Steffl: Ständige Instandhaltung als bester Brandschutz
Für fünf Minuten schien am Stephansplatz die Zeit stillzustehen. Hunderte Leute blickten den Nordturm des „Steffls“ hinauf und lauschten der Pummerin. Österreichs größte Kirchenglocke läutete Dienstagmittag als Zeichen der Solidarität für Notre-Dame.
Die Bilder der brennenden Pariser Kathedrale waren am Tag nach dem Brand auch in Wien allgegenwärtig. Die Kundschaft sei ungewöhnlich ruhig, erzählt ein wartender Fiakerfahrer. „Man überlegt schon, ob sowas hier möglich wäre“, ergänzt ein als Mozart verkleideter Ticketverkäufer.
Dombaumeister Wolfgang Zehetner erinnert die Brandkatastrophe an das Jahr 1945, als der Stephansdom in Flammen stand. Ein Brand wie in Notre-Dame sei aus heutiger Sicht aber unwahrscheinlich: „Wir haben 20 Mitarbeiter, die ständig an der Instandhaltung arbeiten.“ Das sei in Frankreich nicht der Fall, wo fast alle großen Kathedralen verstaatlicht sind.
Die Instandhaltung sei dort „sicher nicht überall vorbildlich.“ Der Wiener Dombaumeister betonte aber, dass er sich gut vorstellen könne, einige Experten aus Wien nach Paris zu entsenden, um beim Wiederaufbau zu helfen. International gebe es nämlich nur wenige Bildhauer und Steinmetze, die im Umgang mit derart historischer Bausubstanz Erfahrung hätten.
Feuerwehr für Ernstfall gerüstet
Zusätzlich zu den Nachbesserungsarbeiten finden im Steffl regelmäßige Übungen der Wiener Berufsfeuerwehr statt. Dabei werden Gefahrenpunkte gesichtet und Szenarien durchgespielt.
Die optimale Vorbereitung sei in historischen Bauten wie dem Stephansdom entscheidend, erklärt Brandkommissar Jürgen Figerl von der Wiener Feuerwehr: „Sandstein, aus dem sowohl Notre Dame als auch der Stephansdom zu großen Teilen bestehen, stark erhitzt, wird nach dem Löschen brüchig.“ Über die Tragfähigkeit der geretteten Bauteile wird in Paris deshalb erst in einiger Zeit Klarheit herrschen.
Im Gegensatz zum abgebrannten Holzdachstuhl der Kathedrale Notre-Dame hat der Steffl seit dem Wiederaufbau 1945 eine Dachkonstruktion aus Beton und Stahl. Das Brandrisiko ist dadurch geringer. Am ehesten gefährdet sei der nördliche Heidenturm samt seiner Holzkonstruktionen aus dem 14. Jahrhundert.
„Altar zurücklassen“
Dompfarrer Toni Faber zeigte sich von den Bildern aus Paris betroffen: „Wir sind voller Mitgefühl, unser Herz blutet.“ Gleichzeitig war er froh, dass niemand ums Leben kam. Es seien viele Relikte gerettet worden, er hoffe also, dass die totale Zerstörung ausblieb.
Sollte es im Stephansdom brennen, würde er einiges zurücklassen, denn „den Altar kann ich leider nicht mitnehmen“. Stattdessen würde er sich auf den geistigen Auftrag stürzen und retten, „was an Leib Christi und Kommission da ist“.
Der Dachstuhl vom Wiener Stephansdom
Laut Feuerwehr würde man im Ernstfall versuchen, besonders wertvolle Kunstschätze zuerst zu retten. Ausreichend Mann stünden jedenfalls zur Verfügung. In Paris kämpften 400 Feuerwehrleute gleichzeitig gegen den Brand. Das sei auch in Wien möglich.
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