36 Stunden: So entsteht ein Sauerteigbrot bei Wiener Bäckerei

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Der französische Meister-Patissier Pierre Reboul backt in Wien nach amerikanischem Vorbild Brote. Der KURIER warf einen Blick in die Backstube von Ströck.

Von Jasmin Sharma

Pierre Reboul öffnet den Deckel eines weißen Kübels und ihm kommt warme Luft mit einem Joghurt-ähnlichen Geruch entgegen. Im Kübel wird etwas Lebendiges aufbewahrt. Eine Mischung aus verschiedenen Mikroorganismen, etwa Hefen und Milchsäurebakterien. Nämlich Sauerteig. „Riecht fast, wie wenn Obst schon länger in der Obstschale liegt und gärt“, sagt Reboul mit seinem französisch-englischen Akzent. 

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Der Sauerteig wartet in Kübeln auf seine Weiterverwendung. Es entsteht ein säuerlicher Geruch durch die Gärung.

Und er muss es wissen, hat der Meister-Patissier doch schon einige Stationen hinter sich: Frankreich, New York, Salzburg und Wien. Vor 14 Jahren holte Christoph Ströck, einer der Söhne der Familie Ströck, Reboul ins Team. Seit jeher arbeitet er an neuen Produkten, testet sich durch Dutzende Rezepturen und backte 2016 die ersten Croissants für die Bäckerei Ströck. Intern gilt er als der „Innovationsbäcker“.

Ein Jahr Entwicklung

Die Umsetzung einer Idee von Christoph Ströck fiel nicht zuletzt auch deshalb auf ihn zurück: Ein Sauerteigbrot, ganz nach amerikanischem Vorbild. „Wir haben ganz viel Brotsorten in Österreich, doch im Bereich des Sauerteigs war noch Platz für neue Ideen“, sagt Reboul. Nach einem Jahr Entwicklung und Hunderten gebackenen Laiben war Christoph Ströck schlussendlich zufrieden, und das luftige Brot mit krosser Kruste schaffte es unter dem Namen „Bio-Feierabend-Christoph-Brot“ in die Ströck-Feierabend-Filialen. Dort wird den Backwaren eine erste Bühne geboten, sie werden sozusagen ausprobiert. In die 80 klassischen Ströck-Filialen schaffen es die neu-entwickelten Produkte oft erst etwas später.

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Das fertige "Bio-Feierabend-Christoph-Brot" ist innen weich und luftig und hat außen eine knusprige Kruste.

Brot hat neben Süßspeisen inzwischen einen ganz besonderen Stellenwert für Reboul: „Man findet Brot überall auf der Welt, in allen Kulturen und Religionen. Egal ob Fladen oder Semmerl – Brot ist wichtig für unsere Gesellschaft.“ Das „Christoph-Brot“ beweist das gleich mehrfach. Wird doch ein Teil des Erlöses gespendet (siehe Infobox).

Elf Mann arbeiten durchschnittlich an der Entstehung vom „Christoph-Brot“. In der einfachen Rezeptur steckt eine ganz besondere Komponente: „Zeit ist die wertvollste Zutat für Brot“, sagt Reboul.

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Eine gute Zusammenarbeit ist beim Brotbacken essenziell. Pierre Reboul holt für das Rausnehmen der Laibe aus den Gärkörben einen Lehrling zur Hilfe.

Geduld gefordert

Denn das Brot hat in seiner Entstehung immer wieder Wartezeiten zwischen den Stationen. Als erstes wird das Mehl in der hauseigenen Mühle gemahlen. Ein Teil davon wird anschließend für den Sauerteig verwendet. Dieser lebt aufgrund seiner Mikroorganismen theoretisch für immer. Dafür muss er immer wieder mit Mehl und Wasser gefüttert werden. Der Sauerteig wird dann zum restlichen Teig hinzugefügt. Dann heißt es Warten, Teig falten, wieder Warten, und so weiter.

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In der hauseigenen Mühle wird das Mehl gemahlen.

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Die Teigportionen müssen in sich gefaltet werden und zu einer Kugel geformt werden.

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Der Teig ruht im letzten Schritt vor dem Backen in den Holzkörbchen, auch "Simperl" genannt. 

Eifrig rufen die anderen Bäcker nach Pierre Reboul, er solle doch schnell beim Teig-Portionieren helfen. Der Teig muss geteilt werden. Mit wenigen geschickten Handgriffen werden die Teigportionen in glatte Kugeln gerollt. Dabei wird geredet, gescherzt. Etwa darüber, dass wenn einer der älteren Bäcker in Pension geht, eine Maschine angeschafft werden müsse. Nur sie könne seinem Tempo beim Teigformen gerecht werden.

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Das Brot wird zweimal je 30 Minuten gebacken. Dadurch bekommt es eine besonders knusprige Kruste.

Anschließend werden die Teigkugeln in kleine Holzkörbchen gelegt, dort gären sie weiter – im vier Grad kalten Kühlraum. Danach geht es in den heißen Steindampfofen. Nach einem zweimaligen Backen – notwendig für die dicke Kruste – ist das Christoph-Brot dann auch endlich fertig. Nach 36 Stunden Arbeit.

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