Vor Akademikerball: Attacke gegen Polizei und Wirtschaft

Demo-Organisator Albrich: „Hab’ Verständnis für Menschen, die ihr Gesicht nicht zeigen wollen“
Wiener Demo-Veranstalter erhebt Vorwürfe und zeigt Verständnis für die Vermummten.

Fünf Demonstranten zogen am Mittwoch vor das Innenministerium, um friedlich gegen die berittene Polizei zu protestieren. 20.000 Demos gab es im Vorjahr in Wien. Die größte Aufmerksamkeit erhält alljährlich der Protest gegen den Akademikerball, bei dem gewaltbereite Gruppen zuletzt immer wieder für Ausschreitungen sorgten.

Die Wirtschaft schäumt, die Polizei gerät mitunter zwischen die Fronten von links und rechts, die ihr abwechselnd zu weiches oder zu hartes Vorgehen attestieren.

Im KURIER-TV-Talk gingen die Wogen entsprechend hoch, als Demonstrant David Albrich, Polizeisprecherin Daniela Tunst und der Spartenobmann des Wiener Handels, Rainer Trefelik, aufeinander trafen.

Vor Akademikerball: Attacke gegen Polizei und Wirtschaft
Screenshot KuRIER

Albrich zog dabei über die Wirtschaft her ("Was die herumjammert, das kümmert uns nicht") und zeigte "Verständnis" für die Vermummten des schwarzen Blocks. Schuld sei vor allem die Polizei, deren "Helme und Schilder einschüchternd wirken. Die Eskalation ist immer von der Polizei ausgegangen. Bei jeder Demonstration, die ich erlebt habe, hat die Polizei eskaliert", behauptete Albrich.

Rigoroses Einschreiten

Polizei-Oberrätin Tunst konterte den Verbalattacken: "Es muss sich kein Demoteilnehmer vor der Polizei fürchten, wenn keine Gewaltakte gesetzt werden. Wenn diese gesetzt werden, muss man damit rechnen, dass die Polizei rigoros einschreitet. Das ist legitim. Man kann nicht der Polizei die Schuld in die Schuhe schieben. Die Polizisten sind nicht diejenigen, die Scheiben einschlagen und mit Wurfgegenständen auf Menschen losgehen."

Die Exekutive hat am Freitag 3000 Beamte im Einsatz, das ist rund jeder siebente Polizist in Österreich. Denn für Freitag haben sich weitere Demos und ein Staatsbesuch aus Kolumbien angekündigt.

Der Verfassungsschutz hat Aufrufe im Ausland für gewaltbereite Demonstranten registriert, die bisher offenbar aber nicht zu Mobilisierung führten.

Millionenschaden

Wirtschaftsvertreter Trefelik beklagte die hohen Schäden, die vor vier Jahren durch Ausschreitungen Gewaltbereiter entstanden sind. Sie demolierten am Graben Geschäfte: "Wenn man ein Unternehmer ist, der 160.000 Euro Schaden hatte, dann hat man großes Verständnis, wenn die Polizei viele Beamte einsetzt."

Kritik übte der Geschäftsmann auch am Zeitpunkt der Proteste: "2016 gab es 39 Events auf der Ringstraße, vor allem an Samstagen. An 36 Prozent der Einkaufssamstage sind wir mit einer Demo konfrontiert. Das hält das beste Einkaufsgebiet nicht aus. Das hat mit Jammern nichts zu tun."

Auch das würde den Wirtschaftstreibenden finanziell schaden: "Die Demos kosten uns 35 Millionen Euro im Jahr, das ist ein Wahnsinn. Da gibt es Unternehmen mit vier Mitarbeitern, die am Samstag nur mehr einen einsetzen, weil sie 80 Prozent Umsatzrückgang haben."

Eine Gesetzesverschärfung, wie sie zuletzt immer wieder von der Politik gefordert war, will Trefelik aber nicht: "Wichtig wäre die Bereitschaft zum Dialog, aber die sehe ich bei der anderen Seite nicht. Man muss raus aus diesem Schützengraben, wo nur das geht, was man selber will." Demo-Organisator Albrich verteidigte die freie Ortswahl der Proteste.

Freie Platzwahl

"Es wird auf der Mariahilfer Straße demonstriert, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Das am Schwarzenbergplatz oder auf der Donauinsel zu machen, ist vom Ansatz her verfehlt." Er sieht legitime Proteste, die "auf Steinewerfer reduziert werden. Das ist ungeheuerlich."

Trefelik kontert: "Jeder Demonstrant hat ein Recht auf Sichtbarkeit, aber es muss nicht immer die Mariahilfer Straße oder der Ring sein. Der Herr Balluch hat eine wunderbare Demonstration am Schwarzenbergplatz gemacht, die hat hohe mediale Präsenz gehabt."

KURIER Sicherheitstalk

Opernball, Akademikerball, EU-Ratspräsidentschaft – in Wien steht der Polizei ein sicherlich intensives Demo-Jahr bevor. Zumindest ein Gerät wird dabei nicht zum Einsatz kommen: Die Bodycam.

Neben dem zu kleinen Winkel für eine Demonstration soll sie noch ein Problem haben: Läuft der Polizist zu schnell, wird das Bild unscharf. Das sagte der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl vergangene Woche bei einer Podiumsdiskussion mit zahlreichen Journalisten.

Im Innenministerium heißt es, dass es solche Probleme „maximal beim sehr schnellen Laufen“ gebe. Im Prinzip seien die Bodycams „technisch top“, wie es im Büro von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) heißt. Die Apparate seien aber ohnehin nur für normale Amtshandlungen gedacht. Bei Demos würden auch die Schilder im Weg sein, wenn es brenzlig wird.

Wegen des erfolgreichen Einsatzes werden nun 300 neue Geräte bestellt. Aktuell ist eine Tranche mit 140 neuen Geräten „in Anschaffung“. Sie sollen im Laufe des Jahres ausgeliefert werden. Noch ist unklar, um welches Modell es sich handelt.

Die Polizei hatte im Probebetrieb in Wien zwölf Kameras, Salzburg und der Steiermark zwei unterschiedliche Typen getestet. Eine Knopfkamera, die an der Schulter oder der Brusttasche befestigt wurde, sowie eine Kamera etwa in der Größe eines Mobiltelefons. Diese wurde ebenfalls an der Brusttasche befestigt und hatte einen Bildschirm, auf dem sich die beamtshandelte Person selbst sehen konnte.

Nach Beendigung des Tests vor einem knappen Jahr hieß es – auch aus Wien –, dass der Test positiv verlaufen sei.

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