Theaterstück "Heldenplatz": Ein Skandal und seine Geschichte

Demonstrationen vor dem Burgtheater vor der „Heldenplatz“-Premiere am 4. November 1988.
Passagen aus dem Theaterstück wurden vor der Uraufführung unautorisiert und aus dem Kontext gerissen in Zeitungen abgedruckt. Das sorgte für Aufregung.

1988 war – so rief es die damalige Bundesregierung aus – ein „Bedenkjahr“. Schließlich jährte sich der „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich zum 50. Mal. Zudem wurde in den späten 1980er-Jahren intensiv über die Waldheim-Affäre und die österreichische Mitverantwortung an NS-Verbrechen diskutiert.

In diese aufgeheizte Stimmung platzte am 4. November die Premiere eines Stückes, das schon in den Wochen davor für Aufregung und laute Empörung gesorgt hatte: Thomas Bernhards „Heldenplatz“. Ein Stück, das sich anhand des Schicksals einer jüdischen Wiener Familie mit der Verdrängung und mangelnden Aufarbeitung der österreichischen NS-Vergangenheit sowie dem anhaltenden Antisemitismus auseinandersetzt.

Bereits seit dem Spätsommer waren Passagen aus dem Stück des österreichischen Schriftstellers unautorisiert und aus dem Kontext gerissen in Zeitungen abgedruckt worden. So entstand der Eindruck, es handle sich bei Zitaten wie dem folgenden um die persönliche Ansicht Bernhards: „Es gibt jetzt mehr Nazis in Wien als achtunddreißig.“ Dabei sind das Textstellen, die im Stück der jüdische Professor Robert Schuster ausspricht, der sein Trauma aus den Tagen der Verfolgung nie verwunden hat.

Wut und Proteste

Die Aufregung ließ nicht lange auf sich warten, obwohl nach wie vor niemand den gesamten Text bzw. die Handlung des Theaterstücks kannte. Bundespräsident Waldheim ortete eine „grobe Beleidigung des österreichischen Volkes“, der ehemalige Bundeskanzler Bruno Kreisky sagte, das man „sich das nicht gefallen lassen“ dürfte. Jörg Haider wollte am liebsten den damaligen Direktor des Burgtheaters der Stadt verweisen: „Hinaus mit dem Schuft aus Wien.“

Dem Erfolg taten die zahlreichen Protestmeldungen und Aufrufe zur Zensur keinen Abbruch – obwohl die Uraufführung unter Polizeischutz stattfand und eine Ladung Kuhmist vor dem Theater abgeladen wurde. Das Stück war ausverkauft und auch Störaktionen während der Vorstellung konnten nicht verhindern, dass es mehrheitlich mit Begeisterung aufgenommen wurde und als Meilenstein in die österreichische Theatergeschichte einging.

Für den bereits schwer kranken Thomas Bernhard markierte die Uraufführung den letzten öffentlichen Auftritt. Er starb am 12. Februar 1989.

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