Es gibt wohl kaum ein Wiener Amt, das ein derart schlechtes Image hat wie die MA 35. Seit Jahren sorgt die Behörde für Einwanderung und Staatsbürgerschaft für Negativ-Schlagzeilen am Fließband: Extrem lange Verfahrenszeiten, überlastete und überforderte Mitarbeiter, die mitunter nicht einmal mehr das Telefon abheben, sorgten in den vergangenen Jahren für unzählige Beschwerden.
Probleme, die der zuständige Stadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) bei seinem Amtsantritt 2020 von seinen Vorgängern erbte. 2021 startete er einen mehrjährigen Reformprozess, der von externen Beratern begleitet wird. Am Montag zog er eine erste Zwischenbilanz.
Licht und Schatten
Sie fällt zwiespältig aus. Deutlich verbessert hat sich die Situation bei den Einwanderungsverfahren. Laut Wiederkehr konnte die Verfahrensdauer um mehr als 25 Prozent gesenkt werden. Statt in knapp 72 Tagen sind diese nun im Durchschnitt in 52 erledigt. Zudem wurden 15 Prozent mehr Verfahren abgeschlossen, rechnet der Stadtrat vor.
Als „Meilenstein“ bezeichnet er das neu eingerichtete telefonische Servicecenter, über welches bereits knapp 400.000 Kundengespräche geführt wurden. Die Wartezeit, bis ein Ansprechpartner am anderen Ende der Leitung abhebt, sei laut Wiederkehr von anfangs 3,6 Minuten auf 28 Sekunden gesunken.
Unter Druck
Die schlechte Nachricht: „Der Bereich Staatsbürgerschaft ist und bleibt das Sorgenkind“, muss der Stadtrat einräumen. Rund 350 Tage, also fast ein gesamtes Jahr, müssen Klienten auf einen persönlichen Termin warten. Und das, obwohl man zuletzt die Kapazitäten ausgebaut und drei Mal so viele Staatsbürgerschaften wie in den Jahren davor verliehen hat.
Das habe laut Wiederkehr mit der enorm wachsenden Zahl an Klienten zu tun. Wien führt etwa für ganz Österreich die Verfahren für die Nachfahren von NS-Opfern durch, die berechtigt sind, österreichische Staatsbürger zu werden.
Zudem können mittlerweile auch Personen einen Antrag stellen, die 2015 oder 2016 einen positiven Asylbescheid erhalten haben. Deshalb würde laut Wiederkehr österreichweit die Zahl der Anträge steigen.
Mehr Personal
Um gegenzusteuern, wird das Personal der MA 35 nun noch einmal um 93 Mitarbeiter aufgestockt. Ziel ist es laut Wiederkehr, im Bereich Staatsbürgerschaft eine Kapazitätssteigerung der Behörde um 50 Prozent zu erreichen.
Für Wiederkehr sei aber auch die Bundesregierung, und dabei vor allem die ÖVP, für die Misere der Wiener Behörde mitverantwortlich. Einmal mehr fordert er den Bund auf, eine Entbürokratisierung durchzuführen. So sei es für die Antragsteller extrem schwierig und aufwendig, die monatlichen Einkommensnachweise für die zurückliegenden sechs Jahre aufzutreiben. „Aber die ÖVP“, kritisiert Wiederkehr, „ist nicht bereit, eine gesetzliche Änderung zu ermöglichen.“
Kommentare