Vom Strampler bis zum Kindersitz: Fast wie neu, aber viel günstiger

Jungunternehmer Matthias Lohner
Gerade Produkte für Kinder sind oft kostspielig. Zwei Wiener Start-ups bieten nun kostengünstige Alternativen.

Das kennen die Menschen beinahe seit Menschengedenken: Kaum ist der geliebte eigene Nachwuchs in ein schönes Stück Kleidung hineingewachsen, ist er auch schon wieder hinausgewachsen. In Dörfern und Gemeindebauten war das lange kein Problem: Die schönen Kleidungsstücke wurden von einem Kind zum nächsten Kind automatisch weitergereicht. Und wenn sich in der Familie keine jüngeren Geschwister „zum Auftragen“ mehr anboten, dann gab es immer einen Buben der Nachbarn hier oder ein Nachbarmädchen dort.

Ebenso war das mit Spielzeug oder Sportgeräten. So lange, bis der Kinderski endgültig gebrochen und das Kinderrad auch kaputt war.

Der Wohlstand war zunächst eine große Freude für später Geborene. Endlich bekamen auch sie etwas Neues. Doch schon bald stöhnten die Eltern über steigende Kosten und vor allem über säckeweise Unbenötigtes.

Die Generation der Babyboomer hat sich über die großen Müllberge nur beklagt. Ihre Kinder, die Millennials, wollen sich das nicht länger bieten lassen. Der Zufall will es in Österreich so, dass zwei Sprösse aus bekannten Industriellenfamilien in diesem Jahr neue Plattformen gegründet haben.

Zwei neue Plattformen bieten Abhilfe

Zum einen: Caroline Schober. Ihr Opa, Manfred Rhomberg, hatte ein Textilunternehmen in Dornbirn.

Zum anderen: Matthias Lohner. Seine Vorfahren bauten Kutschen für den Kaiser, später auch Busse und Straßenbahnen fürs Volk. Vor allem den bauschigen „Lohner-Roller“, der älteren Semestern heute noch ein sanftes Lächeln ins Gesicht zaubert.

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Ihr und ihm wurde fast schon in die Wiege gelegt, einmal ein eigenes Unternehmen zu gründen. Und beide haben nach intensiven Ausbildungen und reichlich Berufserfahrungen im Ausland den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt.

Das Getragene sieht nie neu aus

Caroline Schober, 26, hat erst vor wenigen Tagen die Plattform Neworn online geschaltet. Neworn, eine Art Zusammenfügung von new born (neu geboren) und worn (getragen). Bei ihr kann man Getragenes kaufen, verkaufen und auch tauschen. Wobei das Getragene, das sich in ihrem Büro ansammelt, wie neu geboren aussieht.

Matthias Lohner, 33, wiederum hat bereits im Juli die Plattform Toddle in die Welt des Internets gesetzt. Toddle, für Englischsprachige wie das Wort toddler (Kleinkind). Anders als die jüngere Kollegin bietet er sich als eine Art Vermittler zwischen Händlern und Erzeugern an, die ihre Räder, Autositze, Kinderwagen, Wiegen usw. verleihen.

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Unabhängig voneinander haben Schober und Lohner ihre fixen Jobs aufgegeben, um jetzt mit finanziellem Risiko etwas Neues zu starten. Und unabhängig voneinander behaupten beide, dass sie gut schlafen, weil sie überzeugt sind, dass ihr Angebot schon bald gut angenommen wird.

Vom Strampler bis zum Kindersitz: Fast wie neu, aber viel günstiger

So gut wie neu: Dank Caroline Schober lässt sich Geld sparen.

„Seit unserem Start im Juli haben wir gut hundert Kurz- und Langzeitmieten abgewickelt“, freut sich Matthias Lohner. „Derzeit haben wir im Schnitt eine Bestellung pro Tag, ergibt ein wöchentliches Kundenwachstum von zwanzig Prozent.“

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Jüngst gab es beispielsweise zahlreiche Buchungen für die Weihnachtsfeiertage, etwa für Reisebetten, Wiegen oder Buggys. Bald wird der Jungunternehmer als Jungvater außerdem sein eigener Kunde sein: Im Dezember kam sein Kind zur Welt.

Für Treuepunkte Rabatte bekommen

Derzeit kann man bei Caroline Schober übrigens noch gratis mit Getragenem jonglieren und dabei Treuepunkte sammeln. Die Punkte bringen dann Rabatte bei zwanzig von ihr ausgewählten Partnerbetrieben. „Mit denen arbeite ich sehr gerne zusammen, weil ich von ihrer nachhaltigen Produktion überzeugt bin“, erklärt Caroline Schober.

Die Auswahl reicht von Spielzeug, das die Gehirne der Kinder trainiert, bis hin zu recycelbarem Mobiliar und Matratzen.

Im neuen Jahr werden beide Plattformen Reichweite gewinnen müssen, damit ihre Gründer auch ihre Miete bezahlen können. Doch die ersten Reaktionen der Eltern lassen bereits darauf schließen: Sie können weiterhin gut schlafen.

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