Stadtrechnungshof: Wiens Corona-Politik auf dem Prüfstand

Stadtrechnungshof: Wiens Corona-Politik auf dem Prüfstand
Das Pandemie-Management der Stadt zu Beginn der Krise wurde geprüft – von Contact Tracing über Gurgel-Tests.

Seine große Bewährungsprobe – auch in Sachen Unabhängigkeit – steht dem Wiener Stadtrechnungshofs dieses Jahr noch bevor. Die Prüfung rund um die Causa Wien Energie ist offiziell gestartet, wie am Samstag bekannt wurde.  (Der KURIER hat berichtet.)

Konkret geprüft werden die Geschäfte des städtischen Konzerns an den Energiebörsen im Zeitraum 2018 bis 2022. Wann die Arbeit 
der Prüfer abgeschlossen sein wird, ist unklar.

Bevor sich der Stadtrechnungshof der neuen Mammut-Aufgabe zuwendet, hat er am gestrigen Montag gleich mehrere Berichte veröffentlicht. Darunter die Prüfergebnisse zu einem anderen hochemotionales Thema: Der Stadtrechnungshof hat seine ersten Schlussfolgerungen zum Wiener Corona-Management gezogen.

Analysiert werden in dem Bericht unter anderem die Organisation des Krisenstabs, das Gesundheitstelefon 1450, die Teststrategie, das Contact Tracing, die Bescheiderstellung sowie die Einrichtung von Notunterkünften. Unter die Lupe genommen haben die Prüfer den Zeitraum von März 2020 bis Frühjahr 2021 – und zwar auf Ersuchen der Neos. Die Ergebnisse der Prüfer werden von Regierung und Opposition – wenig überraschend – höchst unterschiedlich bewertet.

Licht und Schatten

„Eine umfassende Beurteilung aller Maßnahmen (..) war nicht Ziel dieser Prüfung“, heißt es gleich zu Beginn des 270-seitigen Berichts. Die Prüfer heben hervor, dass für die Bewältigung der „globalen Gesundheitskrise“ auf keinerlei Erfahrungen zurückgegriffen werden konnte. Somit wolle man Feststellungen und Empfehlungen im Sinn von „Lessons Learned“ aussprechen.

Als „kritisch“ zu betrachten sei etwa, dass die stv. Leiterin der MA 15 (Gesundheitsdienst) zugleich als Chefin des Krisenstabs und als „Projektleiterin“ für Covid-19 fungierte. Wegen einer Erkrankung der Leiterin des Gesundheitsdienstes nahm sie teils auch deren Aufgaben sowie die Führung der Landessanitätsdirektion wahr. Die Aufgabenfülle habe die „bestmögliche“ Erfüllung aller Tätigkeiten vermutlich erschwert, heißt es.

Weiters kritisiert wird, dass Contact-Tracing-Stellen lange Zeit nicht besetzt werden konnten – und, dass Absonderungsbescheide zum Teil erst Wochen später zugestellt wurden. Jedoch halten die Prüfer fest, dass die auch an „EDV-technischen Unzulänglichkeiten“ außerhalb des Einflussbereichs der Stadt lag.

Negativ sehen die Prüfer schließlich auch die Vergabe der Covid-Betreuungszentren an den Arbeiter-Samariterbund (ASB) ohne Ausschreibung. Zwar sei das Aussetzen der Ausschreibung in einer Notsituation möglich. Dennoch sei aufgefallen, dass keine weiteren Angebote eingeholt wurden. Die mehrmalige Verlängerung des Vertrags war für die Prüfer dann mangels Dringlichkeit „aus vergaberechtlicher Sicht nicht nachvollziehbar“. Zudem habe es nur eine unzureichende Rechnungsprüfung durch die MA 15 gegeben. Explizit gelobt wird vom Stadtrechnungshof hingegen die durch die Gurgeltests geschaffene Test-Infrastruktur.

Die FPÖ ortet aufgrund des Berichts ein „Totalversagen der MA 15“ und sieht – wie auch die ÖVP – „Freunderlwirtschaft“ bezüglich des ASB-Vertrags. Die SPÖ beurteilt die Ergebnisse freilich komplett anders. Der Bericht komme zum Schluss, dass die Stadt Wien „so rasch wie möglich auf die Covid-19-Krise reagiert“ habe, hieß es via Aussendung.

Weitere Berichte

Lob gab es für die schwimmenden Gärten am Donaukanal. Auf 1.500 m2 wurde auf der ehemaligen Kaiserbadschleuse eine Aufenthaltsmöglichkeit mit Beeten, Bäumen und vielen Sitzgelegenheiten geschaffen.

Laut Stadt Wien weht gar ein „Hauch von Paris“ über den Donaukanal. Ob das stimmt, hat der Stadtrechnungshof nicht geprüft, allerdings wurde die Umgestaltung generell unter die Lupe genommen. Das Fazit: „Das Projekt konnte wesentlich günstiger als die genehmigten Projektkosten abgewickelt werden“. Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) reagierte via Aussendung. Die bedankte sich bei den Projektpartnern nicht nur für die geringeren Kosten, sondern auch dafür, dass die schwimmenden Gärten „während der Pandemie 2020 inklusive Lockdowns unter wirklich erschwerten Bedingungen umgesetzt wurde.“

Kritik gab es – erst vom Stadtrechnungshof, dann von den Wiener Grünen – für die Intransparenz bei der Vergabe von Turnsälen und auch beim Wiener Kulturservice.Bei Letzterem greift David Ellensohn (Grüne), Vorsitzender des Stadtrechnungshof-Ausschusses, ein Beispiel heraus: Die Buchhaltung eines Mitveranstalters des Donauinselfests sollte ausgelagert werden. Der Kassier holte zwei Angebote ein, er soll bei der schließlich beauftragten Buchhaltungsfirma jedoch angestellt gewesen sein. Im Nachhinein stellte sich dann heraus, dass die zweite Firma günstiger gewesen wäre.

Geprüft wurde auch die Instandhaltung der Wiener Radwege durch die MA 28 (Straßenverwaltung) – unter anderem am Beispiel des Ring-Radwegs. Im Großen und Ganzen zeigten sich die Prüfer zufrieden, mehrere kleinere Beanstandungen wurden an die MA 28 weitergegeben, die wiederum „noch im Prüfungszeitpunkt mehrere Verbesserungsmaßnahmen“ setzte.

Mehr auszusetzen hatte der Stadt-RH mit der Umsetzung des Fachkonzeptes Mobilität am Beispiel des 22. Bezirks. Die MA 18 (Stadtplanung) habe das erforderliche Monitoring unterlassen, wodurch man der Vorgabe, eine wirkungsorientierte Steuerung der Maßnahmen zu ermöglichen, nicht nachgekommen sei.

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