Von Terrasse geworfen: Sieben Jahre für Ehemann

Von Terrasse geworfen: Sieben Jahre für Ehemann
Totschlag: Ehemann musste viel einstecken, bis er Bankerin über Brüstung stieß. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Einen Tag, bevor die Bankerin Karin E. von ihrer Dachterrasse in den Tod stürzte bzw. gestoßen wurde, saß die 45-Jährige als Schöffin im Grauen Haus in Wien in einer Verhandlung.

Am Montag saß ihr Ehemann als Witwer und Angeklagter ebendort in seinem Mordprozess. Und Laienrichter hatten zu entscheiden: Mord? Totschlag? Unfall?

Viel eingesteckt

"Er ist kein Mörder", sagt Anwalt Timo Gerersdorfer über seinen ehemaligen Schulkollegen Christian E., den er vor Gericht zu verteidigen hat.

Der 46-Jährige habe viel eingesteckt, nie die Hand erhoben, wenn ihn seine Frau "zur Sau gemacht" habe. Zum Beispiel, wenn er bei Tarockrunden mit Freunden angeblich "zu blöd zum Spielen" war. "Stirb, du Arsch!", seien ihre letzten Worte gewesen. Zuvor hatte sie ihn getreten, nach ihm geboxt, ein Sektglas nach ihm geworfen – und er hob noch die Scherben auf.

"Ich bin schuld am Tod meiner Frau. Ich bin mit den Händen ausgefahren, hab’ meine Frau am Hals gepackt und sie weggedrückt, sie ist rücklings über das Balkongeländer gefallen", sagt der Angeklagte.

"Es war also ein Unfall oder was?", schließt ein Richter daraus: "Es ist passiert?"

Für die Staatsanwältin war es "beinahe der perfekte Mord, den keiner entdeckt", weil es zunächst nach Suizid ausschaute. Bei der sanitätspolizeilichen Beschau der Leiche waren charakteristische, auf einen Würgeakt hindeutende Spuren (Einblutungen in den Augen) übersehen worden. Erst der hinzu gezogene Gerichtsmediziner erkannte dann das Fremdverschulden.

Am 22. April hatte Karin E. anlässlich ihres Geburtstages Freunde in ein Lokal eingeladen. Doch sie spritzte die Feier, Christian E. ging allein hin und nahm die gemeinsame dreijährige Tochter mit. Auf diese war die Mutter offenbar eifersüchtig, warf ihrem Mann vor, sich nur mehr um das Kind zu kümmern. Zur Feier schickte sie ihm eine Handynachricht, dass sie sich endlich wieder als Frau fühlen wolle und jetzt zu ihrem Liebhaber gehen werde. E. wollte die Frau daheim "ausspinnen" lassen, die Freunde aber drängten ihn, zur Wohnung zu fahren und nach ihr zu schauen.

20 Sekunden

In der Maisonette im fünften Stock in Wien-Wieden soll sie ihn als Weichei beschimpft haben und mit Fäusten und Füßen auf ihn losgegangen sein. Irgendwann habe sie auch ein Küchenmesser in der Hand gehabt, sagt E. (er will es ihr abgenommen und in die Bestecklade zurück gelegt haben). Der Streit verlagerte sich auf die Dachterrasse, wo er sie mit beiden Händen würgte und die 52 kg leichte Frau über die bloß 1,1 m hohe Balkonbrüstung stieß.

"Ich hab gar nicht hingeschaut, ich hab sie weggedrückt, ich wollte nur, dass sie aufhört", sagt er vor Gericht: "In 20 Sekunden habe ich mehrere Leben zerstört."

Dann kehrte er zu dem Geburtstagsfest zurück. Den Freunden erzählte er nichts vom Ausgang des Streits auf der Terrasse, sie fanden die Tote später im Hof.

"Ich habe den Gedanken nicht zugelassen, was ich getan habe", sagt der Angeklagte: "Ich hatte nicht vor, sie zu töten."

Die Geschworenen nahmen ihm das ab: kein Mord (mit 4:4 Stimmen), Totschlag, sieben Jahre Haft, nicht rechtskräftig. Mit "Wahnsinn!" machten Freunde der Getöteten im Publikum ihrem Ärger über das Urteil Luft.

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