Wieso in Wien strengere Corona-Regeln kommen

Wieso in Wien strengere Corona-Regeln kommen
Covid-19-Projektleiterin Karnthaler: "Belag auf den Intensivstationen ist jetzt schon deutlich höher als in den anderen Bundesländern".

In Wien werden mit Oktober die Coronaregeln verschärft. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) begründete die Maßnahmen, die über die Verordnung des Bundes hinausgehen, mit steigenden Patientenzahlen in den Spitälern. Dies löste eine Debatte um die Notwendigkeit des Schrittes aus. Dazu stellte die städtische Covid-19-Projektleiterin Ursula Karnthaler klar: Der Belag auf den Intensivstationen ist jetzt schon deutlich höher als in den anderen Bundesländern und wird weiter steigen.

"Die Infektionszahlen haben sich nach einem starken Anstieg in den letzten zwei Monaten auf hohem Niveau stabilisiert, wobei die Prognosen einen weiteren starken Anstieg voraussagen, wenn keine Maßnahmen gesetzt werden", sagte sie der APA. Auf die Frage, ob die Lage in der Bundeshauptstadt so viel ernster als in anderen Bundesländern ist, sodass es die strengeren Regeln braucht, antwortete die Projektleiterin: "Der Belag auf den Intensivstationen ist jetzt schon deutlich höher als in den anderen Bundesländern und dabei hinkt der Belag auf den Intensivstationen der Inzidenz in etwa zwei Wochen nach." Der große Unterschied zwischen Wien und anderen Bundesländern sei, dass in Wien die gesamte Bevölkerung im Ballungsraum lebt.

FFP2-Maske im Handel

In Wien muss ab 1. Oktober beim Besuch in Lokalen der Nachtgastronomie sowie von Veranstaltungen mit mehr als 500 Menschen ein 2G-Nachweis erbracht werden. Das bedeutet, dass nur geimpfte oder genesene Personen Zutritt haben. Zudem müssen Kunden künftig im gesamten Handel wieder eine FFP2-Maske tragen. Außerdem muss in sämtlichen Bereichen, wo noch ein Coronatest als Nachweis gilt, eine PCR-Untersuchung gemacht werden. Antigentests sind dort - also etwa in der Gastronomie - nicht mehr gültig.

Im Moment laborieren in Wien laut Daten des Gesundheits- und des Innenministeriums 7.911 Menschen an einer Covid-Infektion. Seit dem gestrigen Mittwoch kamen 408 neu Erkrankte hinzu. Insgesamt sind seit Beginn der Pandemie im Frühling 2020 in der Bundeshauptstadt 164.363 positive bestätigte Testungen und 2.407 Todesfälle aufgrund von bzw. an den Folgen von Covid-19 dokumentiert, seit dem gestrigen Mittwoch verstarben zwei Menschen.

Aktuell werden in Wiens Spitälern - in städtische Einrichtungen und Ordensspitäler - 304 Covid-Patientinnen und - Patienten betreut, 90 auf einer Intensivstation. Das sind um einer bzw. um drei mehr als noch am gestrigen Mittwoch. Zur Einordnung: Zum Höhepunkt der dritten Welle im April mussten bis zu 245 Personen aufgrund einer Coronavirus-Infektion intensivmedizinisch betreut werden.

Ungeimpfte Intensivpatienten

Laut Gesundheitsverbund sind derzeit neun von zehn Intensivpatienten nicht geimpft. Die - vergleichsweise wenigen - geimpften Personen mit schweren Verläufen haben meist Vorerkrankungen. In den Spitälern hat das Infektionsgeschehen nun auch wieder Auswirkungen auf andere Patientinnen und Patienten. "Angesichts der Zahlenentwicklung müssen wir Stationen wieder zu Covid-Stationen umwidmen und diese für die Belegung mit Covid-Erkrankte vorzubereiten. Das bedeutet, dass wir in solchen Fällen komplette Stationen aus dem Rennen nehmen, da man nicht Infizierte und Nicht-Infizierte auf derselben Station betreuen kann", erklärte Gesundheitsverbund-Sprecher Markus Pederiva der APA die Vorgehensweise.

Aus diesem Grund werden - wie schon in den vorangegangenen Corona-Wellen - nun erneut planbare und nicht akut notwendige Eingriffe verschoben. Um wie viele Operationen es sich im Moment handelt, ist laut Pederiva nicht bezifferbar. Die Entscheidungen werde in den einzelnen Kliniken von den behandelnden Ärzten betroffen.

Überbrückt werden soll die Situation auch mit einer Kooperation des Gesundheitsverbundes mit den Privatspitälern, die Operationen übernehmen. Dies habe sich schon im vergangenen Jahr bewährt. Da es sich bei den Eingriffen, die derzeit verschoben werden, größtenteils um Standardeingriffe wie beispielsweise eine Haluxoperation handelt, steht den Betroffenen - je nach Kapazität - auch die Möglichkeit offen, diese in einem Privatspital vorzunehmen. Dies werde von den Patientinnen und Patienten teils in Anspruch genommen, aber in vielen Fällen wird laut Pederiva aber auch auf diese Alternative verzichtet und in die Verschiebung eingewilligt, "da die Patienten eine gewisse Bindung zu den Kliniken haben, wo sie in Behandlung sind". Wie schon bei den vorangegangenen Corona-Wellen wird die Akutversorgung wird jedenfalls immer aufrecht erhalten, wurde betont.

Durchimpfungsrate soll erhöht werden

Ziel der von der Stadtregierung beschlossenen neuen Maßnahmen ist nicht nur die Entlastung der Spitäler - sie sollen in Wien die Durchimpfungsrate weiter erhöhen, wie Ludwig betonte. Aktuell sind laut Daten des E-Impfpasses in der Bundeshauptstadt 1.197.099 Menschen zumindest eine Teilimpfung erhalten (62,3 Prozent). 1.126.861 Personen (58,7 Prozent) der Einwohnerinnen und Einwohner haben bereits beide Impfdosen erhalten. Zwei Impfungen sind mit Ausnahme des Wirkstoffes des Herstellers Johnson & Johnson notwendig, um den vollen Schutz zu entfalten.

Karnthaler gab gegenüber der APA auch einen Ausblick auf die kommenden Tage und Wochen. "Selbst wenn die Infektionszahlen nur auf dem jetzigen hohen Niveau bleiben, wird der Belag auf den Intensivstationen noch steigen." Die Maßnahmen würden darauf abzielen, "nach dem heutigen Stand des Wissens über die weitere Entwicklung der Pandemie die völlige Schließung der geregelten Bereiche und die Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern". Weiters betonte sie: "Es ist wichtig, dass die jetzt vorgegebenen Maßnahmen von allen eingehalten werden. Langfristig wird zusätzlich der Anstieg der Durchimpfungsrate eine wesentliche Rolle spielen. Denn erstmals sind wir in der guten Situation, dass eine - wenn auch noch zu geringe - Durchimpfungsrate einen positiven Einfluss auf das Infektionsgeschehen hat.

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