt dem Klimastadtrat aber die Ressortzuständigkeit, dadurch gibt es nach wie vor viel Aufholbedarf“, so Spitzenkandidatin Judith Pühringer. Klimarelevante Bereiche wie Verkehr liegen bei Stadträtin Ulli Sima oder der für den Gasausstieg wichtige Bereich Wohnbau bei Kathrin Gaál (beide SPÖ).
Hitze wollen alle Parteien reduzieren – aber mit unterschiedlicher Härte
Hitzeinseln reduzieren und – zumindest im kleinen Rahmen – Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung wollen alle Parteien. In der Ausrichtung gibt es aber eklatante Unterschiede. Das zeigen auch die Antworten, die die Parteien auf einige Fragen des Wahlorientierungshilfe-Tools Wahlkabine.at gegeben haben.
Auf die Frage, ob auf Kosten von Parkplätzen mehr Bäume gepflanzt werden sollen, haben etwa ÖVP, Team HC und FPÖ mit Nein geantwortet, SPÖ, Grüne, Neos und KPÖ/Links hingegen mit Ja. Die Gegner fordern im Falle des Falles unter anderem Tiefgaragen. Die SPÖ weist darauf hin, dass Entsiegelung und Renaturierung unabhängig von Parkplätzen erfolge. Die Neos relativieren ihre Antwort ebenfalls etwas: „Die wahllose Streichung von Parkplätzen ergibt keinen Sinn, aber diese werden durch einen Ausbau von Sharing- und On-Demand-Mikromobilitätssystemen weniger stark benötigt.“
Eindeutig fällt die Antwort der Grünen aus. Sie fordern 100.000 Bäume mehr für die Stadt. Gegen den Bau des Lobautunnels sind Grüne, Neos und KPÖ/Links. Die anderen vier Parteien sind für die Realisierung des Projekts.
Verkehrsberuhigung
Alle bis auf die FPÖ sind für eine verkehrsberuhigte Innenstadt (das Team HC hat sich enthalten). Für die Blauen wäre eine Einschränkung „nicht zumutbar“. Ganz anders fallen die Antworten bei der Frage aus, ob der Gürtel verkehrsberuhigt werden soll. Dafür sprechen sich einzig die Grünen aus – sie fordern breitere Gehwege, einen neuen Radweg, 1.500 großkronige Bäume sowie die Belebung der Gürtelbögen mit Kultur und Lokalen. Auch die Straßenbahnlinie 8 soll wiederkommen. Die anderen Parteien wollen die „Hauptverkehrsroute“ weitgehend unangetastet lassen.
Bei einer anderen Frage tanzen die Neos aus der Reihe: Sie sind die Einzigen, die dagegen sind, dass die Wiener Linien zusätzlich zum Semesterticket eine vergünstigte Öffi-Jahreskarte für Studierende anbieten sollen. Da nicht jeder Studierende ein Ticket im Sommer brauche, wolle man am aktuellen flexiblen System festhalten, so die Begründung.
Am meisten stolz ist Czernohorszky auf das Klimagesetz. „Wien ist das einzige Bundesland, das das zusammengebracht hat. Wir sind Vorreiter für Dinge, die dann hoffentlich in der Republik in den nächsten Jahren passieren.“
Kritik perlt ab
Das Gesetz wurde von den Grünen als „zahnlos“ betitelt, vom Ökobüro als „unverbindlich“. „Ich nehme die Kritik eher als Zeichen des Wahlkampfes für manche und weniger als Feedback zum Klimagesetz“, kontert Czernohorszky. Und: „Es ist nicht das Ende der Fahnenstange, wir werden weiter nachlegen.“
Er habe sich und der Stadtregierung mit dem Klimagesetz „einen ordentlichen Arbeitsauftrag gegeben und ich würde das gerne auch ausführen“, sagt er auf die Frage, ob er Klimastadtrat bleiben will – immerhin wird er auch schon seit Längerem als potenzieller Nachfolger von SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig gehandelt. Aber: „Ich bin abgetörnt von einem Politikbild, wo jeder immer eine Aufgabe erfüllt, um irgendwas anderes zu werden. Ich finde, wenn wir lauter Politiker und Politikerinnen hätten, deren Hauptziel es ist, das, was sie auf der Visitenkarte haben, gut zu machen, dann wäre die Welt ein Stückchen besser.“
Klarheit: Die wichtigsten Begriffe
Jürgen Czernohorszky (Jahrgang 1977) ist SPÖ-Politiker. Er ist Stadtrat für Klima, Umwelt, Demokratie und Personal. Bevor er im Jahr 2020 diese Position antrat, war er unter anderem bereits Bildungsstadtrat sowie amtsführender Präsident des Stadtschulrats für Wien.
Ab 2040 sollen Gasheizungen in Wien Geschichte sein. Fernwärme, Wärmepumpen und Geothermie werden dann im Sinne der Nachhaltigkeit an deren Stelle treten. Mit dem Programm „Raus aus Gas“ will die Stadt Wien dafür sorgen, dass Heizen, Warmwasseraufbereitung und Kochen emissionsfrei werden. Derzeit werden in Wien noch fast 600.000 Haushalte mit Gasheizungen versorgt. Diese wiederum sind für knapp 90 Prozent der CO2 -Emissionen im Gebäudesektor verantwortlich, da beim Heizen mit Gas die Treibhausgasemissionen vergleichsweise hoch sind. Dafür verantwortlich sind neben dem Zustand und Alter der Heizungsanlangen auch Klimaschäden, die bei der Förderung und dem Transport von Gas entstehen.
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