Streit um Corona-Zahlen: Wien meldet ab sofort erweiterte Patientendaten ein

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) mit Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ)
Unterschieden wird zwischen Menschen, die „wegen“ Corona im Spital sind – und solchen „mit“ Corona. Dem Bund ist das weiter zu wenig.

Die Kontroverse zwischen Bund und Stadt  um die Patientendaten ist um eine Dimension reicher: Die Stadt Wien nimmt ab sofort eine Änderung bei ihrer täglichen Corona-Meldung an das Gesundheitsministerium vor.

In den Hospitalisierungszahlen sind (anders als bisher) nicht mehr nur jene Spitalspatienten mit der Hauptdiagnose Corona enthalten – sondern auch jene mit Nebendiagnose Corona.

Vereinfacht gesagt: Wien meldet dem Bund nicht mehr nur Menschen, die „wegen“ einer Corona-Infektion ins Spital mussten. Sondern weist auch jene Patienten aus, die hauptsächlich wegen einer anderen Erkrankung oder wegen eines Unfalls im Krankenhaus sind, zudem aber positiv auf das Virus getestet wurden.

Die Zahl der Hospitalisierten in Wien steigt damit um 90 Personen an, gab das Büro des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ) bekannt. Der Anstieg wird sich heute, Donnerstag, in den täglich von Innen- und Gesundheitsministerium bekannt gegebenen Zahlen für Gesamtösterreich niederschlagen.

Streit eskalierte

Als Grund für die neue Berechnungsweise nennt man in Wien das „gestiegene Interesse“ an Zahlen. Ein Euphemismus für jenen Streit, der in der vergangenen Woche zwischen Bundes- und Stadtregierung erneut hochgekocht ist. Bei der türkis-grünen Regierungsklausur ließ man die Bemerkung fallen, dass man  Grundwehrdiener in Wiens Spitäler schicken müssen habe, um die Belagszahlen zu kontrollieren. Die Behauptung ist falsch, der Streit war aber nicht mehr aufzuhalten.

Was dahinter steckt: Der Bund wirft Wien zum Einen vor, die Infiziertenzahlen zu „dramatisieren“, um strengere Corona-Regeln zu rechtfertigen. Die neuen Spitalszahlen sollen zeigen, „dass wir nie übertrieben haben, sondern – wenn überhaupt – eher untertrieben“, heißt es auf KURIER-Anfrage aus dem Rathaus.

Zum Anderen streiten Türkis-Grün und SPÖ über das sogenannte Hospitalisierungsregister. Dieses solle die  bessere Verknüpfung der Patientendaten ermöglichen  – so der Plan der Bundesregierung. Damit das gelingt, sollen Krankenhausträger ab sofort auch wichtige personenbezogene Daten der Patienten einmelden –  und eben zwischen der Haupt- und Nebendiagnose Corona unterscheiden.

"Keine Grundlage"

Die städtischen Wiener Spitäler weigern sich aber, die Personendaten zu liefern. Der Grund: Die Spitalsträger seien selbst dafür zuständig, dass der Datenschutz gewahrt bleibe, kritisiert Stadtrat Hacker. Eine aus seiner Sicht „unhaltbare“ Situation. Im Bund ist man verärgert über die Stadt – und wischt das Datenschutzargument vom Tisch. Man habe das Okay der Datenschutzbehörde, heißt es aus dem Gesundheitsministerium.

Hacker ist das zu wenig. Er fordert vom Bund, die Verantwortung dafür zu übernehmen, was mit den Patientendaten geschehe. Zudem bezweifelt man in Wien, dass der Bund die rechtliche Grundlage dafür habe, die Patienten- mit den Impfdaten abzugleichen.

Der zentrale Streit ist also auch durch die neue Zählweise nicht beigelegt. Man benötige „vergleichbare Datensätze, diese liegen aus Wien weiterhin nicht vor“, heißt es aus dem Ministerium auf KURIER-Anfrage. Kommende Woche sollen sich die Daten des Registers öffentlich einsehen lassen. Dann werde „sich ja zeigen, ob Spitalsträger aus anderen Ländern die Daten wirklich einfach hergeben“, ätzt man in Wien.

Kommentare