Tabakstreit: "Ein Gesetz wie im Kommunismus"
Das kann nicht sein, dass der Staat Raucher wie Untermenschen behandelt. Dazu gibt es Rauchersheriffs mit einem Spitzelwesen, das ist ein Gesetz wie im Kommunismus."
Der streitbare Baumeister Richard Lugner ist empört und tobt. Und die fast schon monatlich auftauchenden Kuriositäten und Absurditäten rund um das umstrittene Tabakgesetz sind um eine Facette reicher, seitdem ein Lokalbesitzer in der Lugner-City eine Strafe über 2000 Euro erhalten hat.
Der Fall ist kompliziert, aber kurz gesagt urteilte der Verwaltungsgerichtshof, dass der Lokalbetreiber gegen das Gesetz verstößt, weil er von seiner Bar zur Shoppingmall eine offene Schiebetür hat. Denn im hinteren Bereich ist eine Raucherlounge, die jedoch ebenfalls mit einer Tür versperrt ist. Das ist rechtens und die Nichtraucher im Lokal sind damit korrekt geschützt. Jene Einkäufer vor diesem Nichtraucherbereich der Bar aber nicht, weil das Lokal einen Raucherbereich hat und damit offiziell als Raucherlokal geführt wird – deshalb müssen die Nichtraucher unter den Einkäufern von den Nichtrauchern im Lokal durch eine (meistens verschlossene) Eingangstür getrennt werden.
Tücken im Tabakgesetz
"Jetzt müssten wir die Nichtraucher in Käfige wie die Raucher stecken und eine Entlüftung machen", sagt Lugner. Der Baumeister versteht die Welt nicht mehr. "Der Bezirk hat uns das erlaubt und das Ministerium ist nun dagegen."
Der Fall zeigt wieder einmal die Tücken im 2009 erlassenen Tabakgesetz auf. Sowohl im Gesundheitsministerium als auch in der Gastronomie zeigt sich niemand glücklich über die bestehenden Regelungen (siehe auch Interview unten). Mehr als 16.000 Anzeigen wurden bereits erstattet – mehr als die Behörden verkraften können. Doch spätestens im September 2013 wird ein neuer Nationalrat gewählt und die Regierungsparteien werden alles vermeiden, dass eine Entscheidung über ein derart emotionales Thema mitten in den Wahlkampf platzt, meinen Insider. Denn ein neues Gesetz benötigt bis zu einer Beschlussfassung meist ein drei Viertel Jahr bis ein Jahr – das wäre genau die heiße Phase vor der Wahl.
Somit bleibt Österreich in Europa das Schlusslicht bei den Rauchergesetzen. Eine Untersuchung der Europäischen Krebs-Liga unter 31 Staaten ergab, dass Großbritannien und Irland die schärfsten Gesetze haben – Österreich ist (ähnlich wie bei den Olympischen Spielen) auf dem letzten Platz, gemeinsam mit Griechenland.
Die Geschäftsleute in der Lugner-City lassen die Strafen jedenfalls offenbar kalt. Bei einem Lokalaugenschein des KURIER am Dienstagvormittag wurde in den Bars und Cafés so eifrig geraucht wie zuvor. Als erste Maßnahme wurde dem Reporter allerdings in einigen Lokalen das Fotografieren untersagt.
Nachgefragt bei Minister Stöger: "Mir tut kein Wirt leid"
Gesundheitsminister Alois Stöger will den Rauchern in Gastronomiebetrieben stärker den Kampf ansagen, scheitert aber am Parlament und den Wirten selber.
KURIER: Ständig gibt es Streitereien um die Rauchergesetze. Wieso verschärfen Sie sie nicht einfach?
Alois Stöger: Aus meiner Sicht wären strengere Regeln wünschenswert, aber es gibt dafür keine Mehrheit im Parlament. Die Entscheidung fällt im Nationalrat, dort wurden die Ausnahmeregelungen geschaffen. Ich als Gesundheitsminister hätte gerne, dass wir das Rauchen noch viel mehr einschränken könnten. Ich selbst gehe nicht mehr in Raucherlokale.
Richard Lugner spricht von Zuständen wie im Kommunismus.
Fest steht, dass das Gesetz ein Kompromiss ist, der vor allem aufgrund der Wirtschaft zustande gekommen ist. Auf deren Drängen schaut das Gesetz so aus, wie es aussieht. Meine Geduld mit den Wirten ist am Ende. Denn das Gesetz muss respektiert werden – ohne Hintertür. Der Spruch des Höchstgerichtes ist auch so zu verstehen. Mir tut kein Wirt leid, der jetzt Strafe zahlen muss.
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