Ursula Stenzel: "Ich werde sicher kein Mainstream-Blogger"

Ursula Stenzel: "Ich werde sicher kein Mainstream-Blogger"
Die Ex-Politikerin sieht im Schlingerkurs ihrer Ex-Partei in der Identitären-Frage ein "Zeichen der Schwäche" von Parteichef Hofer.

Nach fast 25 Jahren in der Politik verlässt Ursula Stenzel die FPÖ, um Autorin und Bloggerin zu werden.

KURIER: Warum haben Sie sich entschlossen, in Ihr altes Metier zu wechseln?

Ursula Stenzel: Das liegt einfach in der Logik meines Lebens. Ich bin einem Verlag im Wort. Dabei geht es um die Aufzeichnungen über die diversen Phasen meines beruflichen Lebens. Für dieses Projekt will ich aber unbelastet von jedweder politischen Rücksichtnahme sein. Deshalb bin ich aus der FPÖ ausgetreten.

Das Buch wird also eine Art Autobiografie?

Ja. Ich habe ja doch einiges in meinem Leben erlebt und durchgemacht. Ich hoffe, das Buch erscheint im kommenden Herbst.

Gleichzeitig werden Sie Bloggerin?

Ich bin und bleibe politisch interessiert. Deshalb ist das naheliegend. Geplanter Start ist der 7. Dezember.

Über welche Themen werden Sie schreiben?

Beim ersten Blog wird es um die Maßnahmen gegen die Pandemie gehen und der Skepsis, die man ihnen entgegenbringen muss. Weiters um die Angriffe der EU gegen Polen und Ungarn, die ich nicht gescheit finde. Ich werde sicher kein Mainstream-Blogger.

Was ist am Vorgehen der EU falsch?

Es ist eine Ungeheuerlichkeit, den Regierungen dieser Länder, die aus demokratischen Wahlen hervorgegangen sind, mit einem Rechtsstaatlichkeitsverfahren zu drohen. Das ist die schwerste Krise der EU. Gäbe es nicht die Corona-Pandemie, würde man hauptsächlich darüber reden.

Was stört Sie an den Corona-Maßnahmen?

Immer noch sind die statistischen Grundlagen dafür nicht ganz nachvollziehbar. Wir sind gezwungen, wahnsinnig viel in Kauf zu nehmen, wo wir nicht genau wissen, ob es wirklich verhältnismäßig ist. Ich sehe in dem allen eher einen Aktionismus, um die Bevölkerung zu beruhigen. Ich selbst trage natürlich Maske. Aus Rücksicht – aber nicht unbedingt aus Überzeugung.

Die hohe Zahl an Corona-Toten beeindruckt Sie nicht?

Dieser Zahlenfriedhof geht vielen und auch mir auf die Nerven. Es ist eine große Frage, ob es die Übersterblichkeit gibt. Nun hat sich herausgestellt, dass in den Altersheimen die Sterblichkeit sogar zurückgegangen ist.

Sie bleiben aber dem freiheitlichen Lager verbunden, wie Parteichef Dominik Nepp betont?

Ich teile viele Ansichten der FPÖ, wenn auch nicht alle. Meine Haltung ist die, die ich immer hatte. Einerseits bin ich sehr konservativ, was Werte wie Familie und Religion betrifft. Andererseits bin ich sehr tolerant und liberal.

Wenn Sie auf Ihre Polit-Karriere zurückblicken: Was war Ihr größter Erfolg?

Die fünf Jahre, die ich Polen im Beitrittsprozess begleitet habe, waren sehr wertvoll. Als ich in Afghanistan war, habe ich einen kleinen Beitrag dazu geleistet, dass das dortige Nationalmuseum restauriert werden konnte. In Wien habe ich Dinge in die Wege geleitet, wie die Bewohnerparkplätze und eine Reform des öffentlichen Musizierens, wo eine gewisse Ordnung hineingekommen ist. Was ich nicht verhindern konnte, ist leider das geplante Hochhaus beim Eislaufverein.

Ursula Stenzel: "Ich werde sicher kein Mainstream-Blogger"

Stenzel, Schüssel (EU-Wahl 1996)

Gab es davon abgesehen Enttäuschungen in Ihrer Polit-Karriere?

Eigentlich nicht.

Auch nicht das Zerwürfnis mit der ÖVP?

Das war keine Enttäuschung, sondern eine interne Angelegenheit, die in Wahrheit keinen interessiert. Ich hab die Konsequenz daraus gezogen, das war alles.

Gibt es Dinge, die Sie im Nachhinein anders machen würden – etwa Ihr Auftritt bei einer Veranstaltung der Identitären im Vorjahr?

Sicher gibt es das immer wieder. Ich bin damals mitgegangen, nicht weil es eine Veranstaltung der Identitären war, sondern weil es eine Plattform 1683 (Jahr der zweiten Türkenbelagerung, Anm.) gab. Deshalb bin ich mitgegangen, wie fast jedes Jahr. Ich bin konservativ, aber nicht für den rechten Rand.

Ursula Stenzel: "Ich werde sicher kein Mainstream-Blogger"

Strache, Stenzel, Hofer (Präsidentschaftswahl 2016)

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz hat zuletzt das Ende der Distanzierung seiner Partei zu den Identitären verkündet. Hat er damit recht?

Das alles ist nicht klug: Ich kann nicht einmal hü und einmal hott sagen. Das ist ein Zeichen dafür, dass die FPÖ nach wie vor in einer schweren Krise und orientierungslos ist.

Sind die aktuellen Führungskräfte die richtigen, um die Regeneration der Partei herbeizuführen?

Jeder tut, was er kann. Aber für mich ist die Identitären-Debatte ein Zeichen der Schwäche Norbert Hofers.

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