Obdachlosigkeit droht: 200 Papageien suchen neues Zuhause in Wien

Molukken-Kakadu Viko (li.) und Blaustirnamazone Cora (re.)
Hier wird geliebt, gestritten, geplappert und gelacht: Ein Besuch im einzigen Papageien-Tierheim Österreichs. Doch der Verein ist in Not, denn der Mietvertrag endet, man ist auf Quartiersuche.

In Beziehungen braucht es mitunter Nachsicht: Während er Nüsse verzehrt, sitzt sie daneben und wartet. Sie ist geduldig, weicht ihm nicht von der Seite, krault ihn gerne am Kopf. Lebt man erst einmal fünf Jahre zusammen, ist man aufeinander eingespielt. Er, das ist in diesem Fall Molukken-Kakadu Viko. Sie ist Blaustirnamazone Cora. Kennengelernt haben sie einander im Tierheim, es war Liebe auf den ersten Blick (siehe Foto oben).

Es sind Verhaltensweisen, die uns beinahe menschlich erscheinen: Papageien sind klug, leben gerne in Paarbeziehungen, manche sprechen sogar. Doch dass sie vermenschlicht werden, ist auch ihr großes Problem: Viele Tierhalter erwarten sich einen exotischen, unterhaltsamen Hausgenossen. Dabei sind Papageien Wildtiere, die laut und eigensinnig sind und sich für die private Haltung eigentlich nicht eignen. Ist der Mensch überfordert, landet das Tier oft im Heim.

Das einzige Papageientierheim Österreichs befindet sich in Wien-Alsergrund. Betrieben wird es vom Verein „Arbeitsgemeinschaft Papageienschutz“. 

"Wir haben ein Problem"

Doch nun droht den Tieren die Obdachlosigkeit: Ende des Jahres läuft der Mietvertrag aus – zwei Jahre früher als erwartet. „Wir haben ein Problem, denn wir wissen nicht, wohin wir dann gehen sollen“, sagt Vereinspräsidentin und Zoologin Nadja Ziegler. Der Verein finanziere sich über Spenden, daher könne man sich keine sehr hohe Miete leisten. Zudem brauche man ausreichend Platz für die Tiere.

Viele der 200 Vögel haben hier seit Jahren ihr Zuhause, etwa Nacktaugen-Kakadudame Asterix: Sie klettert die Gitterstäbe entlang und bettelt lautstark um Aufmerksamkeit. Einst wurde sie in einer Gärtnerei als exotischer Aufputz gehalten, bis die Behörde sie wegen nicht artgerechter Haltung abnahm.

Obdachlosigkeit droht: 200 Papageien suchen neues Zuhause in Wien

Die Nacktaugen-Kakadudame Asterix leidet an einer Fehlprägung.

Ein anderes Zuhause für sie zu finden ist nicht realistisch, denn Asterix ist schwer vermittelbar. „Sie leidet an einer Fehlprägung“, erklärt Ziegler. Das passiert, wenn die Vögel von Hand aufgezogen werden: Dann sind sie zwar zutraulich, doch sie akzeptieren keine Artgenossen und klammern sich übermäßig an den Menschen. „Asterix würde sogar auf dem Kopfpolster sitzen und mit aufs Klo gehen“, sagt Ziegler und lacht.

Papageien mit Fehlprägung leiden

Fehlgeprägte Papageien rupfen sich oft auch die Federn aus, fressen zu viel, werden aggressiv oder aufdringlich. 

Oder sie sprechen: Nasenkakadu Nasi etwa sagt „Hallo“, dann folgt Geplapper. Und Nasi kann nicht nur das – er kann auch niesen oder lachen. Natürlich sprechen oder lachen die Tiere nicht wirklich: Sie ahmen bloß Laute nach, um die Aufmerksamkeit von Menschen zu erregen. Und da sie klug sind, merken sie, dass das mit Worten besser funktioniert als mit Pfeifen oder Singen.

Obdachlosigkeit droht: 200 Papageien suchen neues Zuhause in Wien

Nasenkakadu Nasi brabbelt, hustet und niest, um Aufmerksamkeit zu erregen. Dass die Vögel sprechen, ist ein Zeichen von Einsamkeit, erklären Experten immer wieder.

Das Tierheim: Das Papageienschutzzentrum gibt es seit 1996. Am jetzigen Standort in Wien-Alsergrund zog man 2022 ein.

640 Quadratmeter misst das Glashaus, mehr als 200 gerettete Tiere 40 verschiedener Arten leben hier, etwa Aras, Kakadus und Sittiche (alle zählen zu den Papageien).

Hilfe: Der Verein „Arbeitsgemeinschaft Papageienschutz“ finanziert sich über Spenden. Am 13., 18. und 19. 4. gibt es von 14–18 Uhr einen Osterflohmarkt (Augasse 2–6) für den guten Zweck. Info: papageienschutz.org

 

In Österreich ist die Aufzucht von Hand mittlerweile übrigens verboten. Doch in Nachbarländern oder im Internet ist es nach wie vor möglich, solche Tiere zu erwerben. 

„Trotz aller Aufklärungsarbeit wünschen sich leider viele Menschen immer noch einen sprechenden Papagei“, erklärt Ziegler. Auch der Schwarzhandel blühe nach wie vor: „Für einen Großpapagei erhält man um die 1.000 Euro, für seltene Blauaras wurden schon 150.000 Euro bezahlt.“

Doch ist die Wohnung erst einmal zerstört und der Besitzer ob des hohen Lärmpegels entnervt, werden die teuren Tiere oft abgegeben. „Wir beobachten, dass die Menschen ihre Papageien leichtfertiger abgeben. Früher haben sie 20 Jahre durchgehalten, jetzt geben sie schon nach zwei Jahren auf“, beschreibt Ziegler.

Dabei werden die Tiere bis zu 60 Jahre alt. So wird das Tierheim für Jahrzehnte zum Zuhause – so sich ein neues Quartier findet. Wer den Verein unterstützen möchte: Beim Ostermarkt (s. Infobox oben) werden nun Spenden gesammelt.

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